Rheinische Post Krefeld Kempen
Jetzt sind die Kinder an der Reihe
Biontech/Pfizer hat die ImpfstoffZulassung für Personen ab zwölf Jahren beantragt. Es wäre das beste Mittel gegen die aktuell steigenden Fallzahlen unter den Jüngsten. Ärzte beobachten auch immer häufiger Long Covid bei Heranwachsenden.
anfälliger für mögliche Spätfolgen. So beobachteten Mediziner zuletzt häufiger das Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome (Pims) bei Kindern – eine tückische Spätfolge, bei der sich Organe und Blutgefäße entzünden können.
Long Covid beschreibt einen ganzen Strauß variierender Symptome. Dauerhafte Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Gelenkschmerzen und Depressionen beobachten Mediziner. Ähnlich wie bei Erwachsenen muss auch bei Kindern ein schwerer Corona-Verlauf nicht vorausgegangen sein, damit ein langes
Leiden folgt. Am Universitätsklinikum Jena hat man bereits eine interdisziplinäre Long-Covid-Ambulanz für Kinder eingerichtet. „Wir wissen, dass nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder leider in erheblichem Maß von Langzeitfolgen nach einer Covid-19-Infektion betroffen sein können. Und das nicht nur nach schweren Verläufen, sondern auch nach milden oder sogar symptomlosen Erkrankungen, wie es gerade bei Kindern oft der Fall ist“, wird Daniel Vilser, Leitender Oberarzt und Kardiologe in der Kinderklinik, in einer Pressemitteilung des Klinikums zitiert. Auch Markus Hufnagel, pädiatrischer Infektiologe vom Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsklinik Freiburg, warnte kürzlich im Bayerischen Rundfunk: „Das Problem wird derzeit eher größer als kleiner, wir sehen schon jetzt deutlich mehr Post-Covid-Fälle.“In Großbritannien hat sich bereits die Initiative „Long Covid Kids“gegründet. Sie ist auch in den sozialen Medien aktiv und verzeichnet nach eigenen Angaben derzeit einen massiven Zulauf von betroffenen Familien.
Axel Gerschlauer, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in Bonn, hat aus anderen Gründen Respekt vor dem Herbst: „Im vergangenen Winter haben die allermeisten Kinder kaum Kontakt mit den in dieser Jahreszeit üblichen Erregern gehabt. Meine Kollegen und ich fürchten daher im kommenden Herbst einen massiven Anstieg an Infektionen“, sagt er. Gerade bei Kleinkindern sei etwa eine dauerhafte Schnupfennase ein wichtiges Training für die Immunabwehr – auch im Hinblick auf die Entwicklung von Allergien. Covid-19 und mögliche Spätfolgen seien bisher nicht das beherrschende Thema in seiner Praxis und der seiner Kollegen gewesen, betont Gerschlauer. „Uns machen andere Dinge mehr Sorgen“, sagt der Facharzt und meint damit auch die Folgen von Bewegungsmangel und psychischen Belastungen der Kinder.
Auch andere Mediziner und Fachleute sehen hierzulande keinen Anlass für allzu große Ängste vor Covid-19 bei Kindern. In einer gemeinsamen Stellungnahme vom 21. April appellieren Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) und die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene, das Covid-19-Infektionsgeschehen bei Kindern ins richtige Verhältnis zu setzen: Demnach seien Kinder und Jugendliche in Deutschland weder besonders gefährdet, an Corona zu erkranken, noch prädestiniert für schwere Verläufe.
In ihrem Papier führen die Autoren Zahlen auf, die vom RKI und auch in einem eigenen Register der DGPI erhoben wurden. Nach deren Analyse kommen sie zu folgendem Schluss: „Die nun seit Beginn der Pandemie gemachte Beobachtung, dass von den schätzungsweise 14 Millionen Kindern und Jugendlichen in Deutschland nur etwa 1200 mit einer Sars-CoV-2-Infektion im Krankenhaus (weniger als 0,01 Prozent) behandelt werden mussten und vier an ihrer Infektion verstarben (weniger als 0,00002 Prozent), sollte Anlass sein, Eltern übergroße Sorgen vor einem schweren Krankheitsverlauf bei ihren Kindern zu nehmen.“