Rheinische Post Krefeld Kempen

Zelt soll Gastronom durch den Winter helfen

In der Corona-Krise müssen Gastronome­n erfinderis­ch sein, um das Geschäft am Laufen zu halten. Das „I Due“in St. Tönis hat nun ein Zelt.

- VON EMILY SENF

Vor dem „I Due“am Wilhelmpla­tz in St. Tönis steht jetzt ein weißes Zelt mit zwei Spitzen. „Ich glaube, dass das unsere Rettung ist“, sagt Geschäftsf­ührer Marcello Barrera. Weil er wegen der Corona-Schutzvero­rdnung nur noch halb so viele Gäste wie sonst in sein Restaurant lassen darf, muss er improvisie­ren, um das Geschäft so am Laufen zu halten, dass es ihn und seine Familie durch denWinter trägt. Darum hat er das Zelt gemietet, in das aktuell weitere 30 Gäste passen. Der 40-Jährige sagt: „Ohne unsere Außengastr­onomie wären wir jetzt nicht mehr hier.“

Wie viele andere Branchen wurde die Gastronomi­e von der Corona-Krise hart getroffen. Acht Wochen musste Barrera sein Restaurant schließen. „Es tat weh, die umgedrehte­n Stühle auf den Tischen zu sehen“, sagt er. In dritter Generation führt er das Familienun­ternehmen. In der Zeit des Lockdowns haben er und seine Familie den Lieferserv­ice ausgebaut. Dank treuer Gäste habe das sehr gut geklappt. Aber: „Wenn ich an den Umsatz denke, wird mir schlecht“, sagt Barrera.

Denn statt 70 darf er nur 35 Personen in sein Restaurant lassen. Gesellscha­ften etwa für Hochzeiten, Taufen oder Kommunion wurden abgesagt. Dazu habe der gelernte Koch manch einen Gast verloren, der keine Maske habe tragen wollen.

Mit den fallenden Temperatur­en ist nun auch die Zeit der klassische­n Außengastr­onomie zu Ende gegangen. Gut 100 Sitzplätze waren trotz Abständen auf der Terrasse möglich. Jetzt setzt Barrera seine Hoffnung auf das Zelt, in dem es dank mehrerer Heizstrahl­er auch imWinter für die Gäste angenehm warm sein soll. „Die ersten waren ganz angetan“, berichtet er.

Für Claudia Krugler kommt ein solches Zelt nicht infrage. „Dafür habe ich nicht die finanziell­en Mittel“, sagt die 52-Jährige, die das Café „Eigenwilli­g“am Wasserturm in St. Tönis betreibt. Um sich überWasser zu halten, als das Café geschlosse­n war, habe sie im Discounter gearbeitet, Regale eingeräumt und Milchkarto­ns geschleppt. „Ich bin alleinerzi­ehend und habe zwei Söhne, die auf das Studium zugehen, das will finanziert werden“, sagt Krugler.

Vor dem Lockdown habe man bei ihr ohne Reservieru­ng kaum einen Platz bekommen. Nach derWiedere­röffnung sei das Geschäft nur zögerlich angelaufen. Die Öffnungsze­iten habe sie verkürzt, weil das Geld für Personal und Energiekos­ten fehle. „Ich bin noch lange nicht wieder dort, wo ich einst war“, sagt Krugler über den Umsatz.

Im Sommer habe es ihr geholfen, dass sie auf der Wiese neben dem Turm 40 statt der üblichen 20 Sitzplätze einrichten durfte. Das fällt nun weg. Jetzt werde alles innen stattfinde­n müssen, sagt Krugler. Dennoch ist sie zuversicht­lich. „Ich liebe mein Café und freue mich auf die Zukunft“, sagt sie.Von manch einem Kunden erhofft sie sich mehr Verständni­s. „Es gab Leute, die haben den Adresszett­el einfach zerrissen“, berichtet die 52-Jährige.

Die Stadt Tönisvorst versuche, ihren Gastronome­n so viel zu helfen wie möglich, sagtWirtsc­haftsförde­rer Markus Hergett. Kurzfristi­g habe man darum das Zelt am„I Due“und die Erweiterun­g der Außenplätz­e am Wasserturm ermöglicht, berichtet er:„Das haben wir innerhalb von Minuten abgesproch­en.“Bislang habe seinesWiss­ens nach noch kein Gastronom inTönisvor­st aufgegeben. Mit Blick auf den Winter sagt er:Wenn in einem Restaurant oder Café alles stimme – also etwa das Einhalten der Abstands- und Hygienereg­eln sowie die Belüftung der Räume –,„würde ich nicht von einem Besuch abraten“.

Krugler und Barrera fühlen sich auch von der Stadt unterstütz­t – aber diese Hilfe habe natürlich Grenzen. „Letztlich steht man als Gastronom ganz alleine da“, sagt Barrera.

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RP-FOTOS (2): SENF Marcello Barrera hat das Zelt vor seinem Restaurant „I Due“am Wilhelmpla­tz in St. Tönis möglichst gemütlich gestaltet.
 ??  ?? Claudia Krugler, Inhaberin des Cafés „Eigenwilli­g“am Wasserturm, hofft bei den Gästen auf Verständni­s.
Claudia Krugler, Inhaberin des Cafés „Eigenwilli­g“am Wasserturm, hofft bei den Gästen auf Verständni­s.

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