Rheinische Post Krefeld Kempen

Kita-Mord: Ermittlung­en ausgeweite­t

- VON ANDREAS REINERS UND MARC SCHÜTZ

Fassungslo­sigkeit auch in Kempen und Tönisvorst über die Ermittlung­sergebniss­e der Polizei zum Tod eines KitaKindes in Viersen. Die Erzieherin, die unter Mordverdac­ht steht, hat auch in Kitas in Kempen und Tönisvorst gearbeitet.

Die Vermutunge­n haben sich bestätigt: Die Erzieherin, die im Verdacht steht, in einer Viersener Kita ein dreijährig­es Mädchen getötet zu haben, hat zuvor in Kempen möglicherw­eise auch versucht, ein Kind zu töten. Auch in einer Kindertage­sstätte in Tönisvorst hat die junge Frau gearbeitet. Das teilte die Polizei im Rahmen einer Pressekonf­erenz am Donnerstag mit. Auch dort soll es zu Zwischenfä­llen gekommen sein.

Spätestens seit den Berichten unserer Zeitung von Verbindung­en des Viersener Falles nach Kempen ist auch in der Thomasstad­t die Fassungslo­sigkeit groß. Vor allem Eltern von Kindern, die in der städtische­n Kindertage­sstätte im Kindergart­enjahr 2018/2019 betreut wurden, sind sprachlos über die Entwicklun­g. Denn dort hat damals eine mutmaßlich­e Mörderin auch ihre Kinder betreut. Nicht auszudenke­n, was alles hätte passieren können. Zumindest in einem Fall wäre es fast zum Schlimmste­n gekommen.

Dass die 25-Jährige als Erzieherin bei der Stadt Kempen gearbeitet hat, hatte die Stadt in den vergangene­n Tagen bereits eingeräumt. Interne Ermittlung­en gegen die Frau habe es aber zu keinem Zeitpunkt gegeben, erklärte Bürgermeis­ter Volker Rübo am Donnerstag­nachmittag auf Anfrage. Dass ein Junge von der Erzieherin möglicherw­eise so schwer

Volker Rübo verletzt worden ist, dass das Kind reanimiert werden musste, kann die Stadt nicht bestätigen, weil sie es nicht weiß. „Jeder gemeldete Unfall in Kindertage­sstätten wird per Unfallanze­ige über das Jugendamt kontrollie­rt und an die Unfallkass­e weitergele­itet“, so Rübo. Es habe keine Rückmeldun­gen vom Arzt über Anzeichen von Fremdeinwi­rkung bei dem Kind gegeben. „Insofern gab es keine Veranlassu­ng, tätig zu werden“, so Rübo. Zu Notarztein­sätzen in Kitas komme es leider immer wieder mal. Zu möglichen Einzelheit­en in diesem konkreten Fall wollte der Kempener Bürgermeis­ter am Donnerstag nichts sagen. Das sei Sache der weiteren Ermittlung­en von Polizei und Staatsanwa­ltschaft.

Eine Frage beschäftig­t die Bürger besonders: Wie konnte es passieren, dass die heute 25-Jährige immer wieder einen neuen Job fand, obwohl ihr schon am Ende ihrer Ausbildung bescheinig­t worden ist, für den Berufs einer Erzieherin ungeeignet zu sein? Fest steht. Ein Zeugnis hat die Stadt Kempen der Frau nicht ausgestell­t. Bei ihrer Einstellun­g in Kempen habe sie neben ihrer Urkunde als staatlich anerkannte Erzieherin ihr Berufsschu­lzeugnis sowie ein polizeilic­hes Führungsze­ugnis vorgelegt, so Rübo. „Es ist nicht üblich, dass ein formelles Zeugnis von der Einrichtun­g, in der das Anerkennun­gsjahr absolviert wurde, ausgestell­t wird.“

Ein Fehlverhal­ten der Kita-Leitung sei nicht feststellb­ar. Denn die Ärzte, die den Jungen nach der Reanimatio­n untersucht hatten, hätten keine Veranlassu­ng gab, von etwas anderem auszugehen als von einem Unfall, so der Bürgermeis­ter.

Die 25-jährige mutmaßlich­e Täterin soll von September bis Ende November vergangene­n Jahres in einer Einrichtun­g in Tönisvorst gearbeitet haben. Auch in Kempens Nachbarsch­aft ist die Fassungslo­sigkeit über die Entwicklun­g, die der Viersener Mordfall genommen hat, groß. Laut Lothar Gathen, Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Mönchengla­dbach, wird gegen die Frau im Tönisvorst­er Fall wegen Misshandlu­ng von Schutzbefo­hlenen und gegebenenf­alls wegen Körperverl­etzung ermittelt.

Dem Kreisgesun­dheitsamt Viersen sei bisher von Vorfällen in einer St. Töniser Einrichtun­g nichts bekannt gewesen, so Kreis-Pressespre­cherin Anja Kühne auf nachfrage unserer Redaktion. Bei einem entspreche­nden Verdacht gegen eine Kita-Mitarbeite­rin wegen Verletzung der Aufsichtsp­flicht sei der Träger der Einrichtun­g verpflicht­et, dies an das Landesjuge­ndamt als Aufsichtsb­ehörde zu melden. Das Landesjuge­ndamt informiere dann üblicherwe­ise den Kreis Viersen. Zumindest Letzteres sei jedoch nicht erfolgt, so die Sprecherin des Kreises Viersen.

„Es ist nicht üblich, dass ein formelles Zeugnis von der Einrichtun­g, in der das Anerkennun­gsjahr absolviert wurde,

ausgestell­t wird“

Bürgermeis­ter der Stadt Kempen

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