Rheinische Post Krefeld Kempen
Der lässige Kommissar
„Laim und die Tote im Teppich“ist eine echte Perle der ZDF-Mediathek.
Bevor Lukas Laim seine Wohnung verlässt, deren Blick über die Münchner Skyline ein Vermögen gekostet haben muss, legt er der schlafenden Prostituierten auf dem Sofa ein paar 200-Euro-Scheine hin. Im schwarzen Trenchcoat betritt er die Straße, steigt in seinen BMW-Sportwagen und fährt zum Tatort.
Kommissar Laim, dessen Rolle Max Simonischek nun zum vierten Mal übernimmt, ist auf seinen Beamtensold durchaus nicht angewiesen. Er kommt aus dem Münchner Geldadel und könnte sich auch ohne die Polizeiarbeit ein Leben in Saus und Braus leisten. Diese finanzielle Unabhängigkeit verleiht der Figur, die der „Tatort“-Autor Christoph Darnstädt im Jahr 2012 zum TV-Leben erweckte, eine solide Grundlässigkeit. Denn eigentlich hat dieser Laim die Leichen, die Verhöre und den Reviermief gar nicht nötig und könnte jederzeit einfach gehen, wenn es ihm nicht mehr passt. Anweisungen von oben werden deshalb nur bedingt befolgt, und als Ermittler hält er sich weniger an den polizeilichen Vorschriftenkatalog als an seinen eigenen moralischen Kompass.
In gewisser Weise ist er das Münchner Äquivalent zu Schimanski, nur mit einem prall gefüllten Vermögensfonds und einem deutlich weniger losen Mundwerk. Laim gehört zu den wenigen Ermittlern im deutschen Fernsehen, die nur reden, wenn sie auch etwas zu sagen haben. Das schafft Raum für filmisches Erzählen. Regisseur Michael Schneider und sein Kameramann Andreas Zickgraf konnten schon in den ersten Folgen vor allem auch durch ihren visuellen Stilwillen überzeugen.
In Episode vier wird nun die Leiche einer Frau mit Kopftuch in einem Perserteppich eingewickelt bei den Müllcontainern auf der Theresienwiese gefunden. Noch am Abend zuvor – das war im Epilog zu sehen – lag der Teppich im Wohnzimmer von Hans Heinrich Feuer (Shenja Lacher), der ihn zusammengerollt hat, nachdem er die eigene Wohnung aufgebrochen hatte. Als Laim und sein Kollege Anton Simhandl (Gerhard Wittmann) vor der Tür stehen, ist das Einbruchdezernat schon vor Ort, und der Wohnungsinhaber wartet mit wilden Theorien über den Tathergang auf. Aber der redselige Verdächtige hat ein wasserfestes Alibi, das gleich von drei Herren des „Instituts für bayerische Innenpolitik“bestätigt werden kann.
Hinter dem klangvollen Namen steht ein rechtsextremer Thinktank, der die politisch-intellektuelle Unterfütterung für populistische Parteiunternehmungen liefert. Schon bald stellt sich heraus, dass man hier nicht nur nationalkonservative Bildungsarbeit leistet, sondern auch mit Gewaltbereitschaft an der „autoritären Revolution“arbeitet.
Info
„Laim und die Tote im Teppich“ist in der ZDF-Mediathek zu sehen.