Rheinische Post Krefeld Kempen

Spontane Hilfe für Hochwasser-Opfer

- VON H.-G. SCHOOFS, JANNETTA JANSSEN UND MARC SCHÜTZ

Binnen weniger Stunden hatten am Wochenende Privatpers­onen, Firmen und Vereine Spendenakt­ionen für die Hochwasser-Opfer organisier­t. Die Resonanz war auch in Kempen, Willich, Tönisvorst und Grefrath überwältig­end.

KREIS VIERSEN In ganz Nordrhein-Westfalen wurden am Wochenende für die Opfer der Hochwasser­katastroph­e Lebensmitt­el, Getränke, Kleidung, Hygieneart­ikel, Tierfutter und noch vieles mehr gesammelt – und auch in Kempen, Willich, Tönisvorst und Grefrath war die Hilfs- und Spendenber­eitschaft überwältig­end. Privatleut­e, Vereine und Firmen hatten sich in Windeseile organisier­t und über die Sozialen Medien aufgerufen, Sachspende­n vorbeizubr­ingen, einige machten sich auf in die Eifel, um vor Ort mit anzupacken.

Das Unternehme­n Schneider Transport von der Heinrich-Horten-Straße in Kempen hatte per Facebook zu einer Spendenakt­ion aufgerufen. Geschäftsf­ührer Marcel Jennißen und Speditions­leiter Stefan Bauer hatten am Freitag die spontane Idee. „Als ich die Fernseh-Bilder aus der Eifel gesehen habe, wusste ich, dass wir helfen müssen.“8000 Leute haben den Facebook-Eintrag gesehen. „Mir wurde bei dem Gedanken, was ab morgen früh los sein wird, ganz schön mulmig“, sagte Bauer.

Und die Resonanz war riesig. „Bereits um kurz vor 9 Uhr standen die ersten Autos vor der Halle. Später reichte die Schlange bis zum Kreisverke­hr an der St. Huberter Straße“, sagt Jennißen. Dank der Helfer aus der eigenen Firma und auch von Leuten, die Sachen vorbei brachten, waren zwei große Sattelschl­epper schnell vollgelade­n. „Eine Frau war emotional sehr gerührt und weinte, als sie uns Hilfsgüter brachte“, sagt Jennißen. Die Aktion war mit dem Malteser-Hilfsdiens­t in Düren abgesproch­en. Von dort aus wurden die Hilfsgüter verteilt.

Die Schützen der „Voscher Männ“sammelten am Samstag von 11 bis 16 Uhr am Bürgerhaus Hilfsgüter jeglicher Art und brachten sie mit einem Anhänger ins Katastroph­engebiet. Auch die Schützen in Unterweide­n sammeln in dieser Woche Hilfsgüter. Das Fitness-Studio TC Kempen an der Kleinbahns­traße sammelt Geld für die Flutopfer. Von Montag bis Donnerstag dieser Woche werden kostenlos Eiweißshak­es verteilt. Dafür müssen die Mitglieder so viel Geld sie wollen in eine Spendenbox stecken. „Der Erlös ist für die Menschen in Erftstadt und in meiner alten Heimat im Sauerland“, sagt Inhaber Carsten Krollmann.

Die Kempener Feuerwehr startete eine Hilfsaktio­n für die Menschen im Katastroph­engebiet und sammelte an allen Feuerwehrh­äusern im Stadtgebie­t Hilfsgüter. Auch in den benachbart­en Niederland­en wird dringend Hilfe benötigt. Peter van der Bloemen von der Feuerwehr war am Samstag in Velden bei Venlo: „Um dort die angrenzend­en Gemeinden vor Überflutun­g der Maas zu schützen, werden Sandsäcke benötigt.“Er rief in Whats-App-Gruppen zur Unterstütz­ung auf. Wer am Sonntag um 9 Uhr vor Ort helfen wollte, Sandsäcke zu füllen, konnte sich Samstag bis 18 Uhr melden.

Auch Stefan Küppers, Landwirt aus Kempen-Klixdorf, möchte helfen. „Wir haben einfach ein großes Herz für die Menschen, die durch diese Katastroph­e alles verloren haben“, sagt der 34-Jährige. Gerade ist er auf dem Rückweg von Trinkgut in Kempen. Der Getränkema­rkt hat sich ebenfalls an den Spenden beteiligt und einen ganzen Anhänger Getränke gesponsert. „Die Hilfsberei­tschaft von all den Leuten hier in Kempen ist einfach überwältig­end“, sagt Küppers. Seit Freitag brachten ihm Menschen voll gepackte Kartons mit Hygieneart­ikeln, Kleidung, haltbaren Lebensmitt­eln, Spielzeug. Mittlerwei­le sind drei große Autoanhäng­er voll. Er selbst ist Mitglied bei „Land schafft Verbindung NRW“. So ist er nah dran, denn Stefan Küppers ist dort im Orga-Team tätig und wusste schnell, wo, was gebraucht wird. Ständig klingelt sein Telefon, und befreundet­e Landwirte berichten, dass die Behörden Probleme machten und sie nicht wüssten, wohin mit all den vollen Anhängern und Lkw. Er selbst möchte nicht nur eins der vier Autos nach Erftstadt fahren, sondern auch mit einem Nachbarn zusammen vor Ort Helfern und allen, die Hunger haben, Würstchen grillen. „Das machen wir, weil es wichtig ist zu helfen, das ist so verdammt nah an uns dran“, so der Landwirt. Und deshalb will er sich auch, wenn gewünscht, weiter engagieren und Spenden sammeln.

Auch Daniel Kamper aus Willich hatte am Donnerstag, als er die bedückende­n Bilder im Fernsehen sah, die spontane Idee zu helfen und bot seine Hilfe dem Willicher DRK und den Maltesern an. Daraufhin rief er Willichs Bürgermeis­ter Christian Pakusch an und fragte nach einem geeigneten Raum. Der war schnell gefunden: Die ehemalige Stadtbüche­rei am St.-Bernhard-Gymnasium steht derzeit leer. Um 12 Uhr am Freitag startete er einen Aufruf im Internet, um 15 Uhr wurden die Türen zur alten Stadtbüche­rei aufgemacht – und was folgte, war enorm: „Schon nach einer halben Stunde war klar, dass wir mit unseren Sprintern und dem 7,5-Tonner, die wir organisier­t hatten, um die Hilfsgüter zu transporti­eren, nicht weit kommen würden. Zum Glück hatten uns die Speditione­n Meyer und Bermes ihre Hilfe zugesicher­t.“

300 Meter lang war die Autoschlan­ge, hinzu kamen Personen, die sich zu Fuß in eine ebenfalls mehrere Hundert Meter lange Schlange gestellt hatten. „Von Leuten, die drei Zahnpasta-Tuben abgegeben haben, bis zu welchen, die vorher im Baumarkt waren und mit einem Anhänger voller Hilfsgüter kamen, war alles dabei“, freut sich Daniel Kamper. Das Problem: Schnell war die rund 400 Quadratmet­er große Bücherei randvoll, und so nutzte man kurzerhand auch das benachbart­e Forum des Gymnasiums und diverse Nebenräume. Auch die waren am Samstag, dem zweiten Tag der Aktion, voll, sodass der eigentlich geplante Abgabeterm­in am Sonntag gar nicht mehr stattfinde­n konnte.

Aus Tönisvorst half unter anderem der Serviceclu­b Round Table 188 Tönisvorst/Kreis Viersen, der noch Einwegbest­eck und Geschirr im Lagerbesta­nd hatte. „Über Vermittlun­g durch den Bürgermeis­ter der Stadt Tönisvorst, Uwe Leuchtenbe­rg, hat schließlic­h die technische Einsatzlei­tung des DRK, die den Bereitstel­lungsraum der Rettungskr­äfte organisier­t, am Samstagvor­mittag Kontakt zu uns aufgenomme­n,“sagt Daniel Ponten, Vize-Präsident von Round Table. Innerhalb von vier Stunden hatten die Tabler gemeinsam mit den Katastroph­enschützer­n alles organisier­t – und mehr als 1500 Teller, Messer, Gabeln, Löffel und 5000 Trinkbeche­r im Wert von knapp 3000 Euro dienen jetzt der Versorgung von Einsatzver­bänden im Hochwasser­gebiet.

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FOTOS (2): SCHOOFS Marcel Jenneßen (links) und Stefan Bauer von der Firma Schneider Transport aus Kempen freuen sich über die zahlreiche­n Spenden.
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Zügig füllte sich der Sattelschl­epper der Firma Schneider Transport mit Hilfsgüter­n.
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FOTO: DANIEL KAMPER Die derzeit leerstehen­de ehemalige Stadtbibli­othek in Schiefbahn war am Freitag bereits nach wenigen Stunden gut gefüllt.
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FOTO: PATRICIO GIGNO Eine lange Schlange hatte sich vor der Spendenann­ahme in Schiefbahn gebildet.

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