Rheinische Post Krefeld Kempen
EU muss Verlust von Millionen von Jobs verhindern
GASTBEITRAG
Die Covid-19-Pandemie hat Europa schwer erschüttert. Die Folgen der von den Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen sind von nie dagewesener Tragweite und erfordern eine gemeinsame Antwort. Der niederländische Gewerkschaftsbund FNV und der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB fordern deshalb einen langfristigen EU-Aufbauplan, der auf Demokratie, Stabilität und Kohäsion basiert sowie zur Aufwärtskonvergenz in Europa beiträgt und unsere Wirtschaften moderner und nachhaltiger aufstellt. Der Deutsch-Französische Vorschlag vom 18. Mai 2020 ist dafür ein guter Ausgangspunkt.
Die EU muss in der Lage sein, zu investieren und die sozialen Folgen der Krise zu bekämpfen. Die bisherigen übergangsweisen EU-Hilfen sind unzureichend. Deswegen muss der EU-Aufbauplan mit einem mehrjährigen Finanzrahmen im Umfang von zwei Prozent des europäischen Bruttoinlandsprodukts einhergehen. DGB und FNV fordern zusammen mit dem Europäischen Gewerkschaftsbund gemeinsame europäische Anleihen und signifikant höhere Eigenmittel der EU, um die EU-weiten wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Krise zu bekämpfen.
Die aktuellen Steuersysteme der Mitgliedstaaten fördern unfaires Steuerdumping. Unternehmen tragen immer weniger zu den öffentlichen Finanzen bei, obwohl sie nun oftmals von öffentlichen Geldern in der Krise profitieren. Um die massiven öffentlichen Ausgaben stemmen zu können, kann es sich die EU nicht weiter erlauben, die Steuerflucht durch Betrug oder Steueroasen durch Unternehmen hinzunehmen. Auch brauchen wir eine europäische Mindestunternehmensbesteuerung.
FNV und DGB sind davon überzeugt, dass der Green Deal und die Digitalisierung in Kombination mit einer starken EU Industriepolitik die nötigen Investitionen für ein nachhaltigeres und sozialeres Europa ermöglichen können. Damit alle Bürgerinnen und Bürger der EU von dem Aufbauplan profitieren können, muss das Prinzip der Aufwärtskonvergenz hervorgehoben werden.
In der Corona-Krise wurde offensichtlich, wie sehr wir alle auf die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst zählen. Sie verdienen dafür gerechte Anerkennung und gute Arbeitsbedingungen. Unseren Gesellschaften wurde vor Augen geführt, wie absolut unerlässlich qualitativ hochwertige öffentliche Dienstleistungen sind. Auch diese müssen angemessen durch die EU garantiert werden.
Neben der Angebotsseite gilt es nun, die Nachfrage anzukurbeln. Kaufkraft basiert auf gut bezahlten und sicheren Jobs. Die soziale Sicherheit erhöht außerdem das Vertrauen und hat positive Auswirkungen auf die Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher. Der EU-Aufbauplan muss deshalb Arbeitslosigkeit bekämpfen, den Sozialdialog fördern, Kollektivvertragssysteme stärken und soziale Sicherungssysteme, Arbeitslosenversi-cherung, Gesundheits- und Pflegesysteme konsolidieren.
Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten stehen jetzt in der Verantwortung, eine lange Rezession und den potenziellenVerlust von Millionen von Jobs zu verhindern. Die gewaltigen Herausforderungen, vor denen die EU schon vor der Corona-Krise stand – Klimawandel, Digitalisierung, Angriffe auf unsere Demokratie durch den aufkommenden Nationalismus und das Erstarken von rechtsradikalen Kräften überall in Europa – sind durch die Pandemie weiter verschärft worden.
Jetzt muss klar sein, dass die Beschäftigten nicht die Rechnung für diese Krise bezahlen. Jetzt muss klar sein, dass wir massiv in gute Arbeit investieren und in all die Menschen, die unsere Gesellschaften undWirtschaften am Laufen halten. Jetzt muss klar sein, dass wir eine stärkere, sozialere, nachhaltigere und demokratischere EU nach der Krise schaffen.