Rheinische Post Krefeld Kempen
Was und wer hinter der „Aserbaidschan-Connection“steckt
BERLIN Wenn es um die Beziehungen zwischen Deutschland und Aserbaidschan geht, sind schnell Milliarden-Summen im Spiel. Das Land ist nach Auskunft des Auswärtigen Amts der wichtigste Wirtschaftspartner im Kaukasus. Vor allem Erdöl liefert die ehemalige Sowjetrepublik, die inzwischen auch Vorräte im Kaspischen Meer erschlossen hat. Als Bundeskanzlerin Angela Merkel vor gut zwei Jahren nach Baku reiste, ging es vor allem um eine Ausweitung der Geschäfte: Aserbaidschan soll die Abhängigkeit von russischem Erdgas in den europäischen Ländern verringern. Allerdings stoßen noch so lebhafte wirtschaftliche Beziehungen auf ein menschenrechtliches Problem: Ilham Alijew regiert sein Land autoritär. Gegner und Journalisten landen oft in Haft.
Insofern sind denn auch Aktivitäten deutsch-armenischer Partnerorganisationen von zwiespältiger
Natur. Mainz unterhält mit Aserbaidschans Hauptstadt Baku eine Städtefreundschaft. Die Goethe-Gesellschaft pflegt den Kulturaustausch. Es gibt gemeinsame Wurzeln durch schwäbische Siedler im 19. Jahrhundert, und an Schulen wie Universitäten wird auch Deutsch gesprochen. Doch im Graubereich der Beziehungen geht es auch darum, problematische Aspekte des Regimes in Baku unter den Teppich zu kehren.
Insbesondere die parlamentarische Versammlung des Europarats geriet hier in den Fokus. Bei der Verurteilung von Menschenrechtsverletzungen und Wahlfälschungen taten sich manche Parlamentarier auffällig schwer. Einige lieferten als Wahlbeobachter vorzügliche Einschätzungen. Eine Lobby-Gesellschaft hatte die Reisen organisiert. Ein Ermittlerteam des Europarats entdeckte als „Schlüssel-Lobbyisten“einen CSU-Politiker, der sein Büro mitten im Regierungsviertel hatte: Eduard Lintner. Er soll über verschiedene Firmen Millionenbeträge
aus Baku erhalten haben. Offenkundig auch mit der Erwartung, dass er andere Unionspolitiker für „Beratertätigkeit“honoriert.
Lintner war zu Beginn seiner Lobbytätigkeit nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag 2009 bestens vernetzt: Als langjähriger Innen-Staatssekretär kannte er viele Kollegen in Regierung und Fraktion. Bereits Anfang 2020 ließ die Staatsanwaltschaft Büros und Wohnungen von ihm und der CDU-Abgeordneten Karin Strenz durchsuchen. Auch das Präsidium des Bundestages ahndete Geldzahlungen von Firmenkonten Lintners an Strenz bereits mit einem Ordnungsgeld in fünfstelliger Höhe.
Das war die Gemengelage, bevor vier weitere Unionspolitiker in den Sog der Aserbaidschan-Affäre gerieten. Sie müssen nun erklären, ob sie im uneigennützigen wirtschaftlichen und kulturellen Interesse Deutschlands ihre Beziehungen pflegten – oder ob Bakschisch aus Baku geflossen ist.