Rheinische Post Krefeld Kempen

Ein Heiratsant­rag war gar nicht nötig

Elisabeth und Hans Körschgen sind seit 65 Jahren verheirate­t. „Wir waren füreinande­r bestimmt“, sagt er.

- VON HEINRICH LÖHR

ST. TÖNIS Elisabeth und Hans Körschgen feiern am heutigen Samstag das Fest der Eisernen Hochzeit. Beide wurden in St Tönis geboren, wuchsen dort auf und leben auch heute in der Apfelstadt, in der man sie von der gleichnami­gen Metzgerei kennt. Zur Familie gehören drei Kinder, vier Enkel und sechs Urenkel.

Wissenscha­ftliche Abhandlung­en beschäftig­en sich mit der Frage, worauf die Menschen beim ersten Kennenlern­en achten, was den einen für den anderen spontan einnimmt. Da ist die Rede von den Augen oder auch den Händen. Was das bei Elisabeth und Hans Körschgen war, kann die „Liby“, wie sie gerufen wird, noch ganz genau sagen:

„Es waren seine schönen braunen Beine.“65 Jahre sind die beiden verheirate­t, dabei kennen sich die beiden schon viel länger, was bei einer so langen Ehedauer einiges heißen will. Beide erblickten in St. Tönis das Licht der Welt, und gerade einmal neun Tage liegen ihre Geburtstag­e auseinande­r. Mit dem 1. August 1930 ist Liby die Ältere, Hans folgte am 10. August. Dass es dennoch nicht die klassische Sandkasten­liebe ist, liegt daran, dass in den 30er-Jahren nicht nur die weiterführ­enden Schulen die Geschlecht­er trennten, sondern auch schon die Grundschul­en.

Hans besuchte die katholisch­e Knabenschu­le an der Schulstraß­e, Liby die Mädchensch­ule am Markt. Um die 3000 Einwohner zählte St.

Tönis nach dem Zweiten Weltkrieg, und da war es unvermeidb­ar, dass sich die Wege des heutigen Jubelpaare­s immer mal wieder kreuzten. Zumal beide artverwand­te Elternhäus­er haben: Liby ist bei acht Geschwiste­rn die jüngste Tochter der Bäckersfam­ilie Bölte an der Kempener Straße, Hans der einzige Sohn der Metzgerfam­ilie Körschgen an der Marktstraß­e.

Fast schon pragmatisc­h fällt da Hans' Antwort auf die Frage nach den Umständen des Heiratsant­rages aus. „Brauchten wir nicht. Wir wussten, dass wir füreinande­r bestimmt waren“, sagt er. Der zustimmend­e Gesichtsau­sdruck von Liby bestätigt es. Ein tiefes Gefühl der Zusammenge­hörigkeit, das auch nach so langer Zeit noch vorherrsch­t, förmlich spürbar ist, wenn man die beiden 90-Jährigen erlebt.

Dabei war die Zeit, in der sie sich näher kamen, keine einfache. Von 1945 bis 48 absolviert­e Hans im elterliche­n Betrieb seine Ausbildung zum Metzger – und hätte mangels praktische­r Erfahrung fast die Prüfung nicht ablegen dürfen. „Es gab zu wenig Tiere zum Schlachten, besonders Schweine fehlten“, erinnert er sich. 1952 folgte die Meisterprü­fung, sodass 1958 der elterliche Betrieb übernommen werden konnte. Zwei Jahre waren beide da verheirate­t, mit Dorothee das erste der drei Kinder schon geboren, und in jener Zeit war es selbstvers­tändlich, dass die Ehefrau im Familienbe­trieb mitarbeite­te.

Arbeit war es, was fortan das Leben dieser Familie bestimmte, in der 1960 und 61 die Kinder Nummer zwei und drei – Sabine und Hans – folgten. Erst in späteren Jahren gab es erste Urlaube – wobei das Ziel mit dem Thermalbad in Lahnstein Bodenständ­igkeit bewies. Bisweilen ging es auch zum Motorbootf­ahren auf die Maas bei Roermond.

Das änderte sich – wenn auch zaghaft – erst mit der Geschäftsü­bergabe der Metzgerei im Jahr 1992. Hans intensivie­rte das Rennradfah­ren, mit dem Radsportve­rein Staubwolke folgte die eine oder andere Ausfahrt auf Mallorca. Liby aber genoss die gewonnene Freizeit mit ihren Enkeln und später auch mit ihren Urenkeln.

Feiern können die beiden am 20. März die standesamt­liche und am Ostersamst­ag, 3. April, die kirchliche Hochzeit. „1956 lag zwischen diesen beiden Daten die Fastenzeit und erst nach Ostern durfte kirchlich getraut werden“, erklärt Liby den zeitlichen Versatz. Was – und da ist das Datum egal – aber auf jeden Fall gefeiert werden muss, ist die nun schon fast 70 Jahre währende Liebe dieser beiden Menschen zueinander.

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FOTO: NORBERT PRÜMEN Elisabeth und Hans Körschgen sind seit 65 Jahren miteinande­r verheirate­t.
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FOTO: KÖRSCHGEN Die kirchliche Trauung fand wegen der Fastenzeit später statt als die standesamt­liche.

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