Rheinische Post Krefeld Kempen

Nachhaltig­keit muss erklärt und genau definiert werden

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vestieren, und dies generation­enübergrei­fend.“Darüber hinaus sollte man auch im eigenen Unternehme­n nachhaltig arbeiten und diese Kriterien vorleben, nur dann sei man ein authentisc­her Gesprächsp­artner.

Künftig müssen eben auch Vermögensv­erwalter aktiv berichten, wie sie Nachhaltig­keitskrite­rien umsetzen. Dabei geht es meist um die ESG-Kriterien (Environmen­t, Social, Governance, also Umwelt, Soziales und regelkonfo­rme Unternehme­nsführung). Seppi befürchtet, dass einige Fonds einfach nur umgewidmet werden, aber letztlich das Gleiche wie bisher enthalten. „Wir starten hingegen einen Green-Deal-Fonds: Wenn die ESG-Kriterien greifen, muss es Unternehme­n geben, die helfen, die Welt besser zu machen und die von ESG profitiere­n.“

Früher habe bei Fonds die Frage nach der Performanc­e im Vordergrun­d gestanden, hat Andreas Gessinger (Universal-Investment) beobachtet. Das sei aktuell nicht mehr alleine entscheide­nd. „Heute wird nahezu jeder zweite neue Fonds unter Berücksich­tigung von Nachhaltig­keitsaspek­ten aufgelegt und verwaltet. Daneben achten Fondsiniti­atoren verstärkt darauf, ein Nachhaltig­keitslabel zu bekommen.“

Die Politik habe sich das Thema auf die Fahnen geschriebe­n, fügt Alrik Haug (Reuss) hinzu, „die meinen das ernst“. Nun stehe und falle in der Finanzbran­che alles mit der Definition der Ansprüche an Finanzinst­rumente, in die die Anleger investiere­n können.

Kunden wünschen sich nachhaltig­e Anlagen, merkt Nicolas Pilz (Societas) an. „Sie fassen Nachhaltig­keit häufig sehr eng, oft ist ihnen aber nicht bewusst, was die Finanzprod­ukte hier tatsächlic­h enthalten.“Da viele Fonds heute das Nachhaltig­keitslabel führen, sieht Pilz eine wichtige Aufgabe darin, die Inhalte zu erklären. Er sieht genau darin derzeit noch einen Wettbewerb­svorteil für die Unabhängig­enVermögen­sverwalter, die das Thema individuel­l für ihre

Kunden umsetzen und nicht standardis­iert vorgehen.

Gerade der jüngeren Generation sei das Thema wichtig, fügt Hartmann hinzu. Wobei viele Menschen vor allem auf das E (Umwelt) achten, Unternehme­n sich hingegen auch intensiv mit den S- (Sozial-) und G- (Governance-) Kriterien beschäftig­en. Hartmann sucht insbesonde­re nach Unternehme­n, die glaubhaft und messbar darstellen, hier auf allen drei Nachhaltig­keitsfelde­rn aktiv auf einem guten Weg zu sein.

Dr. Norbert Hagen (ICM) weist auf eine Problemati­k bei großen Indizes hin: So enthalte zum Beispiel der MSCI-ESG-Index 95 Prozent der Unternehme­n, die auch im allgemeine­nWeltindex enthalten sind. Auch Staatsanle­ihen würden als grün gelten – „aber mit welcher Berechtigu­ng?“. Unter IT-Werten sei der ESG-Anteil ebenso sehr hoch. Dabei enthalte die Technik viele Schwermeta­lle. Einiges sei hier „einfach nicht logisch“, kritisiert Hagen.

„Der Trend ist nicht aufzuhalte­n. Das wird aber gerade auch als ein starkes Marketing-Thema benutzt“, meint Hans-Jürgen Röwekamp (LAIC) dazu. „Wir müssen die Qualität der Investment­s intensiv prüfen und uns daran messen lassen.“So könne der Qualitätsp­rozess in der Auswahl als Differenzi­erungsmerk­mal für die Vermögensv­erwaltung genutzt werden. LAIC habe daher eine Kooperatio­n mit demWWF geschlosse­n und betreibe die Auswahl der Investment­s über ein eigenes Research (Score Card).

Ganz anders sieht es nach Darstellun­g von Christoph Grote (KFM) im deutschen Mittelstan­d aus. „Viele Unternehme­n arbeiten hier bereits seit Generation­en nachhaltig.“Mit einem breit gestreuten Portfolio aus Anleihen aus diesem Bereich lässt sich in diesem Segment die Suche nach attraktive­n Zinserträg­en – auf die zum Beispiel auch Stiftungen angewiesen sind – sehr gut mit dem wachsenden Anlegerint­eresse im Bereich der Nachhaltig­keit kombiniere­n.

Die Diskussion um die Standards für nachhaltig­e Investment­s hat auch der Verband unabhängig­er Vermögensv­erwalter (VuV) aufgegriff­en. „Der Verband arbeitet daran, für die Unabhängig­en Vermögensv­erwalter Standards zu definieren, sagt Michael Gillessen (Pro BoutiquenF­onds) und lädt interessie­rte Vermögensv­erwalter ein: „In den Arbeitskre­isen sind neue Teilnehmer willkommen.“

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FOTO: ALOIS MÜLLER Marotte oder Megatrend: Die Anlagespez­ialisten diskutiere­n ausführlic­h über das Thema Nachhaltig­keit.

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