Rheinische Post Krefeld Kempen
Der Kurfürst aus Beethovens Kindheit
Mit Maximilian Friedrich von Königseck bekam 1761 auch das Amt Kempen und Willich einen neuen Landesherrn.
WILLICH Seit 1583 hatten wittelsbachische Prinzen als Erzbischöfe und Kurfürsten von Köln das geistliche und weltliche Regiment im Erzstift – und damit auch in Kempen, St. Tönis, Vorst, Willich, Anrath, Neersen, Schiefbahn und Oedt geführt. Der berühmte prunkliebende Barockfürst Clemens August war der letzte Bayer auf dem Kölner Kurfürstenthron. Ihm folgte 1761 der aus schwäbischem Adel stammende Maximilian Friedrich Reichsgraf von Königseck-Rotenfels, der bis 1784 das Land regierte, um dann von Max Franz, dem 16. und letzten Kind der Kaiserin Maria Theresia, abgelöst zu werden.
Maximilian Friedrich von Königseck-Rotenfels' Regierungsjahre waren für die Bewohner der genannten Orte eine Zeit der Ruhe und der Stabilität im Vorfeld der bald heraufziehenden Französischen Revolution. Den Untertanen kam es zugute, dass er das verschwenderische Hofleben, das Clemens August geführt hatte, aufgab. An Kurfürst Maximilian Friedrich angesichts des gegenwärtigen vielfachen Gedenkens an Ludwig van Beethovens 250. Geburtstag jetzt zu erinnern, bietet sich nicht zuletzt deshalb an, weil das junge Genie bis zu seinem Weggang nach Wien in enger Abhängigkeit vom Bonner kurfürstlichen Hof gestanden hat. Noch im Jahr seiner Inthronisierung 1761 hatte Maximilian Friedrich Beethovens Großvater zu seinem Hofkapellmeister ernannt. In diesem Umfeld wuchs das Kind Ludwig van Beethoven auf.
Das Regierungshandeln überließ der Kurfürst zu einem beträchtlichen Teil seinem Minister Freiherr Kaspar Anton von Belderbusch.
Auch im geistlichen Bereich setzte er persönlich keine nennenswerten Akzente. Als entscheidungsfreudig blieb er nicht in Erinnerung. Ein Zeitgenosse urteilte: „Er war ein gütiger Herr, übrigens kann man nichts mehr sagen als: Er war Kurfürst.“Und der päpstliche Nuntius Lucini
glaubte zu wissen, dass er „ein Feind von Disputen und Kontroversen“war. Insgesamt wohl nicht die schlechtesten Voraussetzungen für eine ruhige Fortentwicklung seines Landes.
Für Willich beispielsweise hält Hans Kaiser fest: „Der stabile Frieden
in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts steigerte das Lebensgefühl, Fröhlichkeit und Behagen machen sich breit. Rapide steigt die Bevölkerungszahl. Gab es 1631 noch 152 Haushaltungen im Kirchspiel Willich, treten um 1764 360 Haushaltungen mit etwas über 1800 Kommunikanten, d. h. über zwölf Jahre alten Einwohnern, auf. Überall zeigt sich der zunehmende Wohlstand im aufwendigeren Ausbau der Wohnhäuser“(StadtgeschichteWillich,S.254f).
Gottfried Kricker notiert in seiner Geschichte Anraths, dass in den 70er- und 80er-Jahren „die alten Häuser am Markt erweitert, mit neuen, vorgesetzten Fassaden aus Backstein versehen und mit großen Fenstern ausgestattet“wurden. Spektakulär ist das alles nicht, aber es hob sich für die Zeitgenossen doch sehr vorteilhaft ab von den Leiden und Bedrückungen, die die beiden vorangehenden Jahrhunderte gebracht hatten.
Ein besonnener Landesherr wie Maximilian Friedrich von Königseck-Rotenfels hatte seinen eigenen Anteil an einer solchen ruhigen Entwicklung. Und er nahm auch hierzulande positiven Einfluss auf das Schulwesen, was der Düsseldorfer Staatsarchivdirektor Erich Wisplinghoff nachgewiesen hat.
In Kempen, dem Mittelpunkt des gleichnamigen kurkölnischen Amtes, war die Erinnerung an diesen Landesherren, der doch immerhin fast ein Vierteljahrhundert die Verantwortung für Kurfürstentum und
„Der stabile Frieden in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts steigerte das Lebensgefühl, Fröhlichkeit und Behagen machen sich breit“
Erzstift trug, wohl bald verblasst. Weder ein Straßenname noch ein Denkmal erinnert an ihn.
In Beethovens Leben ist Kurfürst Maximilian Friedrich jedenfalls immer eine wichtige Größe gewesen. Der Komponist hing an Bonn und seiner rheinischen, kurkölnischen Heimat. 1801 schrieb Ludwig van Beethoven aus Wien einem Bonner Freund: „Mein Vaterland, die schöne Gegend, in der ich das Licht der Welt erblickte, ist mir noch immer so schön und deutlich vor meinen Augen, als da ich euch verließ; kurz ich werde diese Zeit als eine der glücklichsten Begebenheiten meine Lebens betrachten, wo ich euch wieder sehen, und unseren Vater Rhein begrüßen kann. Wann dies sein wird, kann ich dir noch nicht bestimmen.“Beethoven verließ seine Vaterstadt Bonn 1792 – für immer.
Hans Kaiser in „Stadtgeschichte Willich“