Rheinische Post Krefeld Kempen
„Die Schulleitungen sind nicht gut genug vorbereitet“
Die Ko-Vorsitzende der SPD über Fehler in den Corona-Konzepten, radikal neue Lehrpläne und warum sich die Linke für eine Koalition nicht neu aufstellen müsste.
traditionelle „Stoffvermittlung“in diesem Schuljahr etwas herunterdrehen und mehr Kraft darauf verwenden, dass regelmäßig Unterricht stattfindet. Bei geschlossenen Schulen ist jeder Lehrplan überholt. Die Kinder haben ein Recht auf verlässliche Bildung und gute Begleitung bei anstehenden Abschlüssen und Übergängen.
Fürchten Sie, dass die Länder angesichts der steigenden Infektionszahlen in Streit zurückfallen?
ESKEN Ich kann nur davor warnen, dass jetzt einzelne Ministerpräsidenten die Situation zur Profilierung im innerparteilichen Wettstreit missbrauchen. Dafür ist die Lage viel zu ernst. Das Virus verbreitet sich exponentiell, und wir müssen geeint dagegen vorgehen. Manch ein Vertreter der Union nimmt in dieser Lage mit dem internen Wettkampf Schaden für das Land in Kauf. Das ist unverantwortlich.
Was ist Ihr Eindruck von Markus Söders Rolle, die er im Kreis der
Länder spielt?
ESKEN Wenn ich mir die Zahlen in Bayern anschaue und die Probleme mit den Tests, dann hat das Bild des großen Krisenmanagers aus München jedenfalls erhebliche Kratzer bekommen.
Wie tritt er im Koalitionsausschuss auf, wenn Sie unter sich sind?
ESKEN In den Verhandlungen zum Konjunkturpaket mit seinen 57 Unterpunkten und Regelungen bis ins Detail hat Markus Söder jedenfalls keine zentrale Rolle gespielt.
Sie haben vor Monaten ein Gespräch mit den Spitzen von Grünen und Linken in Aussicht gestellt. Hat das mittlerweile stattgefunden?
ESKEN Das hat wegen Corona etwas länger gedauert. Jetzt haben Norbert Walter-Borjans und ich uns in den vergangenen zwei Wochen jeweils mit den Parteivorsitzenden von Linken und Grünen getroffen.
Und Sie haben bereits über Kooperationen gesprochen?
ESKEN Beide Gespräche waren von offener und freundlicher Atmosphäre. Es ging um Kooperationen – in welcher Form auch immer –, um Schnittmengen und Konfliktfelder.
War Olaf Scholz dabei?
ESKEN Nein, Olaf Scholz war nicht dabei. Das war ein Treffen der Parteivorsitzenden. Und außerdem: Wen hätten Grüne oder Linke dann dazugenommen? Wir sind die einzige Partei, die bereits ihren Kanzlerkandidaten benannt hat.
Und Sie haben welche konkreten Verabredungen getroffen?
ESKEN Dass wir uns in den kommenden Wochen erneut treffen wollen. Ansonsten keine.
Muss die Linke sich in der Außenund Sicherheitspolitik reformieren für ein rot-rot-grünes Bündnis?
ESKEN Die Linke kann ja die Abschaffung der Nato und die Beendigung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr fordern. In einen Koalitionsvertrag mit der SPD kämen solche Vorhaben aber nie hinein. Eine Partei muss sich ja nicht zwingend neu aufstellen, um eine Koalition einzugehen, aber man muss eben akzeptieren, dass nicht alle Ideen in einem Koalitionsvertrag verankert und dann womöglich auch noch umgesetzt werden.
Wären Sie für ein Kooperationsmodell offen, bei dem sich die regierenden Parteien in einem Bündnis auf einige Kernthemen verständigen und sonst wechselnde Mehrheiten suchen würden?
ESKEN Ein solches Modell würde viel lebhaftere und grundsätzlichere Debatten im Parlament ermöglichen. Es wäre eine spannende Sache, die die Demokratie stark beleben könnte. Ich kann mir ein solches Modell durchaus als Regierungsoption im Bund vorstellen. Insbesondere in Zeiten, wo ein Parlament wie der Deutsche Bundestag aus sechs Fraktionen besteht.
Beunruhigt Sie der Machtkampf in der NRW-SPD zwischen Parteichef Sebastian Hartmann und Fraktionschef Thomas Kutschaty?
ESKEN Grundsätzlich sind konkurrierende Kandidaturen kein Grund, von Kampf zu sprechen. Und ein solcherWettstreit kann den Zusammenhalt ja auch stärken, wie wir das an der Bundesspitze erlebt haben.
Aber es scheint doch angesichts der Fronten so, als gäbe es gar keinen Zusammenhalt mehr in der nordrhein-westfälischen SPD.
ESKEN Tatsächlich ist es in den vergangenen zwei Jahren nicht gelungen, den Zusammenhalt der beiden Lager herzustellen. Das muss die zentrale Aufgabe nach dem Landesparteitag sein.
Sollte Umweltministerin Svenja Schulze als Kandidatin für den NRW-Vorsitz antreten?
ESKEN Ich werde mich da nicht einmischen.