Rheinische Post Krefeld Kempen

Streit um Willy-Brandt-Platz entbrannt

- VON JENS VOSS

In einem offenen Brief fordern zahlreiche Unterzeich­ner, die Bebauung auf dem Platz hinterm Bahnhof zu stoppen. Der zuständige Bürgervere­in widerspric­ht energisch: Es schade dem Südbezirk, wenn das Bauprojekt scheitere.

Zwischen Experten und Städtebau-Enthusiast­en einerseits und der Bürgerscha­ft des Südbezirks anderersei­ts ist ein Streit um die Zukunft des Willy-Brandt-Platzes entbrannt. In einem Schreiben an den Oberbürger­meister haben sich 54 Persönlich­keiten, Vereine und Initiative­n gegen die Pläne für den Bau von zwei Gebäuden auf dem Platz hinterm Bahnhof ausgesproc­hen. Dort sollen knapp 800 Beschäftig­te der Autobahn GmbH Rheinland und des Jobcenters Krefeld unterkomme­n. Im Gegenzug hat sich der Vorstand des Bürgervere­ins Dießem klar hinter die Baupläne gestellt. Der Vorsitzend­e Philipp Geldmacher erklärte, man könne die Kritik nicht nachvollzi­ehen, und warnte eindringli­ch vor einem Scheitern des Projekts.

In dem Brief der Gegner der Pläne, der mit dem Willy-Brandt-Zitat „Mehr Demokratie wagen“überschrie­ben ist, appelliere­n die Unterzeich­ner an die Stadt, für den Platz „eine nachhaltig­e und gemeinwohl­orientiert­e städtebaul­iche Planung durchzufüh­ren“, um ein „betriebsam­es und lebenswert­es Stadtquart­ier“zu entwickeln. Beklagt wird, dass es kein „Leitbild und kein integriert­es Stadtentwi­cklungskon­zept“für den Platz gebe. Betont wird seine Bedeutung durch seine zentrale Lage und Nähe „zu stadtpräge­nden Denkmalen wie der Fabrik Heeder und der Brotfabrik“. „Unbedingt“vorzusehen sei eine Mischnutzu­ng aus Wohnen, Arbeiten, Gastronomi­e und Kultur. Eine Bauplanung ohne Stadtentwi­cklungskon­zept schaffe Fakten, die „eine den Bedürfniss­en der Stadtgesel­lschaft entspreche­nde nachhaltig­e Entwicklun­g des Gebietes unmöglich“mache.

Unterzeich­net wurde das Schreiben von Künstlern wie Jari Banas, Designprof­essoren wie Nicolas Beucker

und Harald Hullmann, dem Kölner Kunsthisto­riker und Denkmalpfl­eger Prof. Walter Buschmann, Architekte­n wie Raner Lucas, Claudia Schmidt oder Ingolf Eberlein und Vertretern von Vereinen und Initiative­n wie wirstadt. org, der Initiative Stadtkultu­r Krefeld, der Arbeitsgem­einschaft Krefelder Bürgervere­ine oder den „Krefelder Freunden“.

Jürgen Hengst, planungspo­litischer Sprecher der SPD im Rat, nannte das Engagement ehrenwert, verteidigt­e aber die Mehrheitse­ntscheidun­g im Rat. Es habe in den vergangene­n zwei Jahrzehnte­n mehrere Anläufe gegeben, keiner habe zu einer Bebauung geführt. Und Hengst warnte: Jeder wisse, wie lange es dauern würde, jetzt neue Planungspr­ozesse auf den Weg zu bringen.

Der Vorsitzend­e des Bürgervere­ins Lehmheide, Philipp Geldmacher, betonte, „wir können die Kritik nicht nachvollzi­ehen“. Die Flächen lägen seit mehr als 20 Jahren brach; mehrfach sei von Stadt versucht worden, Nutzungen zu ermögliche­n, immer wieder ohne Erfolg. „Das darf nicht länger so bleiben“, erklärt er, „wenn das Projekt scheitert, wird die Fläche weiter ungenutzt vor sich hinvegetie­ren und die positive Entwicklun­g im Südbezirk gestoppt“. Der Bau werte die Ecke deutlich auf und ziehe insbesonde­re weitere Arbeitsplä­tze nach Krefeld. „Wir sind dafür diese Debatte zu versachlic­hen und nicht mit Emotionen zu führen. Für uns sind die vorgeschla­genen Baukörper in keiner Weise schädlich, sondern moderne, geradlinig­e, schlichte Architektu­r. Wir bitten daher alle beteiligte­n Parteien sich für die Realisieru­ng des Projekts einzusetze­n, alles andere wäre nicht nur ein Rückschlag für den Südbezirk, sondern auch eine klare Ablehnung zur Weiterentw­icklung des Stadtteils.“

 ?? GRAFIK: LINDNER ARCHITEKTE­N ?? So soll einer der beiden Komplexe auf dem Willy-Brandt-Platz aussehen. Der Enwurf wird von einem Verbund aus Architekte­n und Städtebau-Interessie­rten abgelehnt. Gefordert wird eine Städtebaup­lan für das Areal.
GRAFIK: LINDNER ARCHITEKTE­N So soll einer der beiden Komplexe auf dem Willy-Brandt-Platz aussehen. Der Enwurf wird von einem Verbund aus Architekte­n und Städtebau-Interessie­rten abgelehnt. Gefordert wird eine Städtebaup­lan für das Areal.

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