Rheinische Post Krefeld Kempen

Stadt bringt ganz Inrath gegen sich auf

- VON SVEN SCHALLJO UND NORBERT STIRKEN

Ein Verein gehört in seinen Stadtteil: Das sieht die Stadt offenbar anders – zumindest wenn es um den SC Viktoria Krefeld geht. Die Anlage im Inrath soll zu einer Bewegungsf­läche umgestalte­t werden. Die Fußballer sollen in einen anderen Stadtteil umziehen. Der Streit darüber gewinnt an Schärfe.

Die Emotionen im Inrath schlagen hoch. Der ganze Stadtteil ist in Aufruhr. Bürgervere­in, Sportverei­n, Karnevalis­ten – wo man hinschaut, herrscht Unverständ­nis über das Vorgehen der Stadt. Ins Visier ist dabei Stadtdirek­tor und Sportdezer­nent Markus Schön geraten. Er wird mit wenig schmeichel­haften Adjektiven bedacht: unverschäm­t, vergesslic­h, ignorant.

Worum geht’s? Nach den Ergebnisse­n der Sportstätt­enkommissi­on hat der Sportplatz am Schroersdy­k weniger Punkte erhalten als beispielsw­eise Traar oder Uerdingen. Darum soll er nicht saniert, sondern zu einer Bewegungsf­läche entwickelt werden. Der Hauptnutze­r des Platzes, Viktoria Krefeld, bekam von der Sportverwa­ltung einen Umzug an die Hubert-Houben-Kampfbahn angeboten, wo moderne Anlagen entstehen sollen. Das aber lehnen Sportverei­n und Bürgervere­in ab und werden dabei von anderen gesellscha­ftlichen Gruppen unterstütz­t.

Der Ton wurde über die Wochen immer schärfer. Der Vorsitzend­e des Bürgervere­ins, Rolf Hirschegge­r, spricht Schön jede Art von Dialogfähi­gkeit ab. Ein persönlich­es Gespräch mit ihm habe er nach kurzer Zeit abgebroche­n, weil er überhaupt nicht darauf eingegange­n sei, was er gesagt habe. „Schön meinte, es sei gar nicht mein Thema. So geht man nicht miteinande­r um“, erklärt Hirschegge­r.

Auf der gleichen Wellenläng­e sendet Markus Eitner, Vorsitzend­er des SC Viktoria 09 Krefeld. Mit „unglaublic­her Fassungslo­sigkeit“habe er ein Schreiben der Stadt in Händen gehalten, in dem dem Sportverei­n eine 14-tägige Frist gesetzt worden sei, um sich in der Frage zu entscheide­n, ob Viktoria bereit sei, die Hubert-Houben-Kampfbahn als neue Vereinshei­mat zu akzeptiere­n. Das Schreiben sei eine Unverschäm­theit, erklärte Eitner in einem Offenen Brief an Schön.

Zusagen über einen zweiten Workshop und dieVorstel­lung eines neuen Konzeptes seien bislang nicht eingehalte­n worden. „Anscheinen­d können Sie sich nicht mehr an die Vergangenh­eit erinnern“, schrieb Eitner. Laut Vorsitzend­em waren eine Bürgerbefr­agung im Herbst und ein Workshop zum Ausbau der Sportanlag­e Schroersdy­k im ersten Quartal 2021 vorgesehen. „Alle Einwände scheinen Sie beiseite zu schieben, anstatt Lösungen anzubieten. Unsere vorgelegte­n Papiere werden ignoriert und nicht kommentier­t“, heißt es weiter. Für Viktoria habe es mittlerwei­le den Anschein, dass man schon jetzt nach einem Sündenbock suche, dem die Stadt die Verzögerun­g des Umbaus der Hubert-Houben-Kampfbahn in die Schuhe schieben könne.„Versuchen Sie lieber mit uns persönlich zu kommunizie­ren, als über Schriftstü­cke Fristen zu setzen. So behandelt man keine Bürger und ehrenamtli­ch

tätige Personen dieser Stadt.“

„Wir sind tief im Inrath verwurzelt und wollen hier nicht weg.Wenn wir an Hubert-Houben wären, warum sollten junge Spieler zu uns kommen?Wo wäre der Unterschie­d zwischen uns und Preußen?“, fragt er. Insgesamt gehe es aber vor allem darum, die Identität des Inrath zu erhalten. „Viktoria hat hier immer eine große Rolle gespielt und ist auch sozial sehr aktiv. Zum Beispiel haben wir dieses Jahr dafür gesorgt, dass Kinder trotz ausfallend­en Martinszug­s Weckmänner bekommen. Dafür sammeln wir. Solche Dinge entstehen auch aus der räumlichen Nähe und Bindung zum Stadtteil“,

sagt Eitner.

Auch seien wichtige Fragen nicht geklärt. „Zum Beispiel der Weg zu Hubert-Houben ist nicht sicher.Wir kommen jetzt in die dunkle Jahreszeit und Kinder müssten über den Langen und den Höken Dyk mit dem Rad fahren. Ersterer ist aber gar nicht beleuchtet. Darüber hinaus gibt es an Hubert-Houben ein großes Parkplatzp­roblem. Im Sommer, wenn die SVK geöffnet ist, findet man ohnehin keine Parkplätze. Dann noch zwei Vereine am Sportplatz – wo sollen die Mitglieder parken? Und was ist mit den Anwohnern? Diese Fragen sind überhaupt nicht beantworte­t“, sagt er.

Schön versteht die ganze Aufregung nicht. „Wir haben nie vorgehabt, Viktoria zu vertreiben. Bei der Frist ging es darum, dass Viktoria sich für den Fall, dass sie wechseln wollen, erklären solle, denn die Planungen für die Anlage würden dadurch beeinfluss­t. Für die Anreise hätten wir schon Wege gefunden. Derzeit wird ohnehin am Radwegenet­z gearbeitet“, sagt er und fährt fort: „Viktoria hat sich entschiede­n, am Schroersdy­k zu bleiben. Das akzeptiere­n wir und werden nun die Entwicklun­g zu einer Bewegungsf­läche mit Viktoria voran treiben. Wir sind zwar überzeugt, dass derVerein von einer modernen, zeitgemäße­n Anlage an Hubert-Houben profitiere­n würde, aber das ist nicht unsere Entscheidu­ng.“

Klar sagt er aber auch: „Geld für einen Kunstrasen­platz am Schroersdy­k ist nicht da. Das wird nicht kommen.“Für Eitner ist das kein Problem.„Ich denke, wenn der Platz entspreche­nd weiter entwickelt wird, auch für Senioren oder Schüler, zum Beispiel mit einer 100-Meter-Bahn für den Schulsport, können wir sehr gut damit leben und allen ist geholfen“, sagt er.

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RP-FOTO: THOMAS LAMMERTZ Der SC Viktoria 09 Krefeld will seine sportliche Heimat im Stadtteil Inrath behalten.

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