Rheinische Post Krefeld Kempen
Provinzgiganten kämpfen für Kulturfonds
Die Idee eines „Notfonds“für Künstler ist auf große Resonanz gestoßen. Es gibt erste Spenden – und ein Konto, das aber nur eine Zwischenlösung für neue Strukturen bilden soll. Dafür engagieren sich Krefelder Kreative.
Geld spenden zu können, das den Kulturschaffenden in ihrer Stadt zugute kommt – auf diese Möglichkeit haben einige Krefelder gewartet. Nur: Es gab bisher keine Stelle, die das koordinieren könnte. Eine Krefelderin, die anonym bleiben möchte, hat sich an die Künstlerin Monika Nelles gewandt und eine Spende angekündigt. Ein noch frisches Netzwerk ist aktiv geworden, damit das Geld an die Kunst kommt. Die Provinzgiganten kämpfen für die Freie Szene und machen sich auch stark für Kulturarbeiter in der Verwaltung, Ansprechpartner für Konzepte, aber auch für Förderungen.
Der Reihe nach: Monika Nelles hatte im Gespräch mit der Rheinischen Post erklärt, dass es für die Zeit nach Corona einen Hilfsfonds für Künstler in Notsituationen geben müsse. Ein großer Teil der Künstler lebt am Existenzminimum, vom Verkauf ihrer Werke allein können nach einer jüngst veröffentlichten Erhebung des Berufsverbands Bildender Künstler (BBK) nur die wenigsten leben. Etwa die Hälfte hat demnach ein Jahreseinkommen von bis zu 5000 Euro. Nach den Lockdowns werden die Probleme, die in diesem Jahr eklatant deutlich wurden, nicht aus der Welt sein. Der Verein „Provinzgiganten“, ein Zusammenschluss von Kulturschaffenden in Krefeld, der mit dem gemeinsamen Auftritt verschiedener Genres der hiesigen Künstlerschaft Gehör verschaffen will, springt in die Lücke und stellt sein Konto für Spenden
zur Verfügung.
Aber nur übergangsweise, wie Vereinsvorsitzender Kolja Amend betont. Denn großen verwalterischen Aufwand kann der Verein nicht leisten. „Wir verstehen uns als kleine, schlagkräftige Gemeinschaft, die Anliegen der Künstlerschaft vertritt. Aber es wäre extrem ambitioniert, alle Krefelder Künstler zu vertreten. Das würde uns in eine Richtung drängen, in die wir auch gar nicht wollen. Wir möchten in Projekte stoßen, die wir für sinnvoll erachten, zum Beispiel auch mal ein großes Festival planen. Wir begrüßen einen Notfonds, aber dafür braucht es eine langfristige Lösung.“
Die Provinzgiganten hatten sich 2018, lange vor Corona, zusammengeschlossen, um ein Netzwerk zu bilden, Künstler in Kontakt zu bringen, in Krefeld etwas auf die Beine zu stellen. „Die Verödung der Innenstädte ist zum Beispiel ein Thema, das uns am Herzen liegt. Mit den Kultürchen und „Krefelder Leuchten“ist der Verein, der einen Kern von neun Mitgliedern hat, in der Vorweihnachtszeit einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. „Wir sind in der Not in die Bresche gesprungen und haben intensiv mit Politik und Verwaltung gesprochen.“Mit Erfolg: So wurde ein Sondertopf mit 250.000 Euro für die Krefelder Kultur gefüllt. „Wir werden auch die Bürger und die Wirtschaft ins Boot holen und Hilfe einfordern. Wir können und wollen aber nicht den Sozialstaat auffangen“, betont Amend.
Die Provinzgiganten wollen an den Stellschrauben drehen, um Kunst und Kultur in Krefeld zu fördern. Deshalb gibt es mehrere Konten, erklärt Amend: ein Vereinskonto, auf das Spenden für Kunstprojekte fließen; ein Konto, auf dem das städtische Geld verwaltet wurde und eines für einen Notfonds, „das ist aber noch im Dornröschenschlaf, das muss sich füllen“.
Die Befürchtung, dass die Provinzgiganten nun bei Stadt und Wirtschaft das Geld für die Kultur abschöpfen und nach eigenem Gusto verteilen könnten, weist Amend zurück. „Wir sind sehr breit aufgestellt
und haben bisher ein einziges Mal städtisches Geld bekommen, davon haben 200 Leute profitiert. Mein eigener Club ist seit genau einem Jahr geschlossen, aber ich habe mich ganz hinten angestellt“, sagt er.
Aber solche Zweifel sind auch ein Grud, warum sich die Provinzgiganten für städtische Stellen stark machen, die sie Kulturarbeiter nennen: „Wir brauen einen, de sich professionell um geplante Konzepte kümmert, ein Netzwerker, der Ansprechpartner für die Anliegen der Freien Szene ist und Vermittler zu Politik und Verwaltung. Der Zweite sollte sich intensiv um Fördermittel kümmern, wissen welche Töpfe es gibt und Hilfe bei der Beantragung geben“, sagt Amend. „Das tragen wir schon länger bei Verwaltung und in den Fraktionen vor. Und wir finden zunehmend Gehör.“