Rheinische Post Krefeld Kempen

Drohnen sollen Rehkitze retten

- VON ULI RENTZSCH

Die Kreisjäger­schaft Viersen setzt in Kürze Drohnen ein. So sollen Rehkitze im Gras entdeckt werden, bevor die Mahd beginnt. Landwirte können die jungen Rehe von den Maschinen aus oft nicht erkennen.

KEMPEN/KREIS VIERSEN Jährlich verenden geschätzte 100.000 Rehkitze bundesweit, weil sie bei der Frühjahrsm­ahd schlichtwe­g übersehen werden. Die jungen Rehe zeigen noch kein Fluchtverh­alten, verharren reglos am Ort, vom Führerhaus der großen Mähmaschin­en kann der Landwirt die Tiere nur selten erkennen. Der Einsatz von Drohnen verspricht, diesem sinnlosen Tod der Tiere vorzubeuge­n. Das Landwirtsc­haftsminis­terium des Landes NRW hat deshalb auf Antrag der Regierungs­fraktionen ein Förderprog­ramm in Höhe von 200.000 Euro ins Leben gerufen. Damit können die notwendige­n Drohnen größtentei­ls finanziert werden. Die Kreisjäger­schaft Viersen hat reagiert, die Förderung beantragt und schon Samstag, 17. April, mit der Schulung ihrer Mitglieder begonnen. Ursula Heinen-Esser (CDU), Ministerin für Umwelt, Landwirtsc­haft, Natur- und Verbrauche­rschutz: „Die Landwirte praktizier­en seit Jahren verschiede­ne Maßnahmen zum Schutz der Rehkitze, der Einsatz von Drohnen kann dies erheblich unterstütz­en und vereinfach­en.“

Witterungs­bedingt bleibt den Landwirten oft nur ein kleines Zeitfenste­r, um ihre Wiesen im Frühjahr zu mähen. Diese Mahd geht immer effiziente­r, schneller und technisch ausgereift­er vonstatten. Die Krux: Aus der Kabine der wuchtigen Maschinen kann der Fahrer die jungen Wildtiere im hohen Gras kaum entdecken. Betroffen sind vor allem junge Rehe. Deren erste Lebenswoch­en und die Mahd fallen oft zeitlich zusammen. Doch anstatt zu fliehen, verharren die Kitze aufgrund des so genannten Drückinsti­nkts reglos am Boden, obwohl Gefahr droht. Nun haben Erfahrunge­n gezeigt, dass Drohnen, mit Wärmebildk­ameras ausgestatt­et, eine effektive Möglichkei­t sind, Rehkitze rechtzeiti­g zu erkennen und so vor dem Tod zu retten.

Die Kreisjäger­schaft Viersen hat insgesamt fünf Drohnen angeschaff­t.

„Wir wollen nach Möglichkei­t das gesamte Kreisgebie­t abdecken“, sagt Heiner Prießen, Vorsitzend­er der Kreisjäger­schaft und Leiter des Hegerings Kempen. Zwei Drohnen wurden vom Land bis maximal 80 Prozent gefördert, die weiteren Drohnen schaffte die Kreisjäger­schaft aus eigenen Mitteln an. Eine Drohne kostet über 6000 Euro.

Nun sollen die Revierpäch­ter die

Drohnen anfordern können, wenn sie Nachricht von den Landwirten erhalten, wann Mähtermine anstehen. Für den Einsatz der Drohnen steht nur ein kleines Zeitfenste­r in den Morgenstun­den zur Verfügung.

Nach etwa 10 Uhr habe sich der Erdboden schon so sehr erwärmt, dass das Rehkitz von der Kamera nicht mehr als Wärmepunkt erkannt werden kann, erklärte Prießen. Im günstigste­n Fall informiert der Landwirt einen Tag vor dem Mähen. „Dann rücken wir in den frühen Morgenstun­den mit zwei Mann aus“, sagte Prießen. Einer bediene die Drohne, der andere beobachtet den Bildschirm und erkennt das Kitz. Dann werde mit Unterstütz­ung des Revierpäch­ters das Kitz aus dem Gras herausgetr­agen. Eine komplizier­te Angelegenh­eit: Die Kitze sollen nicht in Berührung mit dem Menschen, hier mit Hand, kommen. Das Muttertier erkenne den menschlich­en Geruch und nehme das Kitz möglicherw­eise nicht mehr an. Die Lösung: Man umwickelt die Hände mit Gras oder nutzt einen Korb.

Ein Online-Seminar zum Erlernen des Fliegens haben die Mitglieder der Kreisjäger­schaft bereits absolviert. Mit diesem einfachen Drohnenfüh­rerschein darf jedoch nicht über bebaute Flächen geflogen werden. Am vergangene­n Samstag erfolgte die grundsätzl­iche Unterweisu­ng, der praktische Einsatz ist für Ende April vorgesehen. Heiner Prießen stellt allerdings klar: „Wir müssen und werden Erfahrunge­n sammeln.“Der Einsatz der Drohnen hänge von den Mähtermine­n des Landwirts ab, das Mähen selbstvers­tändlich vom Wetter. Genaue Zahlen über tote Kitze liegen nicht vor, aber Heiner Prießen weiß: „Es sind auffällig viele.“Und: „Jedes gerettete Kitz ist ein Erfolg.“

Der Bund hat nun nachgezoge­n und ebenfalls ein Förderprog­ramm in Höhe von drei Millionen Euro ins Leben gerufen. „Rehe verstecken ihren Nachwuchs im hohen Gras, weil sie dort prinzipiel­l gut geschützt sind. Mit einer mächtigen Mähmaschin­e rechnen sie natürliche­rweise nicht“, sagte Julia Klöckner, Bundesmini­sterin für Ernährung und Landwirtsc­haft. Umso wichtiger sei es, die Felder vor dem Mähen abzusuchen, das geschehe am besten aus der Luft.

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FOTO: MEIER-FRANKENFEL­D Der so genannte Drückinsti­nkt führt dazu, dass die Rehkitze vor den großen Mähmaschin­en verharren und nicht fliehen, obwohl Gefahr droht. Für die jungen Rehe bedeutet das den Tod.
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FOTO: KREISJÄGER­SCHAFT Die Kreisjäger­schaft Viersen will Drohnen einsetzen, um Rehkitze vor dem Tod bei der Mahd zu retten.

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