Rheinische Post Krefeld Kempen
Olschowsky hat die Nase vorerst vorn
Der 19-Jährige wird wohl als Nummer drei der Borussen in die Saison gehen, der 20-Jährige Jonas Kersken ist der Herausforderer. Das ist aber nicht in Stein gemeißelt. In beiden Talenten sieht Torwarttrainer Uwe Kamps etwas Besonderes.
HARSEWINKEL Jan Olschowsky ärgerte sich. Der Schuss des Paderborners Jannis Heuer war am Samstag unter seinem Körper durchgerutscht ins Tor, zuvor hatte Borussias junger Torhüter einen Versuch von der Strafraumgrenze zur Seite abgewehrt, dann nutzte Heuer im Nachschuss die Gelegenheit zum 2:0. Später, bevor Dennis Srbeny zum 3:1-Endstand traf im Testspiel, flog Olschowsky unter der Flanke von Uwe Hünemeier durch. Es war nicht sein Tag.
Es ist vieles geklärt in der Torwartfrage bei den Borussen. Yann Sommer, der nach dem EM-Urlaub am 26. Juli wieder da sein wird, ist die Nummer eins. Tobias Sippel ist sein Stellvertreter. Da aber Max Grün, der dritte Torwart, weg ist, ist dieser Kaderplatz vakant. Und um den bewerben sich, nachdem jetzt Moritz Nicolas an Viktoria Köln ausgeliehen wurde, Olschowsky (19) und Kersken (20).
„Jonas ist unser Rookie. Er ist einen anderen Weg gegangen, nicht durch ein Nachwuchsleistungszentrum. Das zeigt, wie groß sein Talent ist“, sagt Chef-Torwarttrainer Uwe Kamps. Der gebürtige Düsseldorfer Kersken kam 2019 aus der U19 von Rot-Weiß Essen. Er ist reaktionsschnell, stark im Eins-gegen eins und bei hohen Bällen. Mit seinen 192 Zentimetern Körperlänge ist er für Gladbacher Verhältnisse ein etwas anderer Torwart, denn der Rest der Keeper-Riege ist ein bisschen mehr als 1,80 Meter groß.
Olschowsky ist ein Borussia-Eigengewächs, er gilt als Musterschüler von Kamps. Olschowsky kam 2009 vom SV Glehn und durchlief seitdem alle Jugendteams. 2020 bekam er einen Profivertrag bis 2023. „Jan entwickelt sich ständig weiter, er macht einen sehr guten Eindruck“, sagte Kamps unserer Redaktion. „Wir haben inklusive Moritz drei sehr talentierte Nachwuchstorhüter. Sie sind sehr unterschiedlich, jeder hat für sich besondere Fähigkeiten“, sagte Kamps.
In der vergangenen Saison haben sich Olschowsky und Kersken in der U23 weitgehend abgewechselt, Ersterer machte 26 Spiele, Letzterer 18. Jetzt wird einer das Etikett „Nummer 3“bekommen. „Es gilt, was Max Eberl gesagt hat: Die Jungs werden ihre Spiele bekommen, dann können wir sagen: Der ist der bessere“, sagte Kamps mit Blick auf den Job als dritter Torwart bei den Profis. „Im Moment muss ich aufgrund der Spiele, die Jan gemacht hat, sagen, dass er die Nase vorn hat. Jonas hat die Rolle des Herausforderers“, gesteht Kamps. Da aber längst nicht alles in Stein gemeißelt ist, war das Paderborn-Spiel für Olschowsky tatsächlich ein Ärgernis. Am Samstag gegen den FC Metz dürfte Kersken die Chance bekommen, sich zu zeigen.
Künftig soll es dann auch nicht immer darum gehen, Ersatzmann vom Ersatzmann zu sein, sondern mehr. „Natürlich ist es unser Ziel, wieder mal eine Nummer eins selbst auszubilden“, sagt Kamps. Wie Marc-André ter Stegen, der die erste selbstgemachte Nummer eins der Borussen war. Die Messlatte ist indes hoch mit Yann Sommer. Dem hat der früherer Gladbach-Torwart Jörg Stiel in den K.o.-Spielen der EM Weltklasse-Leistungen attestiert. „Yann hat eine herausragende EM gespielt. Aber wenn man unsere Talente
„Jonas hat die Rolle des Herausforderers“
mit ihm vergleicht, muss man auch schauen, wo Yann mit 18 oder 20 war“, sagte Kamps.
Dass der dritte Torwart nun wieder ein Talent ist und nicht mehr ein Routinier wie Grün gehört zum neuen Jugenstil bei Borussia. Generell würde sich Kamps wünschen, dass die deutschen Nachwuchstorhüter in der Bundesliga wieder mehr Vertrauen bekommen. „Die Jungs müssen ihre Chancen bekommen. Bevor man einen durchschnittlichen Torwart-Routinier aus dem Ausland holt, sollte man darüber nachdenken, ob im eigenen Stall kein Torwart ist, der ebenso gut ist“, sagt Kamps.
In Gladbach gibt es zumindest Anwärter, doch wann es den nächsten ter Stegen geben wird, bleibt abzuwarten. Yann Sommer ist 32 Jahre alt, doch haben Torhüter zuweilen eine bemerkenswerte Ausdauer, was die Dauer ihrer Karriere angeht. Erst einmal gilt es, die Frage nach der Nummer drei für die nächste Saison zu klären. Der Weg zum Pflichtspieleinsatz im Profi-Team ist von dort an dann immer noch ein extrem langer.
Torwarttrainer Uwe Kamps