Rheinische Post Krefeld Kempen

Die Ursprünge des Ausgehverb­ots

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Curfew Das englische Wort für Ausgangssp­erre kommt ursprüngli­ch aus dem Französisc­hen (couvre-feu) und bezeichnet eine Vorschrift, nach der öffentlich­e Feuer in der Nacht entweder zu bedecken (couvre) oder zu löschen sind. Das diente vor allem dem Brandschut­z in den Städten.

Kontrollen Um die Feuer lagerten in den europäisch­en und amerikanis­chen Städten im 17. und 18. Jahrhunder­t häufig Menschen aus den unteren Schichten, die sich nicht zu Hause treffen konnten. Auch um hier möglichen Unruhen und Aufständen vorzubeuge­n, erließen die städtische­n Behörden ein Versammlun­gsverbot in den nächtliche­n Stunden. Daraus entstanden die Ausgangssp­erren.

Jugendlich­e Noch im 20. Jahrhunder­t richteten sich in vielen Städten die Ausgangssp­erren in erster Linie gegen Jugendlich­e. Sie durften die Häuser ihrer Eltern oder auch ihre eigenen ab einer bestimmten Uhrzeit nicht mehr verlassen. Damit sollte die Kriminalit­ät bekämpft werden. In Kalifornie­n dürfen auch jetzt noch Teenager zwischen 23 und 4 Uhr morgens mit dem Auto nicht allein fahren. In Deutschlan­d gibt es solche Regeln nicht. plötzlich vermissen Menschen, die ewig über die Kollegen schimpften, den täglichen Plausch am Kaffeeauto­maten.

Das alles wirft Fragen auf. Etwa die, was Arbeit für jeden Einzelnen eigentlich ist: Erwerbsque­lle, Selbstverw­irklichung, soziales Umfeld, Identität, Qual? Das sind Fragen nach dem Sinn von Arbeit und nach dem Stellenwer­t, den die Menschen ihr einräumen.

Allerdings lassen solche individuel­len Überlegung­en fast vergessen, dass Arbeit immer auch etwas Kollektive­s ist, etwas, das nach Regeln geschieht, um die Arbeitnehm­er gemeinsam gerungen haben. Durch die individuel­len Herausford­erungen, die jeder wegen der Corona-Pandemie meistern muss, geraten die strukturel­len

Bedingunge­n von Arbeit also noch mehr aus dem Blick.

Vielleicht ist das eine Chance für den 1. Mai, den traditione­llen Tag der Arbeit und der Arbeiterbe­wegung, der zuletzt oft so gelangweil­t begangen wurde und wie aus der Zeit gefallen schien. Im zweiten Jahr mit Corona könnte er den Blick darauf lenken, dass Schwierigk­eiten, so individuel­l sie erscheinen mögen, viele andere genauso betreffen. Dass es also lohnt, von sich selbst abzusehen und Probleme gemeinsam anzugehen. Solidaritä­t ist eben nicht nur Forderung, sondern auch Versicheru­ng.

Unsere Autorin ist Redakteuri­n des Ressorts Politik/Meinung. Sie wechselt sich hier mit unserem stellvertr­etenden Chefredakt­eur Horst Thoren ab.

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FOTO: DPA Die Polizei kontrollie­rt vielerorts die Ausgangsbe­schränkung­en.

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