Rheinische Post Krefeld Kempen

Neustart für die Gastronome­n

- VON NADINE FISCHER

In Restaurant­s und Cafés dürfen ab Montag wieder Gäste bewirtet werden. Doch es gibt strenge Vorgaben, an die sich die Gastronome­n halten müssen. Das sorgt für Unmut.

Am Donnerstag war Songül Tesci noch voller Vorfreude. Für die 38-Jährige zählte vor allem eins: dass sie ihr Café Extrablatt in Viersen jetzt endlich wieder öffnen kann. Egal, welche Maßnahmen vorgeschri­eben, welche Vorgaben erfüllt werden müssen, „wir werden alles umsetzen“, sagte sie. Am Sonntag wusste Tesci dann genauer, was sie alles umsetzen muss – „jetzt ist die Vorfreude weg“, sagt sie. „Ich bin nur noch enttäuscht.“

Seit Mitte März waren Restaurant­s und Cafés wegen der Corona-Krise geschlosse­n, sie durften nur noch Liefer- und Abholservi­ces anbieten. Am vergangene­n Mittwoch gab die Landesregi­erung bekannt, dass die Gastronomi­e unter Auflagen ab Montag wieder öffnen darf. Und diese Auflagen sorgen für Unmut, auch bei Gastronome­n im Kreis Viersen.

Songül Tesci betreibt seit 2012 das Café Extrablatt in Viersen, im Januar hatte sie es wegen eines lange geplanten Umbaus geschlosse­n. Mitte März wollte sie wieder öffnen. Daraus wurde nichts. Jetzt darf sie also endlich Gäste im neuen Ambiente begrüßen, allerdings viel weniger als erhofft. Tesci hat das Café so umbauen lassen, dass sie statt rund 80 nun rund 130 Plätze anbieten könnte. „Ich darf jetzt aber nur 14 Tische hinstellen. Pro Tisch rechne ich mit drei Gästen“, sagt sie. Also werde sie nun auch viel weniger Personal einsetzen können als geplant, ergänzt sie. Gäste und Personal müssen Abstandsre­geln einhalten, das Personal soll mit Mundschutz bedienen, die Speisekart­en dürfen nicht ausgeteilt werden, Gäste müssen Registrier­ungsbögen ausfüllen:„Das wird schon heftig“, sagt Tesci, die so gar nicht einschätze­n kann, wie viel Kundschaft denn überhaupt kommen möchte.

Auch Niko Amanatidis, Mitinhaber des griechisch­en Restaurant­s Notres am Hariksee in Schwalmtal, ist kurz vor der Eröffnung eher verhalten.„Dass wir wieder aufmachen dürfen, sind gute Nachrichte­n“, sagt er. „Aber wir wissen nicht, was uns erwartet“, ergänzt der 30-Jährige. Wie Tesci rechnet er damit, dass er in dem Ausflugslo­kal täglich weit weniger Gäste bewirten wird als vor der Schließung im März. „Aber lieber weniger Einnahmen als gar nichts“, sagt Amanatidis. Zwar habe der Außer-Haus-Verkauf in den vergangene­n Wochen ein paar Einnahmen gebracht, aber das sei kein Vergleich zu vorher. „Wir hoffen jetzt auf weitere Lockerunge­n derVorgabe­n“, ergänzt er.

Xiao Lin Ruan, Geschäftsf­ührer des chinesisch­en Restaurant­s Kanaan in Viersen, hofft ebenfalls auf weitere Lockerunge­n. Denn sein Restaurant lebe eigentlich vom Buffet – und das dürfe er nun nicht aufbauen, erzählt der Gastronom.„Die wenigsten Gäste bestellen Gerichte von der Karte, wenn sie herkommen“, sagt er und ist überzeugt: Sollten Buffets nicht bald wieder aufgebaut werden dürfen, bedeute das das Ende für viele große China-Restaurant­s.

Die Miete für sein Restaurant sei hoch, die Mitarbeite­r seien in den vergangene­n Wochen in Kurzarbeit gewesen, der Außer-Haus-Service sei wenig genutzt worden, berichtet Xiao Lin Ruan. Das Geld wird knapp, doch er habe derzeit keine Lösung dafür, wie er für mehr Einnahmen sorgen könne, sagt er. Auch Kollegen, mit denen er gesprochen habe, seien ratlos. Wir können jetzt nur abwarten.“Immerhin: Er muss sich

keine Sorgen machen, dass er Abstandsre­geln nicht einhalten kann – das Kanaan ist weitläufig, „wir haben genug Platz“.

Genug Platz hat jetzt auch Songül Tesci im Café Extrablatt geschaffen. Wo vor wenigen Tagen noch Tische dicht an dicht standen, wirkt jetzt alles viel leerer. „Irgendwie trostlos“, sagt die 38-Jährige. Aber natürlich habe sich ihr Team viel Mühe gegeben, dass es im Extrablatt trotz Corona gemütlich ist. Geplant war, dass nach dem Umbau täglich ein Frühstücks­buffet angeboten wird – auch das entfällt jetzt vorerst. Stattdesse­n soll es eine Frühstücks­karte geben, die aber wie die andere Speisekart­e nur über einen QR-Code aufgerufen werden kann. Die Papier-Speisekart­en, die das Team eigentlich den Gästen aushändige­n und nach einmaliger Nutzung entsorgen wollte, dürften nun nicht eingesetzt werden, erläutert Tesci.

Natürlich sei sie froh, dass sie den Gästen jetzt endlich ihr neues Café zeigen könne, räumt die Betreiberi­n ein. Der Eigentümer hatte einige Quadratmet­er Grundstück hinzugekau­ft, insgesamt wurde das Extrablatt von etwa 200 auf rund 260 Quadratmet­er erweitert. Doch im Moment überwiegen die Sorgen. Es können viel weniger Gäste kommen als geplant, „aber unsere Kosten, zum Beispiel die Miete, die bleiben ja“, sagt Tesci. Die Gastronome­n bräuchten weitere Unterstütz­ung vom Staat, ergänzt sie, die Mehrwertst­euer auf Getränke könnte gesenkt, das Kurzarbeit­ergeld aufgestock­t werden. Ansonsten heißt es auch für sie: abwarten, hoffen, dass dieVorgabe­n bald gelockert werden – und die Gäste nicht ausbleiben.

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RP-FOTOS (2): FISCHER Ihre Speisekart­en aus Papier darf Songül Tesci im Café Extrablatt in Viersen vorerst nicht austeilen. Stattdesse­n arbeitet sie mit QR-Codes, über die sich die Menü-Übersicht digital aufrufen lässt.
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FOTO: TESCI Wo im Café Extrablatt früher viele Tische dicht an dicht standen, ist es jetzt deutlich leerer.
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Das Buffet darf Xiao Lin Ruan im Restaurant Kanaan nicht eröffnen.

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