Rheinische Post Krefeld Kempen
Flächenbrand auf Schalke
In Gelsenkirchen ist die Stimmung nach dem verdienten 1:2 in Düsseldorf auf dem Tiefpunkt.
Der Fußball schreibt manchmal seltsame Geschichten. Eine davon geht so: In den vergangenen Tagen ist im Düsseldorfer Freizeitzentrum Cosmo Sports ein Ausweis gefunden worden. Der österreichische Reisepass gehört einem gewissen Michael Gregoritsch, seines Zeichens Profi in Diensten von Bundesligist FC Schalke 04. Das Dokument wurde ausgerechnet am Spieltag gegen Fortuna Düsseldorf abgegeben.
Kann es wirklich sein, dass er wenige Stunden vor der Partie dort Tennis gespielt hat? Auf Anfrage unserer Redaktion heißt es von der Medienabteilung der Königsblauen, man habe Offensivkraft Gregoritsch, der in der Hinrunde noch in Augsburg gespielt hat, darauf angesprochen und der habe gesagt, seine Freundin hätte tatsächlich dort trainiert und seinen Ausweis dort verloren. Dies sei auch schon ein paar Tage her. Warum sie Gregoritschs Reisepass überhaupt mit sich trug, konnte nicht aufgeklärt werden.
Dem Betreiber ist die ganze Sache einigermaßen unangenehm, da man sehr um Diskretion für die Gäste bedacht sei. Eine Auskunft ob und wenn ja wann ein Platz auf den Namen„Gregoritsch“reserviert worden ist, wollte man dementsprechend nicht beanworten. „Zu uns kommen viele Profis, weil sie wissen, dass sie hier in Ruhe spielen können“, sagt Geschäftsführer Gerrit Bürk, früher selbst Profi bei Fortuna. „Wir geben zu der Sache keinen Kommentar ab.“Ein Großteil des Schalker Kaders lebt in oder im Umfeld von Düsseldorf.
Doch ob der Österreicher nun dort war oder nicht – die Geschichte passt jedenfalls in die Szenerie bei den Königsblauen. Zwar bekamen nach der Bundesligapartie bei der Fortuna drei eingeschworene Schalker das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht, so dass ihr Strahlen fast das Flutlicht in der Arena überflüssig gemacht hätte. Diese drei trugen jedoch das aus Gäste-Sicht falsche Trikot: Kaan Ayhan und Marcel Sobottka, beide in Gelsenkirchen geboren und schon Teampartner bei
Schalkes Bambini, sowie Steven Skrzybski,„Knappen“-Fan bereits in Berliner Kindertagen. Sie alle stehen nun in Diensten der Fortuna, und die hatte soeben den FC Schalke völlig verdient 2:1 bezwungen.
„Meine Serie gegen Schalke kann sich inzwischen sehen lassen“, sagte Ayhan mit breitem Grinsen.„Und wenn ich meine Gefühle beschreiben soll: Die sind schon ganz ähnlich wie nach unserem 4:0-Sieg in Gelsenkirchen letztes Jahr.“Wobei der Erfolg vom Mittwoch aus Düsseldorfer Sicht wahrscheinlich noch wichtiger war. Da die Konkurrenz von Frankfurt bis Paderborn komplett sieglos blieb, hat Fortuna ihre Position im Kampf um den Klassenverbleib merklich verbessert.
„Wir hatten mehr Power als Schalke“, befand Ayhan. „Das lag auch daran, dass wir den Erfolg unbedingt wollten. Am Sonntag zuvor in Köln haben wir in den letzten Minuten einen 2:0-Vorsprung abgegeben, nur 2:2 gespielt. Das hat mich so sauer gemacht, dass man den Kollegen und mir diese Wut im Bauch sicherlich angesehen hat. Das hat uns geholfen.“
Okay – aber mit wie viel Extramotivation hätten nach diesem Maßstab dann erst die Schalker auflaufen müssen? Fortuna schmerzten zwar die verschenkten beiden Punkte aus dem Derby, doch immerhin konnte die Truppe von Trainer Uwe Rösler vor dem Mittwoch auf fünf Ligaspiele ohne Niederlage zurückblicken. Die „Knappen“dagegen warten nun seit zehn Partien auf einen Sieg, ließen dennoch in Düsseldorf den unbedingten Willen zu einer Wende vermissen.
„Wir werden gemeinsam mit David Wagner zur neuen Saison diesen roten Faden wieder aufnehmen und damit weitermachen, wo wir im Januar, Februar unterbrochen wurden“, sagte Schalkes Sportvorstand Jochen Schneider trotz der schwachen Vorstellung trotzig. „Er ist gefestigt und angriffslustig.“Angriffslustiger offenbar als seine Mannschaft, die bei Fortuna zwar durch Weston McKennie glücklich in Führung ging, sonst aber kaum Offensivszenen hatte, Fortuna 67 (streckenweise bis zu 75) Prozent Ballbesitz gestattete und die Düsseldorfer Treffer durch Rouwen Hennings und Kenan Karaman nahezu wehrlos über sich ergehen ließ. In Schalke lodert schon wieder ein Flächenbrand, gegen den Schneiders Worte in etwa so wirksam sind wie ein feuchter Lappen.
Der FC Bayern München wird wohl zum achten Mal in Folge den Titel des Deutschen Fußballmeisters holen. Doch das liegt nicht nur an den Stärken des Rekordmeisters.