Rheinische Post Krefeld Kempen
Wie die neue Allianz Krefeld fit machen will
Die neue rot-grün-gelbe Allianz hat sich auf eine Vielzahl von Punkten geeinigt, mit denen sie die Stadt Krefeld trotz oder gerade wegen der schwierigen Corona-Zeiten fit für die nächsten Jahre machen will. Wie weit die Zusammenarbeit der drei Fraktionen in Zukunft gehen soll, darüber besteht offenbar noch kein echtes Einvernehmen.
Die Gesellschaft in Deutschland und in Krefeld befindet sich laut Benedikt Winzen (Fraktionsvorsitzender der SPD) in der „schwierigsten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg“. Um so wichtiger sei es, die Stadt Krefeld trotz der Corona-Pandemie „fit für die Zukunft zu machen“, sagte er. Auf dem Weg zu diesem Ziel stützen sich die Sozialdemokraten auf ihren Kooperationspartner von den Grünen und für viele überraschend auf die Freien Demokraten. Deren Fraktionschef Joachim C. Heitmann findet die neue Allianz aus Klimaschützern, Sozialdemokraten und Wirtschaftsliberalen „bemerkenswert“. An die Adresse der CDU als stärkste Ratsfraktion gerichtet, sagte er, die Christdemokraten hätten sich nie eingebracht und im Vorfeld der Haushaltsberatungen auch nicht den Weg zur FDP gesucht. „So ist in hervorragender Atmosphäre eine neue Dynamik entstanden“, berichtete Winzen. Heidi Matthias von den Grünen dämpfte die Euphorie und erklärte, dass „die Zusammenarbeit auf die Verabschiedung des städtischen Haushalts 2021 und der mittelfristigen Finanzplanung begrenzt ist“.
Die neue rot-grün-gelbe Allianz hat sich auf folgende Positionen geeinigt: Die Krefelder Stadtgesellschaft sei seit jeher vom Wesen des Miteinanders und der Integration geprägt, aber auch vom Willen, denjenigen Hilfe zu leisten, die sich selbst nicht helfen können. Dies sei eines der stärksten Pfunde in der Einwohnerschaft. Mit einer Anschubfinanzierung für den Drogenkonsumraum will die Allianz die Voraussetzungen dafür schaffen, dieses Projekt für die Drogenhilfe zeitnah umsetzen zu können. Ferner will sie das Thema Inklusion als Menschenrecht ernst nehmen und deshalb die Erstellung eines gesamtstädtischen Inklusionsplans veranlassen. „Durch die Pandemie verschärfen sich die sozialen Verwerfungen. Mit der Erhöhung der Mittel für die Obdachlosenhilfe werden wir die Situation in Krefeld verbessern. Des Weiteren verbessern wir die Unterstützung für die Bahnhofsmission und die Arbeit der Wohlfahrtsverbände. Krefeld für jedes Alter: Das Konzept der Generationengerechtigkeit muss zentraler Bestandteil kommunaler Nachhaltigkeitspolitik sein. Wird sie auf Bundesebene häufig primär aus Perspektive der sozialen Sicherungssysteme diskutiert, so sollte vor Ort in den Kommunen vielmehr die Frage der gerechten Verteilung der Lebenschancen und -qualität im Fokus stehen“, heißt es im gemeinsamen Antrag.
Um hier einen wesentlichen Beitrag leisten zu können, baue die Allianz die aufsuchende Sozialarbeit im Bereich der Jugendhilfe mit zwei zusätzlichen Stellen aus und setze so den Weg der besseren finanziellen und personellen Ausstattung aus den vergangenen Jahren fort. Ebenso stärke sie die Arbeit der Spielaktion Mobifant über einen Personalkostenzuschuss von 30.000 Euro.
Vor allem während der andauernden Pandemielage sei die Arbeit der Spielaktion Mobifant wertvoller denn je, heißt es.
Um den Herausforderungen des demographischen Wandels auch in der Stadt Krefeld im Sinne der Lebenschancen und Lebensqualität für alle Generationen erfolgreich begegnen zu können, brachten SPD, Grüne und FDP mit der Bereitstellung entsprechender Haushaltsmittel und der Finanzierung einer zusätzlichen Stelle die Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes zum Thema „Demographischer Wandel“auf den Weg.
„Es wird großer Anstrengungen bedürfen, nach der Corona-Krise die Vitalität unserer Stadt mit Einzelhandel, Gastronomie und Veranstaltungen wieder zu entfachen und zu einem gesellschaftlichen Leben mit Flanieren, Verweilen und Begegnungen zurück zu finden“, sagte Winzen. Umso wichtiger sei es, so bald wie möglich die Aufenthaltsqualität und Attraktivität in der Stadt zu erhöhen. Deshalb stelle die Allianz 100.000 Euro bereit, um kurzfristig mit kleineren Maßnahmen und Projektförderungen die Innenstadt zu stärken. Mittelfristig solle die Erstellung und Realisierung
eines Gesamtkonzeptes die Innenstadt deutlich aufwerten und zur Wohn- und Lebensqualität beitragen (wir berichteten). Damit die Bezirksvertretungen in ihren Quartieren mehr gemeinwohlorientierte Projekte und Initiativen unterstützen können, werden die bezirksbezogenen Mittel um 75 Prozent angehoben.
Lebendige Kultur sei nicht nur Teil städtischer Lebensqualität, sondern gleichwohl ein Katalysator für die gesellschaftliche, soziale und nachhaltige Entwicklung einer Kommune, betonte Heidi Matthias. Die grassierende Corona-Pandemie habe nachdrücklich aufgezeigt, wie sehr kulturelle Veranstaltungen in diesen Zeiten fehlten und unter welchen prekären Bedingungen viele Kulturschaffenden arbeiteten. Um dies aufzufangen, führe die Allianz den so genannten Corona-Hilfsfonds auch im Haushaltsjahr 2021 fort, um auf diese Weise bestehende freie Kultur-Orte zu erhalten und Kunst und Kultur weiterhin erlebund sichtbar zu machen. Flankiert werde dies von einer Bestands- und Bedarfsanalyse, um die Grundlage für die freie Kulturszene zu schaffen. Dafür stelle die Stadt entsprechende Mittel bereit, so Heidi Matthias.
Ebenso wie die lebendige Kulturlandschaft sei der Zoo integraler Bestandteil des Krefelder Stadtlebens. Seiner Bedeutung trägt die Allianz mit der Erhöhung des städtischen Betriebskostenzuschusses um 200.000 Euro für die Jahre 2021 bis 2023 sowie um 400.000 Euro für das Jahr 2024 Rechnung. Ferner solle so schnell wie möglich und so gründlich wie erforderlich ein Finanz- und Investitionsplan für den Bau des neuen Affenparks entstehen. „Das erwarten die vielen Kleinspender von uns“, sagte Heidi Matthias. Die Allianz geht von einer Größenordnung in Höhe 20 Millionen Euro aus. Mehr als zwei Millionen Euro seien bereits durch Spenden eingegangen. Der Zoo sei außerdem in die Lage versetzt worden, Grundstücke zu beleihen und Kredite aufzunehmen, informierte Heitmann, der lange Zeit dem Aufsichtsrat der gemeinnützigen Zoo-Gesellschaft vorsaß.
Für der Erhalt der Niepkuhlen und der Naturschutzgebiete wie Egelsberg und Latumer Bruch stelle die Allianz Geld und Personal zur Verfügung, um die anstehenden Probleme etwa mit dem Grundwasser im Nordbezirk zu lösen.
Ein großes Thema ist die Digitalisierung der Schulen und der Stadtverwaltung sowie der Aufbau einer Infrastruktur, die zum Beispiel der Wirtschaft Standortvorteile gewähre. Heitmanns Kritik fällt deutlich aus: „Die Digitalisierung an den Schulen steckt noch in den Kinderschuhen“, sagte er aus eigener Anschauung. Sein Sohn macht gerade Abitur. Mit der Beigeordneten Cigdem Berm habe die Stadtveraltung die richtige Person, um die Kommune zur Smart City zu entwickeln, sagte Torsten Hansen von den Grünen. Sie sei eine „digital Native“– also jemand, der gleichsam mit der Nähe zum Thema geboren ist.
Das Thema Klimapolitik erscheint detailiert in der morgigen Ausgabe.