Rheinische Post Krefeld Kempen
Kartoffeln sind ein Hightech-Produkt
Mit dem Ziehen der Bodenproben und dem Ausbringen der ersten Düngergaben ist im März die neue Saison auf den Feldern angelaufen. Dazu kommt der Abtransport der Kartoffelernte 2020.
KEMPEN Wenn Heinz-Wilhelm Tölkes derzeit, ausgerüstet mit einem langen Stab und Eimer, auf seinen Feldern unterwegs ist, dann steht eine wichtige Vorbereitung für die kommende Erntesaison an. „Wir legen jetzt quasi den Grundstock für die Ernte 2021“, sagt der Kempener Landwirt. Es handelt sich um das Ziehen der Bodenproben, der sogenannten Nmin-Proben.
Die Landwirte überprüfen damit unter anderem, wieviel pflanzenverfügbarer Stickstoff im Boden ist. Die Proben werden in Tiefen von bis zu 90 Zentimeter gezogen. Pro Fläche von fünf bis sechs Hektar kommt es zu 16 bis 20 Einstichen, die diagonal über das Ackerland erfolgen. Ziel sind homogene Proben, die das ganze Feld widerspiegeln. Da die eingetüteten Proben kühl gelagert werden müssen – Stickstoff mineralisiert in der Probe weiter und dementsprechend steigen die Werte – gehen sie zusammen mit den dazugehörigen ausgefüllten Formularen auf dem kürzesten Weg in den Landhandel, wo dafür geeignete Kühlschränke zur Lagerung vorgehalten werden.
Die Landwirtschaftliche Untersuchungsund Forschungsanstalt NRW (LUFA) holt die Proben ab, untersucht sie und teilt die Ergebnisse mit. Entsprechend der Werte geht synthetisch hergestellter Mineraldünger oder organischer Dünger in Form von Gülle nach ganz genauen Vorgaben in den Einsatz – wobei die Gülle ebenfalls auf ihre Inhaltsstoffe untersucht wird. „Gülle ist ein wertvoller Dünger, der zielgerichtet eingesetzt wird. Die Ausbringung mittels der modernen Maschinen ist punktgenau und mit früher nicht zu vergleichen. Viele Bürger meinen immer noch, dass es sich bei Gülle um ein Produkt handelt, das der Landwirt einfach über die Felder entsorgen würde. Das ist ganz und gar nicht der Fall“, informiert Tölkes.
Die Hightechmaschinen der Lohnunternehmen, mit denen die Gülle ausgebracht wird, informieren mittlerweile bei der Fahrt, wie viel Stickstoff pro Hektar fließt. So kann die Düngemenge ganz genau gesteuert werden. Stinkende Gülle gehört ebenfalls der Vergangenheit an. „Wenn Gülle stinkt, gehen uns die Nährstoffe laufen. Der Ammoniak verfliegt in diesem Fall, und das wollen wir nicht. Daher wird bodennah ausgebracht und sofort eingearbeitet“, erklärt Landwirtin Carolin Schleupen.
Beim Wintergetreide kommt in Sachen Düngung der Schleppschlauch zum Einsatz. Für diesen Zweck verwenden die Landwirte möglichst dünnere Gülle. Diese beinhaltet weniger feste Stoffe, so dass sie sofort einsickert und das Getreide mit den benötigten Nährstoffen für ein gutes Wachstum versorgt. Gülle ist ein Baustein im Anbau und kein Entsorgungsprodukt.
Aber nicht nur das Beproben und die ersten Düngeausbringungen stehen an. In den Kartoffellagern geht das Auslagern weiter. „Die Lüftungskanäle tauchen langsam wieder auf“, bemerkt Schleupen. Dabei handelt es sich um die Kanäle, die die großen Kartoffellager mit Luft versorgen und auf diesem Weg die Kartoffeln trocken und damit lagerfähig halten. Die halbrunden Gänge starten mit einen Durchmesser von zwei Metern und verkleinern sich auf ihrer Länge von maximal 27 Meter auf einen Durchmesser von 40 Zentimeter. Pro Kanalteil von einem Meter Länge gibt es 60 Schlitze. Ein Gewicht von 270 Tonnen Kartoffeln wird durch einen Kanal belüftet. „In den 17 Kanälen in unserem Lager gehen pro Stunde eine dreiviertel Million Kubikmeter Luft durch“, berichtet Tölkes. Wenn nun die Kartoffeln mit der speziellen Kartoffelschaufel des Staplers aufgenommen und in den Bunker gefahren werden, ist Vorsicht angesagt. Nicht nur die Kartoffeln müssen vorsichtig aufgenommen und in den Bunker abgekippt werden, um blaue Flecken, sprich Beschädigungen, zu vermeiden. Der Landwirt muss auch darauf achten, die Kanäle beim Vorstoßen in den Kartoffelberg nicht zu beschädigen. Rund eine Tonne Kartoffeln fasst die seitlich abgerundete Schaufel. Im Bunker laufen Drehwalzen, die für die Entfernung von Erdresten sorgen und die gleichzeitig auf die vom Endkunden vorgegebene Kartoffelgröße aussortieren.
Vom Bunker aus werden die Kartoffeln über ein Ladeband in die Lkw transportiert. „Es ist ein Justin-Time-Geschäft“, sagt Tölkes. Die Landwirte erhalten die genauen Vorgaben vom Kartoffelhändler. Vom Lager geht es in die Fabrik, wo die Kartoffeln von der Kempener Platte dann weiterverarbeitet werden. Die kleineren Kartoffeln werden separat abgefahren und entsprechend zu anderen Kartoffelprodukten verarbeitet, bei denen es nicht auf die Kartoffelgröße ankommt.