Rheinische Post Krefeld Kempen
Mit der Nähmaschine um die Welt
Uschi Blersch ist selbstständige Schneiderin und Designerin. In ihrem Beruf ist sie schon viel herumgekommen. In Krefeld hat die 67-Jährige nun ein Atelier, von dort betreibt sie ihren eigenen Online-Shop „Weltgewand-t“. Warum sie ihre Arbeit liebt.
Wer Uschi Blerschs Atelier betritt, dem ist, als betrete er ihr Zuhause. Und irgendwie ist es das auch. Denn die meiste Zeit verbringt die 67-jährige Schneiderin und Designerin hier, an der Corneliusstraße. Der Blick fällt zunächst auf die zahlreichen selbst entworfenen Kleiderständer, an denen Uschi Blerschs designte Modelle hängen: T-Shirts, Jacken, Pullover, Hosen. Daneben gibt es eine kleine Umkleidekabine, Fotografiezubehör steht herum, links dann ein Tisch mit Stoffen übersät. Aus einer Ecke ragt eine riesige Pflanze in den Raum.
Vor drei Jahren ist Uschi Blersch in das Atelier gezogen. Seit 30 Jahren lebt sie nun in der Stadt. Die Wahl-Krefelderin liebt ihren Job, auch wenn er sehr anstrengend, nervenaufreibend und zeitintensiv sei – und sie ihn „nicht wegen des Geldes“ausübt, wie die Schneiderin
lachend ergänzt. „Es ist Arbeit der Arbeit wegen.“Eine Arbeit, die sie liebt. In hrem Beruf brauche es viel Leidenschaft und Durchhaltevermögen, sagt Uschi Blersch. Sie würde trotzdem nie etwas anderes machen wollen. Und auch mit 67 Jahren denkt sie noch lange nicht an den Ruhestand.
In Kontakt mit einer Nähmaschine kam die Designerin und Schneiderin
bereits als Kleinkind. Ihre Großmutter, bei der sie die ersten Jahren ihres Lebens gelebt hat, besaß einen Laden, in dem sie die Maschinen und Zubehör verkaufte. Ihr Onkel war Stoffvertreter. „Ich habe schon im Laufstall mit Stoffen gespielt“, erzählt Uschi Blersch. Bei besonderen Anlässen sei die gebürtige Oberschwäbin zudem von einer Schneiderin eingekleidet worden.
„Ich hatte also schon sehr früh viele Berührungspunkte mit meinem heutigen Beruf“, sagt Uschi Blersch.
Nach Erreichen der mittleren Reife hat Blersch dann auch eine Lehre als Maßschneiderin für Damenmode begonnen. Eine harte Zeit sei das gewesen. Damals habe man auch samstags arbeiten müssen. Ihre Lehrstelle habe sie schließlich gewechselt, wegen der „unmöglichen
Bedingungen“. Dann wurde es besser. Mit Lehrzeitverkürzung konnte Uschi Blersch ihre Lehre nach zweieinhalb Jahren erfolgreich beenden.
Sie zog weg aus der Heimat, nach Stuttgart, wo sie Modedesign studierte, sich anschließend selbstständig machte und in der Welt herumreiste. Für diverse Firmen in Italien, Indien, Deutschland und der Schweiz entwickelt sie fortan freiberuflich Kollektionen. „Im Ausland habe ich nach neuen Mustern und Stoffen gesucht, und viele Erfahrungen gesammelt. Dort wurde ganz anders gearbeitet, ganz anders genäht“, erzählt Blersch. „Meine Auslandsreisen haben mich geprägt.“
Ein Freigeist sei sie aber schon immer gewesen. Doch die Selbstständigkeit ist für Schneider und Designer nur ein möglicher Weg von vielen. Wer diesen Beruf ausüben möchte, kann sich zunächst zwischen einer Ausbildung als Maßschneider oder Modedesigner und einem Studium in Modedesign entscheiden. Ersteres dauert zwei bis drei Jahre und kann in manchen Fällen auch kombiniert werden, letzteres geht über etwa sechs bis acht Semester. Anschließend kann es in viele Richtungen weitergehen. Als Neuling kann es mitunter schwierig sein, freiberuflich in der Branche Fuß zu fassen. Eine andere Möglichkeit mit mehr Sicherheiten wie einem festen Einkommen ist eine Anstellung bei einem Unternehmen, wie einem Modelabel, einer Modeagentur oder einer Kostümmacherei.
Die Verdienstmöglichkeiten sind entsprechend der verschiedenen möglichen Laufbahnrichtungen sehr unterschiedlich. „Viel Geld lässt sich aber in der Regel mit unserem Beruf nicht machen“, sagt Uschi Blersch.
Für sie hat das Modedesign aber viele positive Aspekte, die die Nachteile aufwiegen würden. Zu den schönsten Seiten, gerade bei ihr als selbstständige Modedesignerin, zählten unter anderem die große Freiheit, ihre Kreativität voll ausleben zu können.
Uschi Blersch verbringt viel Zeit in ihrem Atelier, in Arbeitsstunden könne man das gar nicht bemessen, sagt sie. Für ihren Beruf brauche es viel Leidenschaft, ein gewisses betriebswirtschaftliches Verständnis, Durchhaltevermögen und Geschicklichkeit. Und vor allem müsse man belastbar sein.
Doch auch nach all den Jahren mache ihr die Arbeit noch immer sehr viel Spaß und fülle sie aus. „Ich genieße es, schöpferisch tätig zu sein“, formuliert die 67-Jährige. Sie hatte sich zum Ziel gesetzt, langlebige Mode zu designen, die nicht alltäglich ist. Mit Liebe zum Detail, ein Gegensatz zur Fast-Fashion. Mode, die sich von dem, was im Einzelhandel erhältlich ist, abhebt. Dieses Ziel hat sie erreicht. Vom Entwurf und Schnittmuster über das Nähen bis zum Verpacken und Verschicken macht sie alles selbst. „Es ist sehr intensiv“, sagt sie. „Aber es ist genau das, was ich immer machen wollte.“