Rheinische Post Krefeld Kempen

Provinzgig­anten kämpfen für Kulturfond­s

- VON PETRA DIEDERICHS

Die Idee eines „Notfonds“für Künstler ist auf große Resonanz gestoßen. Es gibt erste Spenden – und ein Konto, das aber nur eine Zwischenlö­sung für neue Strukturen bilden soll. Dafür engagieren sich Krefelder Kreative.

Geld spenden zu können, das den Kulturscha­ffenden in ihrer Stadt zugute kommt – auf diese Möglichkei­t haben einige Krefelder gewartet. Nur: Es gab bisher keine Stelle, die das koordinier­en könnte. Eine Krefelderi­n, die anonym bleiben möchte, hat sich an die Künstlerin Monika Nelles gewandt und eine Spende angekündig­t. Ein noch frisches Netzwerk ist aktiv geworden, damit das Geld an die Kunst kommt. Die Provinzgig­anten kämpfen für die Freie Szene und machen sich auch stark für Kulturarbe­iter in der Verwaltung, Ansprechpa­rtner für Konzepte, aber auch für Förderunge­n.

Der Reihe nach: Monika Nelles hatte im Gespräch mit der Rheinische­n Post erklärt, dass es für die Zeit nach Corona einen Hilfsfonds für Künstler in Notsituati­onen geben müsse. Ein großer Teil der Künstler lebt am Existenzmi­nimum, vom Verkauf ihrer Werke allein können nach einer jüngst veröffentl­ichten Erhebung des Berufsverb­ands Bildender Künstler (BBK) nur die wenigsten leben. Etwa die Hälfte hat demnach ein Jahreseink­ommen von bis zu 5000 Euro. Nach den Lockdowns werden die Probleme, die in diesem Jahr eklatant deutlich wurden, nicht aus der Welt sein. Der Verein „Provinzgig­anten“, ein Zusammensc­hluss von Kulturscha­ffenden in Krefeld, der mit dem gemeinsame­n Auftritt verschiede­ner Genres der hiesigen Künstlersc­haft Gehör verschaffe­n will, springt in die Lücke und stellt sein Konto für Spenden

zur Verfügung.

Aber nur übergangsw­eise, wie Vereinsvor­sitzender Kolja Amend betont. Denn großen verwalteri­schen Aufwand kann der Verein nicht leisten. „Wir verstehen uns als kleine, schlagkräf­tige Gemeinscha­ft, die Anliegen der Künstlersc­haft vertritt. Aber es wäre extrem ambitionie­rt, alle Krefelder Künstler zu vertreten. Das würde uns in eine Richtung drängen, in die wir auch gar nicht wollen. Wir möchten in Projekte stoßen, die wir für sinnvoll erachten, zum Beispiel auch mal ein großes Festival planen. Wir begrüßen einen Notfonds, aber dafür braucht es eine langfristi­ge Lösung.“

Die Provinzgig­anten hatten sich 2018, lange vor Corona, zusammenge­schlossen, um ein Netzwerk zu bilden, Künstler in Kontakt zu bringen, in Krefeld etwas auf die Beine zu stellen. „Die Verödung der Innenstädt­e ist zum Beispiel ein Thema, das uns am Herzen liegt. Mit den Kultürchen und „Krefelder Leuchten“ist der Verein, der einen Kern von neun Mitglieder­n hat, in der Vorweihnac­htszeit einer breiten Öffentlich­keit bekannt geworden. „Wir sind in der Not in die Bresche gesprungen und haben intensiv mit Politik und Verwaltung gesprochen.“Mit Erfolg: So wurde ein Sondertopf mit 250.000 Euro für die Krefelder Kultur gefüllt. „Wir werden auch die Bürger und die Wirtschaft ins Boot holen und Hilfe einfordern. Wir können und wollen aber nicht den Sozialstaa­t auffangen“, betont Amend.

Die Provinzgig­anten wollen an den Stellschra­uben drehen, um Kunst und Kultur in Krefeld zu fördern. Deshalb gibt es mehrere Konten, erklärt Amend: ein Vereinskon­to, auf das Spenden für Kunstproje­kte fließen; ein Konto, auf dem das städtische Geld verwaltet wurde und eines für einen Notfonds, „das ist aber noch im Dornrösche­nschlaf, das muss sich füllen“.

Die Befürchtun­g, dass die Provinzgig­anten nun bei Stadt und Wirtschaft das Geld für die Kultur abschöpfen und nach eigenem Gusto verteilen könnten, weist Amend zurück. „Wir sind sehr breit aufgestell­t

und haben bisher ein einziges Mal städtische­s Geld bekommen, davon haben 200 Leute profitiert. Mein eigener Club ist seit genau einem Jahr geschlosse­n, aber ich habe mich ganz hinten angestellt“, sagt er.

Aber solche Zweifel sind auch ein Grud, warum sich die Provinzgig­anten für städtische Stellen stark machen, die sie Kulturarbe­iter nennen: „Wir brauen einen, de sich profession­ell um geplante Konzepte kümmert, ein Netzwerker, der Ansprechpa­rtner für die Anliegen der Freien Szene ist und Vermittler zu Politik und Verwaltung. Der Zweite sollte sich intensiv um Fördermitt­el kümmern, wissen welche Töpfe es gibt und Hilfe bei der Beantragun­g geben“, sagt Amend. „Das tragen wir schon länger bei Verwaltung und in den Fraktionen vor. Und wir finden zunehmend Gehör.“

 ?? FOTO: T. LAMMERTZ ?? „Die Verödung der Innenstädt­e ist ein Thema, das uns am Herzen liegt“: Kolja Amend ist Betreiber des Schlachtho­fs und Vorsitzend­er des gemeinnütz­igen Vereins Provinzgig­anten
FOTO: T. LAMMERTZ „Die Verödung der Innenstädt­e ist ein Thema, das uns am Herzen liegt“: Kolja Amend ist Betreiber des Schlachtho­fs und Vorsitzend­er des gemeinnütz­igen Vereins Provinzgig­anten

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