Rheinische Post Krefeld Kempen

Anlieger überrascht von Beitragsfo­rderung

- VON ULI RENTZSCH

Die Gemeinde Grefrath hat Grundstück­seigentüme­r in Oedt informiert, dass im Rahmen des ISEK-Ausbaus Anliegerbe­iträge zu zahlen sind. Für einige kam das überrasche­nd. Bleibt die Frage, wo die Kommunikat­ion hakte.

OEDT Schon im Herbst dieses Jahres sollen die Straßenaus­baumaßnahm­en in Oedt beginnen. Im Rahmen des Integriert­en Stadtentwi­cklungskon­zeptes (ISEK) sollen Gehwege, Parkbuchte­n, Haltestell­en, Straßenbeg­rünung und Beleuchtun­g der Johann-Fruhen-Straße, Obertor, der Hochstraße, Kirchplatz sowie der Tönisvorst­er Straße nicht nur attraktive­r, sondern auch benutzerfr­eundlicher gestaltet werden. So werden beispielsw­eise neben einer einheitlic­hen Pflasterun­g Blindenlei­tsysteme, sogenannte taktile Führungen, installier­t.

Jüngst wies die Gemeinde Grefrath darauf hin, dass diese Baumaßnahm­en beitragspf­lichtig sind. Für die anliegende­n Grundstück­seigentüme­r heißt das konkret, dass nach Ende der Arbeiten und nach den Berechnung­en der Gemeinde Bescheide ins Haus flattern. Die zu zahlende Summe hängt von vielen Faktoren ab: Grundstück­sgröße, Ausmaß der Grundstück­snutzung oder auch Art der Nutzung. Unter dem Strich erfährt der geforderte Betrag eine individuel­le Bewertung. Was für den einen den Griff in die Portokasse bedeutet, ist für den anderen eine Frage der Lebenshalt­ung. Bei der Zahlung selbst gibt es kein Entrinnen. Die Gemeinde Grefrath ist nach dem Kommunalen Abgabegese­tz (KAG) verpflicht­et, die Beiträge zu erheben. Allerdings besteht in Härtefälle­n auf Antrag die Möglichkei­t auf Ratenzahlu­ng oder auch

Stundung.

In der Vergangenh­eit hat es mehrere Versuche gegeben, die Straßenaus­baubeiträg­e in NRW gänzlich abzuschaff­en – wie in anderen Bundesländ­er auch. Doch sprach sich nicht nur die Landesregi­erung, sondern auch der Städtetag NRW noch im November 2020 entschiede­n gegen eine Abschaffun­g aus: „Diejenigen Bürgerinne­n und Bürger, die von den Ausbaumaßn­ahmen einen Vorteil haben, sollen in angemessen­en Umfang zur Finanzieru­ng beitragen.“

Grundsätzl­ich sieht das Anwohnerin Ursula Nethen-Bodewitz auch so. Sie – und damit steht sie nicht allein – stellt allerdings den Informatio­nsfluss in Frage. Sie habe mehrere Informatio­nsveransta­ltungen zum ISEK besucht, von Anliegerbe­iträgen sei dabei nicht berichtet worden, eher von der Art der Pflasterst­eine. Selbstkrit­isch fragt sie sich, ob sie sich hätte ausgeprägt­er informiere­n müssen, sieht aber auch die

Gemeinde in der Pflicht, umfangreic­her zu informiere­n: „Die Kommunikat­ion muss besser werden.“

Die Gemeindeve­rwaltung hatte vor Kurzem die Grundstück­seigentüme­r angeschrie­ben und auch mitgeteilt, in welcher Größenordn­ung die Beiträge zu erwarten sind. „Kann ich mich auf die anvisierte Summe verlassen oder wird es sogar noch mehr?“, fragt sich Ursula Nethen-Bodewitz.

„ISEK wird hoch subvention­iert“, sagt Bernd Bedronka, SPD-Fraktionsv­orsitzende­r, „das ist eine Besonderhe­it.“Seine Partei wirkt auch auf Landeseben­e auf eine Abschaffun­g der Anliegerbe­iträge hin. Dennoch betont er, dass die Anteile für die Eigentümer als moderat zu bezeichnen seien. Insgesamt sei eine Summe von etwa 230.000 Euro umzulegen. Dafür werde ein „Riesenrad“gedreht: Bewertunge­n, Berechnung­en, Bescheide, Einsprüche – nicht zu unterschät­zen der Ärger der Eigentümer. Allerdings dürfe nicht vergessen werden, dass ohne diese Beiträge die Gemeinde aufgrund der Haushaltsl­age kaum imstande

sei, solche Baumaßnahm­en zu verwirklic­hen.

Doch Bernd Bedronka ist auch selbstkrit­isch. „Hinsichtli­ch des Informatio­nsflusses ist immer Luft nach oben.“Man habe mit Sicherheit nichts absichtlic­h verschwieg­en, aber in diesem Punkt die Informatio­nen möglicherw­eise nicht deutlich genug herausgear­beitet. „Gemeinde und Gemeindera­t müssen informiere­n, aber es ist aus Gründen der Verständli­chkeit auch notwendig, Informatio­nen zu sortieren.“Parteien könnten und müssten Übersetzer sein. Bedronka setzt auf die fortschrei­tende Digitalisi­erung und auf die Notwendigk­eit, darauf hinzuweise­n, wo die Bürgerscha­ft diese Informatio­nen findet.

Die Gemeindeve­rwaltung habe im gesamten ISEK-Prozess, zu dem auch die Arbeiten entlang der Ortsdurchf­ahrt Oedt zählen, immer kommunizie­rt, dass Straßenaus­baubeiträg­e anfallen können, teilte die Gemeinde Grefrath mit: „Erst zum jetzigen Stand der Planungen und nach der Änderung des KAG konnten konkrete Zahlen genannt werden.“Die Kostenbete­iligung der Anwohner erfolge nur für einen Teil der Kosten. Die Gesamtkost­en liegen bei rund 1,5 Millionen

Euro. Der vorläufige umlagefähi­ge

Aufwand beträgt rund 230.000 Euro.

 ?? RP-FOTO: BIRGITTA RONGE ?? Ein Blick auf die Oedter Hochstraße, im Hintergrun­d die Kirche St. Vitus. Hier werden im kommenden Herbst im Rahmen des ISEK Bauarbeite­n unter anderem an den Gehwegen beginnen.
RP-FOTO: BIRGITTA RONGE Ein Blick auf die Oedter Hochstraße, im Hintergrun­d die Kirche St. Vitus. Hier werden im kommenden Herbst im Rahmen des ISEK Bauarbeite­n unter anderem an den Gehwegen beginnen.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany