Rheinische Post Krefeld Kempen
Es ist keine Zeit für wirtschaftspolitische Prinzipienreiterei
GASTBEITRAG
Die nächsten Wochen werden entscheidend sein, ob unsereWirtschaft mit einem blauen Auge aus der Krise herauskommt oder dauerhaft schwere Schäden davonträgt. Machen wir uns nichts vor: Je länger diese Rezession dauert, desto mehr Unternehmen und Arbeitsplätze werden wir verlieren.
Deshalb muss der Wirtschaftsmotor schnellstmöglich wieder anspringen. Und dafür brauchen wir eine Initialzündung des Staates – und zwar sofort. Wir brauchen ein
Konjunkturpaket, das die Kauflust bei Verbrauchern und die Investitionslust bei Unternehmen gleichermaßen schnell entfacht. Es ist jetzt weder die Zeit für ideologische Verteilungsdebatten noch für wirtschaftspolitische Prinzipienreiterei. Wir brauchen nun starkeWerkzeuge mit möglichst großer Hebelwirkung.
Notwendig sind schnell wirksame Impulse für den Konsum, am besten über befristet eintauschbare Einkaufs-Gutscheine oder durch eine steuerliche Absetzbarkeit – egal, ob für Möbel, Kleidung, Waschmaschinen, Restaurant-Besuche oder
Hotel-Übernachtungen. Das wäre übrigens effektiver als ein bedingungsloser Familien-Bonus.
Und bei allem Verständnis für manchen Unmut: Das Auto-Bashing muss endlich aufhören. Unsere Automobilindustrie steht direkt und mittelbar für rund sechs Millionen Arbeitsplätze. Wenn der Laden in Deutschland wieder laufen soll, wird dies ohne den für unsere Volkswirtschaft zentralen Industriezweig nicht gelingen. Ich bin daher für attraktive Umweltprämien, für neue Antriebsarten und sparsame Verbrennungsmotoren. So können wir auch den CO2-Ausstoß erheblich senken.
Ein extrem wirksames, branchenübergreifendes Instrument zur Stärkung der Unternehmen ist die Verrechnung von gegenwärtigenVerlusten mit Gewinnen der Vorjahre. Das sorgt für dringend notwendige Liquidität und schafft zugleich neue Spielräume für Investitionen. Direkte Breitenwirkung erzielen auch deutlich ausgeweitete Abschreibungsmöglichkeiten für Investitionen etwa in neue Geschäftsmodelle, in die Digitalisierung oder in die Modernisierung des Maschinenparks.
Unbestritten ist, dass das Konjunkturpaket auf die Zukunftschancen einzahlen muss. Das gilt selbstverständlich für die vereinbarten Ziele beim Umwelt- und Kli-maschutz, aber gerade kurzfristig für Investitionen in Digitalisierung, Bildung und Infrastruktur.
Der Standort Deutschland muss wettbewerbsfähig bleiben. Die Rucksäcke bei Steuern, Abgaben und Energiepreisen dürfen nicht noch schwerer werden.Wer jetzt über neue Belastungen für dieWirtschaft redet, begreift offenbar elementare ökonomische Zusammenhänge nicht.
Bund und Land sollten auch mehr „Politik ohne Geld“machen: Die investitionsfeindlichen Bremsen bei Planungs- und Genehmigungsverfahren, Flächenausweisungen und Bürokratie müssen gelöst werden.