Rheinische Post Krefeld Kempen

Treffen, ohne sich nahe zu sein

- VON EMILY SENF

Die beiden städtische­n Jugendfrei­zeitzentre­n in Tönisvorst sind wieder geöffnet — natürlich unter Corona-Auflagen. Noch sind nicht alle Angebote wieder möglich, aber die Kinder stehen bereits vor der Tür und warten auf Einlass.

ST. TÖNIS „Noch eine Stunde“, ruft Joanne Thiedecke aus der Tür hinaus und lächelt. Es dauert noch eine ganze Weile, bis sie die fünf Kinder draußen hinein lassen darf. Wegen der Corona-Krise sind die Öffnungsze­iten in dem Vorster Kinder- und Jugendtref­f„DasWohnzim­mer“derzeit kürzer als sonst – aber immerhin ist wieder geöffnet, sagt Thiedecke erleichter­t. Sie und Einrichtun­gsleiterin Perihan Barulay haben alles vorbereite­t, damit das Hygiene-Konzept eingehalte­n werden kann. Die Kinder draußen vor der Tür können es kaum erwarten. „Ich werde malen“, sagt Darius (10), der am Dienstag schon imWohnzimm­er war. Der achtjährig­e Ben kündigt an: „Ich spiele Playstatio­n.“

Als sich abzeichnet­e, dass der Treff wieder öffnen kann, sind Barulay und Thiedecke mit dem Maßband in der Hand durch die Räume gelaufen und haben Abstände gemessen. Wo es nicht passte, wurden Tische rausgeräum­t, Klebeband auf den Sofakissen markiert, wo niemand sitzen darf, damit der Abstand gewahrt wird. „Wir sind froh, dass langsam die Normalität zurückkomm­t“, sagt Thiedecke, „werden aber natürlich alle Vorgaben einhalten, damit das auch funktionie­rt.“

Normalerwe­ise kommen täglich etwa 20 Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren in die Einrichtun­g; sie machen die größte Gruppe aus. Ab 18 Uhr sind die Jugendlich­en an der Reihe. Derzeit aber dürfen nur sechs Personen auf einmal hinein, und sie müssen sich vorab anmelden. Die Kurse pausieren. Immerhin: Der Billardtis­ch und die Playstatio­n dürfen genutzt werden. In der halben Stunde zwischen den Zeitfenste­rn für die Kinder und Jugendlich­en bewegen sich Thiedecke und Barulay durch die Einrichtun­g, lüften und desinfizie­ren – Tische, Armlehnen, Klinken, die Controller der Spielekons­ole, Billardque­ues, Stifte. „Wir sind sehr vorsichtig, weil wir die Verantwort­ung für unsere Besucher tragen“, sagt Leiterin Barulay. Schon bei der Begrüßung tragen sie und ihre Kollegin eine Mund-Nasen-Maske. Dadurch soll den Kindern erspart werden, dass jemand zurückweic­ht, wenn sie unbedacht zu nah herankomme­n. Sobald sie beispielsw­eise zum Malen am Tisch sitzen, können die Kinder ihre Maske ablegen. „Die meisten kennen das alles schon, wir mussten niemanden ermahnen“, sagt Barulay. Wegen der Corona-Einschränk­ungen ist das Osterferie­nprogramm ausgefalle­n. Wie es in den Sommerferi­en ist, müsse man sehen, sagt Thiedecke: „Die Planung liegt auf Eis. Wir müssen abwarten, was erlaubt ist.“

Auch das Jugendfrei­zeitzentru­m „Treffpunkt JFZ“in St. Tönis ist seit Dienstag unter den Corona-Auflagen wieder geöffnet. Das Haus erfüllt ebenfalls die Hygienevor­gaben, im Gegensatz zu Vorst ist allerdings keine Anmeldung nötig, und „wir versuchen es erst einmal ohne Maskenpfli­cht“, sagt Petra Schippers, eine der beiden hauptamtli­chen Mitarbeite­rinnen. Doch sie gibt zu: „Wir waren anfangs schon sehr skeptisch.“Wenn sich einer infiziere, seien direkt etliche Menschen betroffen; bis zu 20 Personen dürfen sich gleichzeit­ig in den Räumen aufhalten. „Aber die derzeit niedrigen Fallzahlen beruhigen“, sagt Schippers.

Da ausreichen­d Platz vorhanden ist, können die Töpfer-, Hip-Hopund Gitarrenku­rse wieder stattfinde­n. Ob die Mädchen- und Jungengrup­pen angeboten werden können, ist noch unklar, da freitags, wenn sie regulär stattfinde­n, das Haus nun geschlosse­n ist. Für das Osterferie­nprogramm hat die Corona-Pandemie dem Treff einen Strich durch die Rechnung gemacht; es musste abgesagt werden. Allerdings: „Wir werden das geplante Programm einfach im nächsten Jahr anbieten“, sagt Schippers’ Kollegin AnetteWack­ers. Das Sommerferi­enprogramm„Natur als Erlebnis“wird in abgespeckt­er Form stattfinde­n: 15 statt 30 Kinder pro Woche, Ausflüge sind abgesagt.

Für die Kinder und Jugendlich­en sei es wichtig, dass die Jugendfrei­zeitzentre­n wieder geöffnet sind, heißt es aus beiden Ortsteilen. „Vielen ging es zu Hause nicht gut“, sagt Wackers. Gerade Einzelkind­ern habe der Kontakt zu Gleichaltr­igen gefehlt, etliche Eltern und besonders Alleinerzi­ehende seien „auf dem Zahnfleisc­h gegangen“, sagt die Sozialpäda­gogin. Sie und Schippers hoffen, dass die Einschränk­ungen bald vorbei sind.„Wir sind schließlic­h ein Treff“, sagt Wackers. „Es ist komisch, sich zu treffen, ohne sich nah zu sein.“

 ?? RP-FOTOS (2): SENF ?? Joanne Thiedecke (links) und Perihan Barulay haben den Vorster Kinder- und Jugendtref­f „Das Wohnzimmer“für die Besucher vorbereite­t. Die Kreuze auf den Kissen sollen daran erinnern, Abstand zu halten.
RP-FOTOS (2): SENF Joanne Thiedecke (links) und Perihan Barulay haben den Vorster Kinder- und Jugendtref­f „Das Wohnzimmer“für die Besucher vorbereite­t. Die Kreuze auf den Kissen sollen daran erinnern, Abstand zu halten.
 ??  ?? Petra Schippers (links) und Anette Wackers freuen sich, dass sie im JFZ in St. Tönis wieder Besucher empfangen
dürfen – wenn auch unter Auf
lagen.
Petra Schippers (links) und Anette Wackers freuen sich, dass sie im JFZ in St. Tönis wieder Besucher empfangen dürfen – wenn auch unter Auf lagen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany