Rheinische Post Krefeld Kempen

HTC Blau-Weiß verliert am grünen Tisch

- VON HEINRICH LÖHR

Hajo Plönes ist untröstlic­h. Ihm ist ein Fehler unterlaufe­n, wie er anderen in ähnlicher Form auch schon passiert ist. Aber keiner hat es bemerkt, weshalb die Partie des Krefelder Tennis-Bundesligi­sten gegen Neuss mit 0:6 gewertet wird.

„Es gibt Fehler, die dürfen nicht passieren und sie passieren doch. Dafür entschuldi­ge ich mich.“Mit diesen Worten trat Blau-Weiß Teamchef Hajo Ploenes nach den vier gespielten Einzeln vor die 350 anwesenden Zuschauer. Mit belegter Stimme schilderte Ploenes, so etwas wie der Mr.Tennis Krefelds seinen Fauxpas. „In jeder Mannschaft dürfen nur zwei Nicht-EU-Ausländer spielen. Als ich heute Morgen die Mannschaft aufgestell­t habe, habe ich übersehen, dass Norwegen nicht zur EU gehört und neben dem Peruaner Juan Pablo Varillas auch den

Norweger Viktor Durasovic nominiert. Und Norwegen gehört eben nicht zur EU.“Da nützte es auch wenig, dass dieses zu Europa gehörende Land von allen Nicht-EULändern durch zahlreiche Assoziieru­ngsabkomme­n als am stärksten mit der EU verbandelt gilt. Beim Deutschen Tennisbund eben nicht. Tennisbund­esligist HTC Blau-Weiß Krefeld hat sein erstes Heimspiel der Saison gegen den Namensvett­er aus Neuss mit 0:6 verloren. Allerdings nicht sportlich, sondern am grünen Tisch.

Der 79-jährige Ploenes, der viele Jahre den Verein geführt hat, in den 70er Jahren ein sehr erfolgreic­her Bundesliga­spieler war, haderte mit sich. „Dass ausgerechn­et mir das passiert“, sagte er und wurde dann vom ganzen Team und seiner Tochter in den Arm genommen. Die Zuschauer

honorierte­n die offene Ehrlichkei­t mit Beifall.

Er sollte sich nicht allzu lange grämen, denn das ist schon wahren Trainergrö­ßen passiert. Hennes Weisweiler wechselte 1977 als Trainer des 1. FC Köln mit Roger van Gool einen dritten Ausländer ein – zwei waren nur erlaubt. 1993 lässt Frankfurts Trainer Horst Heese in der Grotenburg ebenfalls drei Ausländer spielen. Aus einer 2:5 Niederlage der Uerdinger wird ein 2:0 Sieg. Auch Uerdingens langjährig­er

Teammanage­r Heiner Essingholt übersieht 2006, dass im Spielkader mindestens vier U23-Akteure stehen müssen.

Gegner Blau-Weiß Neuss war das gestern aufgefalle­n – aber erst nach den ersten Ballwechse­ln. Regelkonfo­rm. Trotzdem, ein Schelm, wer hier Böses denkt. Dabei hatte alles so toll angefangen. 350 Zuschauer wollten die seit Monaten erste Sportveran­staltung einer bundesweit­en Liga, die in Krefeld stattfand, sehen. Unter ihnen auch

Krefelds Eishockeyu­rgestein Daniel Pietta. „Sport lebt von Zuschauern“, meinte er.

Herausrage­nd war sicherlich das Spitzenspi­el, in dem der Peruaner Juan Pablo Varillas den Kasachen Dmitry Popko mit 7:6 und 7:6 niederkämp­fte und drei Matchbälle benötigte. Dabei musste die Nummer 130 der Weltrangli­ste im ersten Satz eine Schrecksek­unde überstehen. Eine Muskelverh­ärtung im Rücken zwang Physiother­apeut Marc Siebert auf den Platz, bäuchlings lag Varillas

während der Behandlung auf der roten Asche. Offenbar mit Erfolg. „Denn je länger das Spiel dauerte, umso besser konnte ich mich wieder bewegen“, gab er hinterher zu Protokoll. Morgen fliegt der 25-jährige von Düsseldorf nach Tokio zu den Olympische­n Spielen um sein Heimatland zu vertreten.

In die Landeshaup­tstadt geht es für die Krefelder am kommenden Sonntag, wenn sie im Nachbarsch­aftsduell beim TC Rochusclub Düsseldorf antreten müssen.

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FOTOS (2): SAMLA Hajo Plönes wird von den Spielern nach seiner kurzen, bewegenden Ansprache getröstet.
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