Rheinische Post Krefeld Kempen
Ein Bürgermeister in Quarantäne
Rund 1400 Kontaktpersonen sind derzeit im Kreis Viersen wegen Corona in Quarantäne – darunter auch Willichs Bürgermeister Christian Pakusch. Hier berichtet er, wie er im Homeoffice arbeitet, zu Freunden Kontakt hält, den Kühlschrank auffüllt und wie er zu Hause Sport treibt.
Dass mir möglicherweise eine Quarantäne bevorstand, habe ich in der Nacht zum 13. April erfahren: Als ich gegen halb eins ins Schlafzimmer ging, sah ich auf meinem Handy, dass Willichs Feuerwehrchef Thomas Metzer versucht hatte, mich zu erreichen. Als ich zurückrief, sagte er mir, dass ich bei einer Dienstbesprechung tagsüber Kontakt zu einer Person gehabt hatte, die sich möglicherweise mit dem Coronavirus infiziert hatte.
Am Dienstagmorgen bestätigte sich der Verdacht, als die betreffende Person ein positives Schnelltestergebnis bekommen hatte und mir das mitgeteilt wurde. Schließlich hatte ich direkten Kontakt, weil wir bei der Besprechung 40 Minuten lang gemeinsam in einem Raum gesessen hatten – zwar mit dem notwendigen Abstand, aber halt gemeinsam für längere Zeit im selben Raum. Nachmittags war dann auch der PCR-Test der Person positiv.
Christian Pakusch Bürgermeister
Ich hatte mehrere Gedanken: Natürlich war da auch Sorge, weil es auch bei Jüngeren einen schweren Krankheitsverlauf geben kann. Man muss sich vor Augen halten, dass das Virus vor niemandem Halt macht. Auf der anderen Seite war da die organisatorische Ebene – schließlich mussten alle Termine abgesagt werden, und von denen habe ich als Bürgermeister jede Menge. Doch das haben meine Mitarbeiter für mich erledigt. Das Verständnis war überall groß, und ich habe die Situation auch bewusst sofort öffentlich gemacht, um mit gutem Beispiel voranzugehen. Ich appelliere schließlich schon seit Längerem an alle Mitarbeiter der Verwaltung, beim leisesten Verdacht auf eine Corona-Infektion zu Hause zu bleiben.
Als sich durch regelmäßige Tests herausstellte, dass ich mich nicht infiziert hatte, war ich erleichtert – schließlich habe ich mir auch Sorgen um meine Familie und andere Personen, zu denen ich Kontakt hatte, gemacht. Nun sind meine Frau und ich seit fast zwei Wochen zu Hause und arbeiten von hier aus. Ich muss ehrlich sagen, dass ich im Homeoffice noch produktiver bin als in meinem Büro im Schloss Neersen. Man hat einfach mehr Ruhe, es gibt bis auf Telefonate und Videokonferenzen keine Termine, und man kann sich mal richtig auf Dinge konzentrieren. So habe ich zum Beispiel die vielen Briefe, die mir Mädchen und Jungen auf Initiative des Kinderschutzbundes vor einigen Wochen geschrieben hatten, alle persönlich beantwortet. Das wäre im normalen
Alltag nicht möglich gewesen. Angenehm ist auch, dass ich bei schönem Wetter im Garten arbeiten und zwischendurch mal eine Pause und dann abends weiterarbeiten kann. Aber ich freue mich schon auf den schönen Ausblick in den Schlosspark von meinem Bürofenster aus – der ist noch toller als der Blick in unseren Garten.
Meine Mitarbeiter versorgen mich bei Bedarf mehrmals täglich mit den entsprechenden Unterlagen, die der
Fahrer dann vorbeibringt. Auch technisch klappt das Arbeiten von zu Hause aus hervorragend. Zum Glück sind wir mit der Digitalisierung der Stadtverwaltung im Vergleich zu anderen Kommunen schon sehr weit. Das gehört für mich zu einer modernen Verwaltung einfach dazu. Ich möchte, dass möglichst viele städtische Mitarbeiter, deren Aufgabengebiet es zulässt, mobil arbeiten können. Dazu braucht es einerseits die technische Ausstattung, andererseits einheitliche Regeln für alle Fachbereiche, damit untereinander kein Neid aufkommt. Kurzum: Das Arbeiten von zu Hause aus klappt gut – nur der Mobilfunkempfang ist hier in Niederheide nicht immer optimal, da fluche ich zwischendurch.
Als Freunde und Familie von unserer Quarantäne erfahren haben, haben sie sich mit Hilfsangeboten förmlich überschlagen. Das ist wirklich toll. Sie stellen uns die Einkäufe vor die Tür, insofern ist alles Bestens. Aber natürlich vermisse ich beruflich wie privat die persönlichen Kontakte. Ich bin Niederrheiner durch und durch und brauche das einfach – den Plausch mit Mitarbeitern zwischendurch. Am Telefon ist das einfach nicht das Gleiche. Ich brenne auf meine Rückkehr am Dienstag.
Was mir auch fehlt, ist das Joggen. Das ist für mich ein wichtiger Ausgleich. Wenn ich mir die Axt nehme und Holz schlage, um mich körperlich zu betätigen, will das schon was heißen. Außerdem haben wir im Keller einen Boxsack aufgehängt.
„Man muss sich vor Augen halten, dass das Virus vor niemandem Halt macht“
MARC SCHÜTZ FÜHRTE PROTOKOLL