Rheinische Post Krefeld Kempen
So geht's: Gemüse im Garten anbauen
Günter Goebels gärtnert seit mehr als 40 Jahren. Wir baten um Tipps für Anfänger im Gemüsebau.
Irgendwie war man auf einen langen Spezialistenvortrag gefasst – samt Tipps aus dem Zauberreich des Gärtner-Woodoos, auf dass der Salat zarter werde als Mondschein. Pustekuchen. Was Günter Göbels über Gemüseanbau im eigenen Garten berichtet, ist relativ einfach. So einfach, dass man sofort anfangen möchte.
Günter Göbels (78) liebt seinen Garten. Er liebt die Arbeit mit Erde und Pflanzen, er liebt es, der Natur zuzusehen und mit ihr zu sein, und er liebt bis heute auch nach 40 Jahren Leben mit dem Garten das Gemüse, das er dort erntet. „Es ist ein Ritual“, berichtet er, „wenn die ersten frühen Kartoffeln da sind, essen meine Frau und ich sie nur mit etwas Butter und Salz. Ein Gedicht“, sagt er und lächelt ein Lächeln, das mehr als tausend Worte sagt, „da spielt für mich nicht nur der Gaumen eine Rolle, sondern auch die Seele.“Freude, der schöne Götterfunken: Im Garten wird er Ereignis.
Göbels ist Gärtner aus Genuss und Überzeugung. Für sein ehrenamtliches Engagement auch im Naturschutz (er engagiert sich auch als ehemaliger Patroneur im Haus der Seidenkultur) ist er mit dem Rheinlandtaler geehrt worden. Die Arbeit im Garten ist für ihn auch ein Statement, ein Bekenntnis zu nachhaltigem Leben. Er arbeitet nicht mit Pflanzenschutzmitteln. Auf den Anbau von Möhren verzichtete er aus diesem Grund: wegen der Möhrenfliege; er müsste sie mit Chemie bekämpfen.
Sicher rettet man nicht die Welt, wenn man im eigenen Garten Gemüse anbaut. Dennoch ist es so etwas wie angewandtes Einüben in die Zusammenhänge der Natur. Göbels' Garten ist Lebensraum – „die rechte Hälfte“, sagt er, „ist für die Natur, die linke Hälfte für uns.“Will sagen: Die Flora rechts ist so angelegt, dass möglichst viele Tiere – Insekten und Vögel – dort leben können; die linke Hälfte ist Gemüseland.
Wenn man nun Laie ist, ungeübt und unwissend – ist es schwer, Gemüse anzubauen? Göbels' Antwort ist eindeutig: Nein. Der Boden auf dem Stück, das ein Beet werden soll, muss bis in eine Tiefe von 30 Zentimeter aufgelockert werden; sprich umgegraben und zerkleinert. Wichtig: In den Boden sollten Hornspäne als Dünger eingearbeitet werden. Der Vorteil gegenüber Dünger wie Blaukorn: „Sie wandeln sich im Boden langsam um; es besteht nicht die Gefahr der Überdüngung.“
Unkompliziert sind Göbels zufolge etwa Kartoffeln. Die Saatkartoffeln kommen in ein etwa 20 Zentimeter
tiefes Loch, das locker mit Erde bedeckt wird. Kartoffeln sollten mit einem seitlichen Abstand von 30 Zentimeter gepflanzt werden – der Reihenabstand sollte 40 Zentimeter betragen. Ist das Beet fertig bestückt, sollte man es mit einem Vogelnetz sichern. Krähen, Elster oder Eichelhäher sind keine Kostverächter; „die fressen die ganze Pflanze auf“, sagt Göbels.
Dass diese Vogelarten überhaupt in der Stadt leben, ist für ihn eine Folge der intensiven Landwirtschaft. Als Kind, berichtet er, habe er diese Vögel nie gesehen, heute leben ganze Krähenschwärme mitten in der Stadt, und auch Elstern und Eichelhäher gehören zu den Bewohnern des städtischen Grüns. Göbels' These: Sie finden draußen in der freien Natur, wie man so schön sagt, nicht mehr genug zu fressen und weichen in die Stadt aus, die offenbar im Vergleich zur landwirtschaftlich bearbeiteten Landschaft ein reich gedeckter Tisch ist.
Saatkartoffeln gibt es im Gartencenter oder bei Raiffeisen-Genossenschaften wie der in Willich. Jetzt wäre Pflanzzeit für frühe Kartoffeln – kann sein, bemerkt Göbels, dass es sie schon nicht mehr zu kaufen gibt. Geerntet wird im Spätsommer, wenn die Kartoffelpflanzen verblüht sind und die Blätter zu welken beginnen. Pro Saatkartoffel erntet man zehn bis zwölf Kartoffeln. Wer nicht gleich ein Beet anlegen will: Es geht auch, eine erste Versuchsrunde mit einer Saatkartoffel in einem 10-Liter-Topf zu starten, wenn man erst einmal ein Gefühl für die Pflanzen entwickeln will.
Der Boden braucht in der Regel bis auf den Zusatz von Hornspänen keine besonderen Beigaben. Einmal allerdings hat Göbels erlebt, dass seine Kartoffeln schon nach kurzer Lagerung innen schwarz waren. Er holte sich Rat bei einem befreundeten Landwirt, der Kartoffelbau professionell pflegt. Die Ursache: „Dem Boden fehlte Kali-Salz.“In solchen Fällen kann man gezielt düngen. Generell sagt Göbels, solle man sich von Rückschlägen nicht entmutigen lassen. „Es kann immer sein, dass etwas nichts wird.“Das passiert auch ihm als altem Hasen immer mal wieder. „Es gilt der Grundsatz: Einfach mal ausprobieren.“
Was die Beet-Pflege angeht: Unkrautvernichter lehnt Göbels ab; er bekämpft Unkraut mit Zupfen und Schuffeln, sprich: bei trockenem Wetter werden Unkräuter aufgeharkt, so dass sie vertrocknen. Reicht, sagt Göbels. Beim Bewässern muss man nach Gefühl vorgehen: Wie trocken ist der Boden? Lassen die Pflanzen die Blätter hängen?
Für Salat, Weißkohl und Kohlrabi gilt im Grunde Ähnliches wie für Kartoffeln: Sie sind unkompliziert; man besorgt sich Setzlinge, die vielleicht 20 Zentimeter hoch sind, pflanzt sie ein – und wartet. Wieder ist es wichtig, die Pflanzen mit Vogelnetzen abzusichern; „ohne Netze“, sagt Göbels, „krieg ich keinen Kohl hoch“.
Wer Kinder mit dem Gemüseanbau in Kontakt bringen möchte, sollte mit Kresse auf der Fensterbank anfangen, sagt Göbels lächelnd; im Garten vergeht zu viel Zeit, bis mal etwas passiert.
Gut für einen Anfang sind auch Tomaten, die man in Töpfen großzieht. Göbels gibt dazu ein paar wichtigte Tipps: So sollte man Blätter,
die sich am Stängel der Pflanze neu bilden, abschneiden. Und man sollte die Erde im Topf mit Folie oder Mulch abdecken, damit es bei Regen oder beim Bewässern keine Spritzer mit Erde auf die Pflanze gibt; sollten im Boden Pilze sein, gelangen sie nicht auf die Pflanze und können sie nicht befallen und zerstören.
Für Kinder besonders beeindruckend
ist nach Göbels' Erfahrungen Kohlrabi. Den kann man bekanntlich auch roh essen – für die Nachwuchs-Gärtner ein Erlebnis. Der Zusammenhang zwischen der Erde, die Pflanzen hervorbringt, und der eigenen Ernährung wird dann wohl besonders sinnfällig. Auch darum geht's beim Gärtnern: Verstehen, wovon wir leben.