Rheinische Post Krefeld Kempen
Kita-Mord: Ermittlungen ausgeweitet
Fassungslosigkeit auch in Kempen und Tönisvorst über die Ermittlungsergebnisse der Polizei zum Tod eines KitaKindes in Viersen. Die Erzieherin, die unter Mordverdacht steht, hat auch in Kitas in Kempen und Tönisvorst gearbeitet.
Die Vermutungen haben sich bestätigt: Die Erzieherin, die im Verdacht steht, in einer Viersener Kita ein dreijähriges Mädchen getötet zu haben, hat zuvor in Kempen möglicherweise auch versucht, ein Kind zu töten. Auch in einer Kindertagesstätte in Tönisvorst hat die junge Frau gearbeitet. Das teilte die Polizei im Rahmen einer Pressekonferenz am Donnerstag mit. Auch dort soll es zu Zwischenfällen gekommen sein.
Spätestens seit den Berichten unserer Zeitung von Verbindungen des Viersener Falles nach Kempen ist auch in der Thomasstadt die Fassungslosigkeit groß. Vor allem Eltern von Kindern, die in der städtischen Kindertagesstätte im Kindergartenjahr 2018/2019 betreut wurden, sind sprachlos über die Entwicklung. Denn dort hat damals eine mutmaßliche Mörderin auch ihre Kinder betreut. Nicht auszudenken, was alles hätte passieren können. Zumindest in einem Fall wäre es fast zum Schlimmsten gekommen.
Dass die 25-Jährige als Erzieherin bei der Stadt Kempen gearbeitet hat, hatte die Stadt in den vergangenen Tagen bereits eingeräumt. Interne Ermittlungen gegen die Frau habe es aber zu keinem Zeitpunkt gegeben, erklärte Bürgermeister Volker Rübo am Donnerstagnachmittag auf Anfrage. Dass ein Junge von der Erzieherin möglicherweise so schwer
Volker Rübo verletzt worden ist, dass das Kind reanimiert werden musste, kann die Stadt nicht bestätigen, weil sie es nicht weiß. „Jeder gemeldete Unfall in Kindertagesstätten wird per Unfallanzeige über das Jugendamt kontrolliert und an die Unfallkasse weitergeleitet“, so Rübo. Es habe keine Rückmeldungen vom Arzt über Anzeichen von Fremdeinwirkung bei dem Kind gegeben. „Insofern gab es keine Veranlassung, tätig zu werden“, so Rübo. Zu Notarzteinsätzen in Kitas komme es leider immer wieder mal. Zu möglichen Einzelheiten in diesem konkreten Fall wollte der Kempener Bürgermeister am Donnerstag nichts sagen. Das sei Sache der weiteren Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft.
Eine Frage beschäftigt die Bürger besonders: Wie konnte es passieren, dass die heute 25-Jährige immer wieder einen neuen Job fand, obwohl ihr schon am Ende ihrer Ausbildung bescheinigt worden ist, für den Berufs einer Erzieherin ungeeignet zu sein? Fest steht. Ein Zeugnis hat die Stadt Kempen der Frau nicht ausgestellt. Bei ihrer Einstellung in Kempen habe sie neben ihrer Urkunde als staatlich anerkannte Erzieherin ihr Berufsschulzeugnis sowie ein polizeiliches Führungszeugnis vorgelegt, so Rübo. „Es ist nicht üblich, dass ein formelles Zeugnis von der Einrichtung, in der das Anerkennungsjahr absolviert wurde, ausgestellt wird.“
Ein Fehlverhalten der Kita-Leitung sei nicht feststellbar. Denn die Ärzte, die den Jungen nach der Reanimation untersucht hatten, hätten keine Veranlassung gab, von etwas anderem auszugehen als von einem Unfall, so der Bürgermeister.
Die 25-jährige mutmaßliche Täterin soll von September bis Ende November vergangenen Jahres in einer Einrichtung in Tönisvorst gearbeitet haben. Auch in Kempens Nachbarschaft ist die Fassungslosigkeit über die Entwicklung, die der Viersener Mordfall genommen hat, groß. Laut Lothar Gathen, Sprecher der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach, wird gegen die Frau im Tönisvorster Fall wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen und gegebenenfalls wegen Körperverletzung ermittelt.
Dem Kreisgesundheitsamt Viersen sei bisher von Vorfällen in einer St. Töniser Einrichtung nichts bekannt gewesen, so Kreis-Pressesprecherin Anja Kühne auf nachfrage unserer Redaktion. Bei einem entsprechenden Verdacht gegen eine Kita-Mitarbeiterin wegen Verletzung der Aufsichtspflicht sei der Träger der Einrichtung verpflichtet, dies an das Landesjugendamt als Aufsichtsbehörde zu melden. Das Landesjugendamt informiere dann üblicherweise den Kreis Viersen. Zumindest Letzteres sei jedoch nicht erfolgt, so die Sprecherin des Kreises Viersen.
„Es ist nicht üblich, dass ein formelles Zeugnis von der Einrichtung, in der das Anerkennungsjahr absolviert wurde,
ausgestellt wird“
Bürgermeister der Stadt Kempen