Rheinische Post Krefeld Kempen
Lockerungen in Altenheimen: Skepsis bleibt
NRW-Gesundheitsminister Laumann: Gemeinschaftliches Leben soll wieder möglich sein
KREIS VIERSEN (biro/emy/ure) In den Senioren- und Pflegeheimen im Kreis Viersen warten die Einrichtungsleiter auf weitere Angaben, wie die neue Version der Corona-Schutzverordnung des Landes umgesetzt werden soll. Wie der Kreis Viersen am Freitag mitteilte, werde er über die Heimaufsicht entsprechende Informationen zur Änderung der Verordnung weitergeben.
Die neue Version der Verordnung erlaubt wieder „interne Veranstaltungen in stationären Pflegeeinrichtungen“, an denen neben Bewohnern auch Mitarbeiter und direkte Angehörige teilnehmen dürfen. Die Regelung dazu wurde am Donnerstagabend veröffentlicht. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte vor dem Hintergrund der breit angelegten Impfaktion und einem deutlichen
Rückgang der Infektionen in Heimen umfassende Lockerungen für die Seniorenheime angekündigt. Er sprach von einer „Herdenimmunität“in Heimen und teilte mit, dass gemeinschaftlich Aktivitäten wie Singen, Gottesdienste, Basteln oder Kochen ebenso wieder möglich sein sollen wie gemeinsame Mahlzeiten.
Er betrachte es „mit Bauchschmerzen, dass man jetzt sagt, die Heime seien durchgeimpft“, erklärte Jürgen Brockmeyer, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Hospital zum Heiligen Geist, die in Kempen das St.-Peter-Stift und das Von-Broichhausen-Stift betreibt. Denn die Heime hätten auch Neuzugänge. Man sei bemüht, diese Personen ebenfalls zügig zu impfen, doch man müsse auch an sie denken. Für die Bewohner sei es sicher schön, wenn es wieder Veranstaltungen gebe – insbesondere das Singen sei vielen sehr wichtig. Sobald es wärmer werde, wolle man Aktivitäten im Außenbereich ermöglichen.
Christoph Venedey, Leiter des Hubertusstifts in Willich, sagt: „Man kann über Lockerungen nachdenken, aber sie müssen auch in den Kontext hineinpassen.“Mit den derzeitigen Maßnahmen würden sich die rund 100 Bewohner sicher fühlen; etwa werden Stationen nicht gemischt, Besucher werden getestet und müssen Masken tragen. „Das läuft routiniert und ist ein gutes funktionierendes Miteinander“, sagt Venedey. Lockerungen würden Unruhe bringen. „Man muss Zeit haben, sie vernünftig vorzubereiten“, sagt der Leiter, auch weil einige Bewohner den Impftermin wegen eines Krankenhausaufenthalts oder weil sie neu sind, verpasst hätten.
Auch Claus Keultjes, Leiter des Seniorenhauses Vorst-Kandergarten, sagt: „Ich finde das Ganze schwierig.“Zwar würden die 70 Bewohner gerne wieder gruppenübergreifende Veranstaltungen wahrnehmen, „aber eine große Sehnsucht nach mehr Besuch sehe ich nicht“, sagt er. „Die Freiheiten sind schon sehr groß.“Auch das Tragen von Masken sehe er nicht als Problem. „Da ist man inzwischen geübt“, sagt er.
Mit einem lachenden und weinenden Auge schaut Jennifer Boß, die Pflegeleiterin im Haus Salus in Grefrath-Mülhausen, auf diese Entwicklung. „Natürlich ist die Freude auf Begegnung groß“, sagt sie. Aber man müsse die Verordnung genau interpretieren und dann umsetzen. Man müsse abwarten, obwohl einige Bewohnerinnen und Bewohner schon ganz aufgeregt seien.