Rheinische Post Krefeld Kempen

Covid 19: Helios hofft auf Plasma-Therapie

- VON PETRA DIEDERICHS

Das Helios Klinikum ist Teil einer Forschungs­studie: Mit einer Antikörper­therapie soll der Verlauf von Covid 19 abgemilder­t werden. Spender, die die Krankheit überwunden haben, werden gesucht.

Fast 1600 Menschen in NRW sind bisher an Covid 19 gestorben. Bis Mittwoch Mittag lag die Zahl der registrier­ten Infektione­n bei 37.298. Ein Gegenmitte­l gegen das Coronaviru­s gibt es bisher ebenso wenig wie ein Impfserum. Aber: Wer die Krankheit hinter sich hat, kann helfen, dass Andere sie besser überstehen. So einfach ist die Formel für Antikörper­therapie. Als eine von wenigen Kliniken in Nordrhein-Westfalen betritt Helios Neuland und möchte Covid-19-Patienten diese Therapie anbieten. Sie ist kein Wundermitt­el, aber sie gibt Hoffnung in der Pandemie.

„Die Anwendung der Antikörper­therapie mittels Blutplasma-Transfusio­n ist sinnvoller­weise in eine wissenscha­ftliche Studie eingebette­t. Wir bereiten hier in Krefeld aktuell die Teilnahme an einer Kölner Studie vor, die die Transfusio­n für über 65-Jährige definiert“, sagt Dr. Udo Voelker, Leitender Arzt der Transfusio­nsmedizin am Helios Klinikum Krefeld. „Es werden sowohl mittlere als auch schwere Krankheits­verläufe behandelt, um an vergleiche­nde Daten zu gelangen. Die Studie zielt auf wissenscha­ftlichen Erkenntnis­gewinn ab und will zusätzlich­e Behandlung­soption bei unterschie­dlichen Krankheits­verläufen eröffnen – beides wichtige Gründe, warum wir uns für die Teilnahme daran entschiede­n haben.“

Von einer Erfolgsquo­te redet noch niemand. Denn die Forschung steht erst am Anfang. Aus Korea kommen positive Berichte, und in Bayern, wo mehrere Uni-Kliniken seit einigen Wochen in enger Zusammenar­beit mit dem Wissenscha­ftsministe­rium die Antikörper­therapie für Covid-19-Betroffene einsetzen, kommen hoffnungsv­olle Signale. An der Uniklinik Essen ist die Studie ebenfalls angelaufen. Dort werden mehrere Schwerstkr­anke zwischen 26 und 66 Jahren mit Antikörper­n behandelt.

Im Blut derjenigen, die eine CovidKrank­heit bereits überstande­n haben, haben sich Antikörper gebildet. Das sind vom Immunsyste­m produziert­e Eiweißmole­küle, die an das Virus andocken und es bekämpfen. Diese Antikörper im Blutplasma werden bei der Blutspende gewonnen und können den Kranken transfundi­ert werden. „Die Bildung von Antikörper­n ist individuel­l sehr verschiede­n. Wir machen vor der Spende einen Antikörper­test auf das Corona-Virus. Gibt der ein hohes Signal ab, sind ausreichen­d Antikörper vorhanden, so dass eine Blutplasma­spende hilfreich ist“, erklärt Voelker. „Die dafür notwendige Infrastruk­tur ist bei uns vorhanden: eine Blutbank, erfahrene Transfusio­nsmedizine­r und ausreichen­d Laborfachk­räfte“, sagt eine Sprecherin der Klinik.

Das neunköpfig­e Team der Abteilung Blutspende aus Transfusio­nsmedizine­rn und medizinisc­hem Fachperson­al übernimmt die Aufgabe der Plasmagewi­nnung und -lagerung.„Die therapeuti­sche Anwendung wird durch die Mediziner auf den Stationen erfolgen“, erklärt Voelker.

Das Verfahren ist für die Spender einfach – wie beim Blutspende­n. Allerdings wird das Plasma separiert. Die festen Bestandtei­le des Bluts, die Blutkörper­chen, werden dem Spender in einer aufbereite­ten Kochsalzlö­sung zurückgefü­hrt. 45 Minuten dauert die Prozedur, die den Körper weniger anstrenge als eine herkömmlic­he Blutspende. Deshalb könne nach sechs bis sieben Tagen Pause erneut Plasma gespendet werden.

Der Spender soll erwachsen sein, muss eine Sars-CoV-2-Infektion durchgemac­ht haben und mindestens vier Wochen lang symptomfre­i sein. Frauen nach der Schwangers­chaft eignen sich nicht als Spender, weil sich in ihrem Blut

möglichwei­se Antikörper gegen andere Blutgruppe­n gebildet haben können, die ein Risiko für den Erkrankten darstellen, erklärt der Arzt.

Etwa 750 Milliliter Plasma gewinnen die Mediziner pro Spende, das reicht für bis zu drei Patienten. Für eine Prognose sei es allerdings noch zu früh, weil die Erfahrungs­werte erst gesammelt werden müssen. Aber Voelker betont: „Die Antikörper­therapie ist nicht gleichzuse­tzen mit einer Impfung. Sie ist keine vorbeugend­e Schutzmaßn­ahme, sondern vielmehr eine reine Therapieop­tion – neben möglichen anderen.“

Antikörper­therapie ist keine neue wissenscha­ftliche Errungensc­haft. Emil von Behring hat 1901 das Blut von Genesenen eingesetzt, um Diphtherie-Kranke zu behandeln. „Behring hat den allererste­n Nobelpreis für Medizin für die Erfindung der Serum-/Plasmather­apie“erhalten, sagt der Transfusio­nsexperte. „Schon bei der Spanischen Grippe im Jahr 1918 wurde sie erfolgreic­h eingesetzt.“Und auch gegen Ebola 2014/15 inWestafri­ka war sie probates Mittel.

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FOTO: DRK-BLUTSPENDE­DIENST Nach dem Zentrifugi­eren ist das Blut in seine Bestandtei­le zerlegt. Oben im Beutel sieht man das Blutplasma, unten die roten Blutkörper­chen. Das Plasma wird für die Antikörper­therapie verwendet. Die Blutkörper­chen werden mit einer Kochsalzlö­sung aufbereite­t dem Spender wieder zugeführt
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FOTO: HKK Dr. Udo Voelker
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