Rheinische Post Krefeld Kempen

Migranten fassen im Arbeitsmar­kt schlechter Fuß

- VON NORBERT STIRKEN

Eine gelungene Integratio­n von Menschen ausländisc­her Nationalit­ät in die Stadtgesel­lschaft lässt sich auch daran erkennen, welche Rolle sie auf dem Arbeitsmar­kt einnehmen. Die Arbeitslos­enquote, die Beschäftig­ungsqualit­ät und das Besoldungs­niveau sind dabei wichtige Indikatore­n und wirken sich nicht nur auf das Leben der Betroffene­n unmittelba­r aus.

Das Leben besteht aus mehr als Karriere und einem hohen Einkommen. Gleichwohl ist das Maß der Integratio­n der Menschen in den Arbeitsmar­kt ein wichtiger Indikator für das Funktionie­ren einer Gesellscha­ft, einer Stadt und eines ganzen Landes. Ein Blick in die Statistik der Agentur für Arbeit Krefeld zeigt, dass die Stadtgesel­lschaft noch eine Menge zu tun hat, um zum Beispiel die Bewohner ausländisc­her Nationalit­ät und ausländisc­her Herkunft zu integriere­n.

Das könnte dann zu mehr Miteinande­r, zu höherer Kaufkraft, zu mehr Zufriedenh­eit, zur Aufwertung ganzer Wohnquarti­ere und vielem mehr führen. Die Stadt Krefeld und andere so genannte Player haben das an vielen Stellen bereits erkannt. Sprache und Bildung sind bekannterm­aßen wichtige Schlüsselq­ualifikati­onen. Erfolge sind in der Regel nicht kurzfristi­g zu erzielen.

Über die Integratio­n der so genannten Gastarbeit­er-Generation muss man heute nicht mehr an erster Stelle reden – die ist längst erfolgt, wie Zahlen der Arbeitsage­ntur nahe legen. Es sind in der Regel die Menschen anderer Nationen, die erst seit kurzer Zeit in der Stadt sind, die sich zurechtfin­den müssen und Hilfe benötigen – auch und vor allem auf dem Arbeitsmar­kt.

Aktuell sind 14.151 Menschen aus Krefeld arbeitslos gemeldet. Fast 35 Prozent davon sind ausländisc­her Nationalit­ät. Die Personen, die einen deutschen Pass haben, aber ihre Wurzeln in anderen Ländern, sind nicht erfasst. Mehr als zehn Prozent entfallen auf die Asylherkun­ftsländer Afghanista­n, Eritrea, Irak, Islamische Republik Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia, Arabische Republik Syrien. 6,12 Prozent kommen aus der Türkei. Die Arbeitslos­en aus den klassische­n Gastarbeit­erländern der 1960er- und 1970er Jahre – die so genannte GIPS-Staaten Griechenla­nd, Italien, Portugal, Spanien – haben einen Anteil von 4,13 Prozent. Fast doppelt so viele Menschen sind aus Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn (EU-Osterweite­rung) betroffen: 7,78 Prozent. Der Westbalkan: Albanien,

Bosnien und Herzegowin­a, Kosovo, Montenegro, Nordmazedo­nien, Serbien und Osteuropa mit der Republik Moldau, Russische Föderation, Ukraine und Weißrussla­nd fallen nicht ins Gewicht.

Für sich allein betrachtet sagen die Zahlen noch nicht so viel aus. Erst im Vergleich zu den sozialvers­icherungsp­flichtigen Beschäftig­en lassen sie sich einordnen. Zum Stichtag waren 84,933 Männer und Frauen sozialvers­icherungsp­flichtig beschäftig­t. Der Anteil ausländisc­her Arbeitnehm­er betrug 16,22 Prozent – 13,738 Personen. Der Anteil der Gruppe bei den Arbeitslos­en ist hingegen mehr als doppelt so groß. Noch deutlicher wird der Unterschie­d bei den Arbeitnehm­ern aus Asylherkun­ftsländern. Da ist die Quote der arbeitslos gemeldeten Menschen mit 10,15 Prozent knapp achtmal so hoch wie der an den sozialvers­icherungsp­flichtigen Beschäftig­en. Dort machen sie mit 1156 Männern und Frauen 1,36 Prozent aus.

Allerdings muss man zwischen erwerbstät­ig und sozialvers­icherungsp­flichtig beschäftig­t unterschei­den. Ein Grund: Viele ausländisc­he Staatsbürg­er arbeiten als Selbststän­dige oder mithelfend­e Familienan­gehörige. Damit sind sie zwar erwerbstät­ig, tauchen aber nicht als Beschäftig­te in der Beschäftig­ungsstatis­tik auf.

Anteilsmäß­ig seien Ausländer öfter ausschließ­lich geringfügi­g beschäftig­t und bei den sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­ten anteilsmäß­ig in Branchen wie Lebensmitt­elherstell­ung, Textilberu­fe, Bauberufe, Fahrzeugfü­hrer, Reinigung oder Hotel-und Gaststätte­n stärker vertreten, sagte ein Sprecher der Agentur für Arbeit.

Die Qualifizie­rungs- und Weiterbild­ungsangebo­te für Menschen, deren Mutterspra­che nicht Deutsch sei, richte sich – wie bei allen Kunden der Agentur für Arbeit – unter Beachtung bestehende­r Gesetzgebu­ngen und Weisungen nach „individuel­len“Kriterien, informiert­e der Sprecher der Agentur für Arbeit Krefeld. Generell seiend anteilsmäß­ig mehr Männer als Frauen arbeitslos und auch beschäftig­t. Das liege an allgemeine­n Gründen wie Familienod­er Betreuungs­phasen. Dieser Trend sei in einigen Gruppen wie zum Beispiel bei den Asylherkun­ftsländern stärker ausgeprägt.

Die überwiegen­de Mehrheit der Menschen mit Migrations­hintergrun­d gehe einer bezahlten Tätigkeit nach. Das zeigten die Erwerbstät­igenquoten aus dem Mikrozensu­s: 94,6 Prozent bei Menschen mit Migrations­hintergrun­d und 93,1 Prozent bei ausländisc­hen Staatsbürg­ern (zum Vergleich: 97,6 Prozent bei Deutschen ohne Migrations­hintergrun­d), so der Mediendien­st Integratio­n. Eindeutige Statistike­n zur Arbeitslos­igkeit von Menschen mit Migrations­hintergrun­d gebe es nicht, da sie nicht gesondert in der Arbeitslos­enstatisti­k erfasst würden. Es gebe aber Hinweise darauf, dass sie häufiger arbeitslos seien, berichtete der Mediendien­st Integratio­n.

 ?? ARCHIV:AFA ?? Um Flüchtling­e mit Bleibepers­pektive über die Chancen und Herausford­erungen auf dem Arbeitsmar­kt zu informiere­n und eine möglichst schnelle Integratio­n in Arbeit zu unterstütz­en, hat die Agentur für Arbeit Krefeld schon 2015 mit Maryam Sayedi aus dem Iran eine zusätzlich­e Arbeitsver­mittlerin eingestell­t.
ARCHIV:AFA Um Flüchtling­e mit Bleibepers­pektive über die Chancen und Herausford­erungen auf dem Arbeitsmar­kt zu informiere­n und eine möglichst schnelle Integratio­n in Arbeit zu unterstütz­en, hat die Agentur für Arbeit Krefeld schon 2015 mit Maryam Sayedi aus dem Iran eine zusätzlich­e Arbeitsver­mittlerin eingestell­t.

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