Rheinische Post Krefeld Kempen
Metzgerei Gerlach: Eine Ära geht zu Ende
Das Geschäft am Concordienplatz schließt Ende Juni nach 66 Jahren. Klaus Gerlach hat keinen Nachfolger gefunden. Neben dem Ladengeschäft setzte er auf Catering, Partyservice und Schulessen.
KEMPEN Vor 66 Jahren, am 5. Juli 1954, am Tag nach dem legendären Wunder von Bern, öffnete die Metzgerei Gerlach, damals noch an der Kuhstraße, erstmals ihre Ladentür. 1967 zog die Metzgerei in die Neue Stadt, zum Concordienplatz. Am Samstag, 27. Juni, endet eine Ära: Zum letzten Mal können die Kunden an diesem Tag Wurst und Fleisch kaufen. Danach ist die Metzgerei Gerlach Kempener Wirtschaftsgeschichte. Mit 66 Jahren ist manchmal eben doch Schluss.
Gründer waren Kurt und Mechthild Gerlach, heutige Inhaber sind deren Sohn Klaus (60) und seine Frau Inge. Sehr gut erinnert sich Klaus Gerlach an die belgischen Soldaten, die früher in Kempen stationiert waren: „Jedes Jahr landete zur großen Freude der Kinder auf dem Concordienplatz ein Hubschrauber mit dem Nikolaus.“Es habe regelmäßig eine flämische Kirmes gegeben, stets habe gemeinsam mit den Belgiern den Königinnentag gefeiert. Außerdem seien die Belgier sehr gute Kunden gewesen. Ganz entgegen zum Vorurteil, unsere westlichen Nachbarn würden sich vorwiegend von Pommes ernähren.
Nach dem Tod seinesVaters übernahm Klaus Gerlach 1989 den elterlichen Betrieb, in dem er auch seine Ausbildung zum Metzger absolviert hatte. Um die Arbeit stemmen zu können, gab seine Frau ihren Beruf der pharmazeutisch-technischen Assistentin (PTA) auf und ist seitdem in der Metzgerei tätig. Probleme bereiteten dem Metzgerhandwerk damals die Supermärkte und Discounter, die eine immer größere Auswahl an Fleisch boten. Daher setzte Gerlach früh auf ein zweites Standbein – Catering (unter anderem 20 Jahre lang in der Köhlerhalle), Partyservice und Schulessen. Dabei hat er das Ladengeschäft aber niemals aus den Augen gelassen. In den heutigen Corona-Zeiten kann er sagen, dass er alles richtig gemacht hat. „Der Laden erhält unsere Existenz“, sagt Gerlach, „alles andere ist aktuell weggebrochen.“
Stolz ist Gerlach auf die zahlreichen Auszeichnungen, die er im Lauf der Jahre für seine Produkte bekommen hat. Eine Medaille bekam er etwa für das von ihm geschaffene Metzger-Sushi. Eine japanische Firma aus Willich hatte bei Gerlach für ein Catering angefragt. Unterwegs zur Vorbesprechung hörte er im Auto, wie Stefan Raab, bekanntlich ebenfalls Metzger, nicht von Mett, sondern Metzger-Sushi sprach. Das brachte Gerlach auf die Idee, so etwas auch einmal auszuprobieren. Seine Kreationen stießen auf großen Anklang: Sie enthielten alles Mögliche, aber keinen Fisch. „Null Prozent“, betont der Metzger. Weitere Produkte, die er austüftelte, sind der Kemp’sche Döner (Röggelchen mit Spießbraten) und vegetarische Flönz (Blutwurst).
Im vergangenen Jahr gewann Gerlach zum wiederholten Mal den Landesehrenpreis „Meisterwerk“. Das hatte ein Nachspiel: Am Tag danach bekam er eine Nachfrage des Landesumweltministeriums, ob er nicht das Catering für eine Feier im Schloss Neersen übernehmen wolle. Er wollte. Zudem wurde er eingeladen, das Land Nordrhein-Westfalen bei der „Grünen Woche“in Berlin zu vertreten. „Das war ein dickes Pfund“, sagt Gerlach.
Nach 44 Jahren im Beruf ist jetzt bald Schluss. „Es war ein Auf und Ab“, sagt er rückblickend. Im Hintergrund möchte er noch etwasVerbandsarbeit betreiben. Klaus Gerlach hat drei Söhne, ein Nachfolger ist nicht darunter. Gespräche mit Metzgern, die am Concordienplatz eine Filiale eröffnen wollten, haben sich aus verschiedenen Gründen zerschlagen.Was aus der Immobilie wird, steht noch nicht fest. Es muss aber ein Ladenlokal bleiben.
Ach so, abschließend natürlich die wichtige Frage, welches Fleisch Klaus Gerlach selber am liebsten zu sich nimmt. Natürlich gern ein Steak, von seiner Frau zubereitet, aber: „Frikadellen gehen immer. Morgens, mittags oder abends, kalt oder heiß.“
Das zweite Standbein neben dem Laden – Catering, Partyservice und Schulessen – ist wegen Corona aktuell
weggebrochen
Redaktion Kempen