Rheinische Post Krefeld Kempen
RWE-Chef soll Kohleausstieg beschleunigen
Markus Krebber folgt auf Rolf Martin Schmitz. Die Aktionäre drücken derweil aufs Tempo.
ESSEN Den Abschied hatte sich Rolf Martin Schmitz sicher anders erträumt: Am Mittwoch stellte sich der RWE-Chef zum letzten Mal den Aktionären, bevor er im Alter von 64 und nach knapp fünf Jahren an der Vorstandsspitze des Essener Energiekonzerns, in den Ruhestand geht. Doch wegen der Corona-Pandemie waren sie auch hier nur virtuell dabei. Gewürdigt wurde seine Arbeit dennoch: „RWE hat unter Rolf Martin Schmitz den Einstieg in das neue Energiezeitalter geschafft, wenn auch erst nach einigen Wirrungen“, erklärte Vanessa Golz von der Fondsgesellschaft Deka. Jetzt müsse sein Nachfolger Markus Krebber den Essener Konzern in einer Energiewelt ohne Kohle etablieren.
Der 48-jährige Finanzvorstand, der aus Kleve stammt, übernimmt am 1. Mai das Ruder. Den Kurs von Schmitz will er fortsetzen. Krebber stellte auch klar, dass RWE weiter mit 15 Prozent an dem früheren Erzrivalen Eon beteiligt bleiben will: „Es gibt keine Pläne, die Beteiligung zu reduzieren.“Schmitz wird Aufsichtsrat bei Eon blieben.
Die Fondsmanagerin Golz fordert von Krebber mehr Tempo beim Kohleausstieg: Mit einem CO2-Ausstoß von knapp 69 Millionen Tonnen im Jahr 2020 sei RWE „immer noch ein Emissions-Schwergewicht in Europa. Deshalb ist eine Beschleunigung beim Braunkohleausstieg notwendig“, so Golz. Der imposante Anstieg des Aktienkurses spiegele den Vorschuss der Investoren in eine „grüne RWE“wider. Hier müsse der Konzern nun liefern. Auch Henrik Pontzen, Fondsmanager bei Union Investment, forderte mehr Tempo beim Kohleausstieg: „RWE ist auf dem Weg, vom Saulus zum Paulus der Energiebranche zu werden.“
Doch RWE sei noch kein nachhaltiges Unternehmen. Aber man könne es schon deutlich vor 2040 werden, wenn man die Altlasten zügig abwickele. „Herr Krebber, lassen Sie sich nicht zur Nachhaltigkeit treiben, sondern übernehmen Sie die Führung“, mahnte Pontzen. Der scheidende Chef, Schmitz, wies gleichwohl Spekulationen zurück, dass der Konzern die Tochter RWE Power, die Atomkraft und Braunkohlesparte bündelt, und ihre 11.000 Mitarbeiter als Bad Bank ausgliedern wolle: „Das sind Spekulationen, da ist nichts dran“, betonte er. Nicht zuletzt gebe es dabei wegen der Haftungsfragen für Altlasten-Rückstellungen enge Grenzen.
Die neue Personalchefin, die in Bosnien geborene Zvezdana Seeger, kündigte an, dass die RWE-Betriebsärzte parat stehen, um zu impfen. „Sobald es Impfstoff gibt.“Der Konzern habe gute Schutzkonzepte, bei der Arbeit hätten sich kaum RWE-Mitarbeiter infiziert. Dennoch beklagt auch der Energieriese erkrankte Mitarbeiter: Zwei von ihnen sind nach einer Corona-Infektion gestorben.
Querelen gibt es indes bei der
Neuwahl des Aufsichtsrats: Union Investment lehnt die Wiederwahl von Ehrhard Schipporeit (72) ab. Begrndung: Als Ex-Eon-Vorstand sei er nicht unabhängig, so die Kritik. Die Deka wiederum will den Ex-Industriepräsidenten Hans-Peter Keitel (74) nicht, man brauche einen Generationenwechsel und mehr Ökostrom-Kompetenz im Aufsichtsrat, hieß es. Die bringt Hans Bünting (57) mit, der die Innogy führte, als sie noch eine RWE-Ökostromtochter war. Neu in den Aufsichtsrat kommt auch Hauke Stars (54), ehemalige Vorständin der Deutschen Börse. Führen soll den Aufsichtsrat auch in Zukunft Werner Brandt (67).
Doch all diese Debatten sind nichts gegen die früheren Schlammschlachten rund um die Konzerngremien. Dieses Mal störte nur ein Hackerangriff auf die Übertragungssysteme die Hauptversammlung. Und so trat Schmitz auch ab mit einem besonderen Blick auf den Aufsichtsrat. Seine Abschiedsworte jedenfalls klangen versöhnlich: „Auch in harten Zeiten haben Sie hinter dem Unternehmen und mir gestanden, was sicherlich nicht einfach war.“