Rheinische Post Krefeld Kempen
Landrat kritisiert kostenlose Tests an Grenze
Auch Niederländer können sich in den Testzentren in Nettetal kostenlos testen lassen. Der Landrat warnt vor einer höheren Mobilität an der Grenze.
NETTETAL Seit Mittwoch sind in den Niederlanden trotz weiterhin hoher Inzidenzwerte die Geschäfte wieder geöffnet und auch die Terrassen der Gastronomie können von 12 bis 18 Uhr aufgesucht werden. Bereits im Vorfeld der Lockerungen im Nachbarland hatte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) an die Bürger appelliert, nicht in die Niederlande zu fahren. Einkaufstourismus wird besonders für Samstag erwartet, der 1. Mai ist in den Niederlanden kein Feiertag wie in Deutschland.
Für den Kreis Viersen nimmt Landrat Andreas Coenen (CDU) ebenso wie seine Kollegen in den Kreisen Heinsberg und Borken eine kritische Haltung zu den Maßnahmen ein. Zwar hofft er, dass „unsere niederländischen Freunde die Lockerungen gut gegen die damit einhergehenden Risiken abgewogen“haben. Zu den Risiken gehöre aber auch, „dass Deutsche jetzt möglicherweise verstärkt in die Niederlande reisen, um die dortigen Angebote zu nutzen, gerade am 1. Mai, wenn die Geschäfte bei uns geschlossen sind. Die Niederlande sind aber Hochrisikogebiet. Ich appelliere daher an die Vernunft der Menschen: Bleiben Sie zu Hause. In der jetzigen Lage mit hochansteckenden Mutationen und schweren Verläufen helfen Sie, Menschenleben zu retten“, so Coenen weiter.
Er kritisiert zudem die Absicht des Bundesgesundheitsministeriums, das Angebot kostenloser Corona-Tests in Deutschland unabhängig vom Wohnort und damit auch für Bürger aus den Niederlanden verfügbar zu machen. Dabei denkt er weniger an die Kosten, die für den deutschen Steuerzahlern entstehen. „Vielmehr wird es zu einem Andrang von Menschen etwa aus den Niederlanden an den deutschen Teststellen im Grenzgebiet führen, wenn sie hier eine Leistung kostenlos bekommen, für die sie zu Hause zahlen müssen. Die so angekurbelte Mobilität aus einem Hochrisikogebiet nach Deutschland kann das Pandemiegeschehen befeuern. Das ist kontraproduktiv, erst recht, da in Deutschland gerade scharfe Lockdown-Maßnahmen gelten, um die hohe Zahl der Corona-Infektionen in den Griff zu bekommen.“
Entsprechend dieser Lageeinschätzung hat der Kreis am Mittwoch
erklärt, keine weiteren Anträge zur Errichtung von Teststellen mehr entgegenzunehmen. Im Kreis Viersen sei der Bedarf an Stellen, die einen Corona-Schnelltest anbieten, gedeckt. Nur bereits vorliegende Anträge werden noch bearbeitet.
In Nettetal herrschte bisher ein anderer Wind. Bürgermeister Christian Küsters (Grüne) hatte sich dafür eingesetzt, dass ein neues Testzentrum im Gewerbegebiet Nettetal-West aufmachen konnte.
Die Möglichkeit richte sich in erster Linie an Berufspendler und Mitarbeiter von Grenzunternehmen. In den sozialen Medien wird aber vor allem die Teststation vor einem Getränkemarkt kontrovers diskutiert. Die Discounter auf der Poststraße werden nach wie vor stark von Niederländern aufgesucht, auch die Tankstellen.
Beim aktuellen Nettetalk mit Silvia Schmidt machte Astrid Stelzer, Inhaberin des Herrenmodegeschäfts Fritz Schouren, deutlich, wie arg gebeutelt der gesamte Einzelhandel durch den Lockdown ist. Im Gespräch wurde auch angesprochen, dass es anders als in Lobberich in Kaldenkirchen sehr lange gedauert habe, bis ein größeres Testzentrum seinen Dienst aufgenommen habe. Einzelhandel und Gastronomie in Kaldenkirchen profitieren normalerweise erheblich vom kleinen Grenzverkehr. Claudia Willers, Vorsitzende des Werberings
„Kaldenkirchen aktiv“, hat sich unter den Mitgliedern umgehört. Während der Einzelhandel ein Drittel bis 40 Prozent niederländische Kunden hat, machen diese bei den Tankstellen rund die Hälfte aus. Bei der Gastronomie sind es sogar 60 Prozent und mehr.
In Kaldenkirchen ist das Testzentrum an der Zillessenallee nicht der erste Drive-In. Die Malteser betreiben zusammen mit dem THW vor der Werner-Jaeger-Halle an den Sportplätzen 2 in Lobberich eine Station. Der Kreis verweist auf rund 150 Anbieter im gesamten Kreisgebiet, bei denen sich jeder auf das Coronavirus testen lassen kann. Dies ist in vielen Arztpraxen und Apotheken sowie in privaten Testzentren möglich. Entsprechend verteilt sich der Andrang auf die Testzentren. So blieb es beim neuen Testzentrum an der Zillessenallee bisher sehr ruhig. Für ein Urteil, so Betreiber Justus Wenning, sei es aber noch zu früh.