Rheinische Post Krefeld Kempen
Stadt bringt ganz Inrath gegen sich auf
Ein Verein gehört in seinen Stadtteil: Das sieht die Stadt offenbar anders – zumindest wenn es um den SC Viktoria Krefeld geht. Die Anlage im Inrath soll zu einer Bewegungsfläche umgestaltet werden. Die Fußballer sollen in einen anderen Stadtteil umziehen. Der Streit darüber gewinnt an Schärfe.
Die Emotionen im Inrath schlagen hoch. Der ganze Stadtteil ist in Aufruhr. Bürgerverein, Sportverein, Karnevalisten – wo man hinschaut, herrscht Unverständnis über das Vorgehen der Stadt. Ins Visier ist dabei Stadtdirektor und Sportdezernent Markus Schön geraten. Er wird mit wenig schmeichelhaften Adjektiven bedacht: unverschämt, vergesslich, ignorant.
Worum geht’s? Nach den Ergebnissen der Sportstättenkommission hat der Sportplatz am Schroersdyk weniger Punkte erhalten als beispielsweise Traar oder Uerdingen. Darum soll er nicht saniert, sondern zu einer Bewegungsfläche entwickelt werden. Der Hauptnutzer des Platzes, Viktoria Krefeld, bekam von der Sportverwaltung einen Umzug an die Hubert-Houben-Kampfbahn angeboten, wo moderne Anlagen entstehen sollen. Das aber lehnen Sportverein und Bürgerverein ab und werden dabei von anderen gesellschaftlichen Gruppen unterstützt.
Der Ton wurde über die Wochen immer schärfer. Der Vorsitzende des Bürgervereins, Rolf Hirschegger, spricht Schön jede Art von Dialogfähigkeit ab. Ein persönliches Gespräch mit ihm habe er nach kurzer Zeit abgebrochen, weil er überhaupt nicht darauf eingegangen sei, was er gesagt habe. „Schön meinte, es sei gar nicht mein Thema. So geht man nicht miteinander um“, erklärt Hirschegger.
Auf der gleichen Wellenlänge sendet Markus Eitner, Vorsitzender des SC Viktoria 09 Krefeld. Mit „unglaublicher Fassungslosigkeit“habe er ein Schreiben der Stadt in Händen gehalten, in dem dem Sportverein eine 14-tägige Frist gesetzt worden sei, um sich in der Frage zu entscheiden, ob Viktoria bereit sei, die Hubert-Houben-Kampfbahn als neue Vereinsheimat zu akzeptieren. Das Schreiben sei eine Unverschämtheit, erklärte Eitner in einem Offenen Brief an Schön.
Zusagen über einen zweiten Workshop und dieVorstellung eines neuen Konzeptes seien bislang nicht eingehalten worden. „Anscheinend können Sie sich nicht mehr an die Vergangenheit erinnern“, schrieb Eitner. Laut Vorsitzendem waren eine Bürgerbefragung im Herbst und ein Workshop zum Ausbau der Sportanlage Schroersdyk im ersten Quartal 2021 vorgesehen. „Alle Einwände scheinen Sie beiseite zu schieben, anstatt Lösungen anzubieten. Unsere vorgelegten Papiere werden ignoriert und nicht kommentiert“, heißt es weiter. Für Viktoria habe es mittlerweile den Anschein, dass man schon jetzt nach einem Sündenbock suche, dem die Stadt die Verzögerung des Umbaus der Hubert-Houben-Kampfbahn in die Schuhe schieben könne.„Versuchen Sie lieber mit uns persönlich zu kommunizieren, als über Schriftstücke Fristen zu setzen. So behandelt man keine Bürger und ehrenamtlich
tätige Personen dieser Stadt.“
„Wir sind tief im Inrath verwurzelt und wollen hier nicht weg.Wenn wir an Hubert-Houben wären, warum sollten junge Spieler zu uns kommen?Wo wäre der Unterschied zwischen uns und Preußen?“, fragt er. Insgesamt gehe es aber vor allem darum, die Identität des Inrath zu erhalten. „Viktoria hat hier immer eine große Rolle gespielt und ist auch sozial sehr aktiv. Zum Beispiel haben wir dieses Jahr dafür gesorgt, dass Kinder trotz ausfallenden Martinszugs Weckmänner bekommen. Dafür sammeln wir. Solche Dinge entstehen auch aus der räumlichen Nähe und Bindung zum Stadtteil“,
sagt Eitner.
Auch seien wichtige Fragen nicht geklärt. „Zum Beispiel der Weg zu Hubert-Houben ist nicht sicher.Wir kommen jetzt in die dunkle Jahreszeit und Kinder müssten über den Langen und den Höken Dyk mit dem Rad fahren. Ersterer ist aber gar nicht beleuchtet. Darüber hinaus gibt es an Hubert-Houben ein großes Parkplatzproblem. Im Sommer, wenn die SVK geöffnet ist, findet man ohnehin keine Parkplätze. Dann noch zwei Vereine am Sportplatz – wo sollen die Mitglieder parken? Und was ist mit den Anwohnern? Diese Fragen sind überhaupt nicht beantwortet“, sagt er.
Schön versteht die ganze Aufregung nicht. „Wir haben nie vorgehabt, Viktoria zu vertreiben. Bei der Frist ging es darum, dass Viktoria sich für den Fall, dass sie wechseln wollen, erklären solle, denn die Planungen für die Anlage würden dadurch beeinflusst. Für die Anreise hätten wir schon Wege gefunden. Derzeit wird ohnehin am Radwegenetz gearbeitet“, sagt er und fährt fort: „Viktoria hat sich entschieden, am Schroersdyk zu bleiben. Das akzeptieren wir und werden nun die Entwicklung zu einer Bewegungsfläche mit Viktoria voran treiben. Wir sind zwar überzeugt, dass derVerein von einer modernen, zeitgemäßen Anlage an Hubert-Houben profitieren würde, aber das ist nicht unsere Entscheidung.“
Klar sagt er aber auch: „Geld für einen Kunstrasenplatz am Schroersdyk ist nicht da. Das wird nicht kommen.“Für Eitner ist das kein Problem.„Ich denke, wenn der Platz entsprechend weiter entwickelt wird, auch für Senioren oder Schüler, zum Beispiel mit einer 100-Meter-Bahn für den Schulsport, können wir sehr gut damit leben und allen ist geholfen“, sagt er.