Rheinische Post Krefeld Kempen
Ein SUP-Board aus Kiri-Holz
Zwei Kieler haben ein Stand-Up-Paddling-Board gebaut, das nachhaltig und recyclebar ist — und das aus Holz der Tönisvorster Firma „WeGrow“. Jetzt fehlt nur noch der richtige Klebstoff.
TÖNISVORST Die Kieler Jannek Grocholl und Michael Walther möchten gerne ihrem Hobby nachgehen, aber dabei auch die Umwelt schonen. Darum haben sie ein StandUp-Paddling-Board gebaut, das recyclebar ist. „Es geht darum, Boards zu entwickeln, die zu 100 Prozent kompostierbar sind“, erläutert Jannek Grocholl. Ihr Brett ist also aus Holz. Das wiederum stammt vom Tönisvorster Unternehmen „We Grow“und damit vom Kiri-Baum.
Hergestellt werden Bretter für das Stand-Up-Paddling (SUP) grundsätzlich aus Stoffen, die nur schwer wiederverwertbar oder kompostierbar sind; etwa PE (Polyethylen), AST/ASA (witterungsbeständiger Kunststoff Acrylnitril-Styrol-Acrylester als Außenschicht), Epoxy (Harz) oder Karbon. Eine Besonderheit sind aufblasbare SUP-Boards.
Kiri-Holz ist die leichteste in Europa produzierbare Holzart und im
„Zum Wassersport passt ein Naturprodukt besser als synthetische Materialien“
Peter Diessenbacher „WeGrow“
Verhältnis zum geringen Gewicht sehr stabil. Außerdem ist es nach fachgerechtem Anbau nahezu astrein und in der Lage, in einem Jahr mehr als fünf Meter zu wachsen, erzählt Peter Diessenbacher, Geschäftsführer der Firma „WeGrow“.
Damit punktet der Kiri-Baum, dessen Wildform es bereits seit rund 100 Jahren in Deutschland gibt, in vielen Bereichen. Geschätzt wurde er bislang jedoch hauptsächlich für seine schönen Blüten. Neu ist jetzt die Züchtung einer Sorte des Baums, die für die Holzproduktion in Deutschland geeignet ist.
„Den Baum habe ich als Student im botanischen Garten der Universität Bonn entdeckt und ihn dann auf der Fensterbank meiner Studentenbude angebaut“, erzählt Diessenbacher. Nach einigen Testpflanzungen und wissenschaftlichen Anbauversuchen habe er zusammen mit Co-Gründerin Allin Gasparian mit der Entwicklung einer ersten eigenen Kiribaum-Sorte erstmalig den kommerziellen Anbau des Baums in Deutschland ermöglicht. 2009 gründeten sie das Ableger-Unternehmen „WeGrow“, das seinen Sitz seit fünf Jahren in Kehn hat.
Im Mittelpunkt des Ganzen: Nachhaltigkeit. Die Technologien sollen innovativ und vor allem auch umweltfreundlich sein, erläutert der Geschäftsführer. Das begeistert auch den gelernten Bootsbauer Jannek Grocholl, der nach seiner Ausbildung zusätzlich in Hamburg Holztechnik studierte, und Umweltaktivist Michael Walther. Sie stellten ein Projekt auf die Beine: Zusammen bauten sie ein Stand-Up-Paddling Board aus Kiri-Holz mit dem Ziel, es recyclebar zu machen.
Das Kiri-Holz erfüllt in ihren Augen etliche Faktoren: So eignet es sich wegen seiner Beständigkeit und des geringen Gewichts ideal für den Boots- und Schiffsbau, gleichzeitig ist es nachhaltig und wird in Deutschland angebaut. Also kontaktierten die Kieler „WeGrow“. Die Firma stellte das Holz zur Verfügung. „Ich finde das Projekt toll“, sagt Diessenbacher. „Der Wassersport ist ein sehr naturverbundener Sport, da passt ein Naturprodukt natürlich besser zu als ein Board aus synthetischen Materialien.“
Zukünftig wollen Grocholl und Walther daran arbeiten, größere Mengen an Brettern entwickeln und vertreiben zu können, die für den Sportbereich genutzt werden und gleichzeitig konsequent kompostierbar sind. Das einzige Problem ist dabei bisher noch der Klebstoff: Verwendet wird ein Bio-Epoxy, der zwar zum größten Teil aus Baumharzen gewonnen wird, jedoch trotzdem nicht komplett ökologisch zersetzbar ist. Es soll ein passender Klebstoff
aus Milchproteinen und Kalk her, um den zweiten Prototypen zu 100 Prozent abbaubar zu machen.
Auch laminiert wird das Brett der beiden Erbauer, wie es sonst bei Surfboards üblich ist und sie somit zum Sondermüll macht, nicht. Grocholl und Walther verwenden Leinöl, das in das Holz einzieht und dort aushärtet. Den Preis wollen sie möglichst noch senken. Aktuell kostet das Board 6950 Euro und ist damit doppelt so teuer wie andere. „Das ist sauteuer, das will ich gar nicht schönreden“, sagt Walther und lacht. „Es gibt aber auch Boards, die kosten viereinhalb Tausend Euro und sind aus Kohlefasern in China hergestellt. Dagegen produzieren wir aus Holz ein Board, das von Bootsbauern in Kiel hergestellt wird“. Das Ziel sei es aber, die Bauprozesse so zu optimieren, dass man nur leicht über dem Preis der üblichen Boards stehe. Technisch unterscheide sich das Wassersportgerät nicht von anderen. Der Umgang sei derselbe, das Kiriholz-Board benötige lediglich mehr Pflege.
Der Auslöser für die Aktion, kompostierbare Boards zu entwickeln, war vor allem Walthers Projekt „Zero Emissions“(Nullemission). Mit Aktionen und Vorträgen will der 40-Jährige Menschen begeistern und damit den Umweltschutz interessanter gestalten. „Es hat sich dabei immer widersinnig angefühlt, dass ich auf
Boards aus PVC oder aus Glas- und Kohlefaser stehe“, erzählt Walther.
Das besondere Kiri-Holz eignet sich aber nicht nur für den Bootsund Schiffsbau. Klavier- und Cembalobauer Jan Enzenauer, der auch als Sachverständiger für Tasteninstrumente der Industrie- und Handelskammer Köln tätig ist, hat aus dem Kiri-Holz einen Deckel für einen Flügel hergestellt. Auch hierfür stellte „WeGrow“das Holz zur Verfügung. Sein Fazit: Das Holz erhöht die Klangqualität sowie den Komfort und die Sicherheit für den Musiker. „Ein Vorhaben für die kommende Zeit ist es, das Kiri-Holz auch in anderen Instrumenten zu testen“, erklärt Enzenauer.