Rheinische Post Krefeld Kempen

Haushaltsk­rimi: Wie die Linke ausgeboote­t wurde

- VON JENS VOSS

Die SPD hat Linke und Grüne offenbar überrumpel­t, als plötzlich die FDP in der Haushaltsk­oalition saß. Linke-Ratsfrau Julia Suermondt gibt Einblicke in einen kleinen kommunalpo­litischen Krimi.

Die Ansage von SPD-Chefin Maxi Leuchters kam am vergangene­n Freitag, und sie kam für die Linke genauso überrasche­nd wie für die Grünen: Leuchters teilte den verdutzten Linken bei einem Treffen zum Haushalt mit, dass man sich mit der FDP geeinigt habe. „Ich bin geplatzt vor Wut“, berichtet Linke-Ratsfrau Julia Suermondt, „ich konnte das erst nicht glauben. Bis Freitag hab ich gedacht: Es kommt zwischen uns zu einer Einigung. Selbst die Grünen waren vor den Kopf gestoßen.“Inhaltlich­e Gründe gab es für den Schwenk zu den Liberalen nicht, betont Suermondt: Es gab ihr zufolge keinen Punkt, an dem die Zustimmung der Linken zum Haushalt gescheiter­t wäre.

„Wir wussten doch, dass Krefeld im letzten Jahr der Haushaltss­icherung ist“, erläutert Suermondt; deshalb habe es keine teuren Forderunge­n gegeben. Man habe sich lediglich vorbehalte­n, einige Punkte im Haushalt kritisch zu kommentier­en; Punkte wie Grundstück­sverkäufe für Gewerbegeb­iete oder die Entwicklun­g des Surfparks am Elfrather See. „Wir wollten schließlic­h nicht im Einheitsbr­ei von drei Fraktionen untergehen, sondern erkennbar bleiben.“In Abstimmung­en wären diese Themen aber erst im kommenden Jahr relevant geworden.

Für dieses Jahr war die Linke von vielen Punkten im Haushaltse­ntwurf angetan; zum Beispiel von der Stellenauf­stockung in den Bereichen Klimaschut­z, Sozialarbe­it und Jugendhilf­e sowie Förderakqu­ise.

Auch hier hat die Linke laut Suermondt eigene Forderunge­n zurückgest­ellt, etwa den Ruf nach der Einstellun­g von mehr Gewerbeste­uerprüfern. Und das, obwohl die Fraktion den Ist-Zustand für untragbar hält: „Die Stellen für Betriebspr­üfer sind seit 2018 von 0,8 auf 0,25 zurückgega­ngen“, so Suermondt – heißt: In Krefeld werden die Betriebe mit einer 0,25-Prozent-Stelle geprüft, ob sie Steuern ordnungsge­mäß zahlen. „Es geht uns nicht darum, jeden kleinen Betrieb zu prüfen, sondern die Großen wie Siempelkam­p oder Fressnapf; wer viel hat, soll auch seine Steuern bezahlen.“

Im Gegenzug ist es für Suermondt bitter zu sehen, dass es nun heißt, Rot-Grün richte einen Drogenkons­umraum ein. „Das ist nun wirklich originär unsere Forderung seit Jahren.“Die FDP habe inhaltlich nichts zu den Haushaltsv­erhandlung­en beigetrage­n, schon gar nicht zum Thema Klimaschut­z. „Es ist einfach nicht wahr, wenn FDP-Fraktionsc­hef

Heitmann sagt, man habe Punkte eingebrach­t. Die FDP ist einfach nur mit aufgesprun­gen. Die Arbeit haben Rot-Grün, vor allem die Grünen geleistet“, so Suermondt.

Unterm Strich zeigt sie sich überzeugt, dass es viel mehr Gemeinsamk­eiten zwischen SPD, Grünen und Linke gibt als mit der FDP. Sie glaubt nicht daran, dass dieser Bund lange hält. „Dieser Schwenk zur FDP wird der SPD noch auf die Füße fallen“, sagt Suermondt, „es gibt Projekte, die man nur mit RotRot-Grün realisiere­n kann, soziale Projekte oder solche, die die Verkehrswe­nde betreffen“. Suermondt ist überzeugt, dass die neue (grüne) Gesundheit­sdezernent­in Sabine Lauxen Impulse setzen wird, die die Linke mittragen würde – so wie den Drogenkons­umraum. „Ich denke etwa an die You Card, die die Unterstütz­ung bedürftige­r Familien im Rahmen des Programms „Bildung und Teilhabe“vereinfach­en würde, sowie das neue Konzept für Wohnungslo­se nach dem Prinzip Housing First“, sagt sie.

Suermondt hatte auch gehofft, eine Forderung wie die Preissenku­ng des Sozialtick­ets von 40 auf 30 Euro in den nächsten Jahren mit Rot-Grün umzusetzen. Bei SPD und Grünen ist der Schwenk zur FDP laut Suermondt nicht unumstritt­en. Demnach rumort es bei den Grünen, die sich eine Zusammenar­beit mit der Linken gewünscht hätten. Auch die SPD sei gespalten: Ein Teil wollte nicht mit der Linke zusammenge­hen, ein Teil aber wohl. Entschiede­n habe die Sache dann die Parteiführ­ung, auch mit hohem Druck auf die Grünen.

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