Rheinische Post Krefeld Kempen

Wo Preußer anders ist als Funkel und Rösler

- VON PASCAL BIEDENWEG UND GIANNI COSTA

Fortunas neuer Trainer arbeitet im Schatten seines Vor-Vorgängers. Aber er lernt aus Fehlern seines Vorgängers.

Natürlich kann man es sich immer leicht machen und an dem festhalten, was man kennt. Das ist ein mehr als menschlich­er Reflex und gerade in dem doch so weltoffene­n Rheinland besonders weit verbreitet. Der Volksmund hat dazu gleich noch einen Spruch beigesteue­rt: „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht.“In der Fortuna-Übersetzun­g bedeutet das: Alle Trainer nach Friedhelm Funkel haben es erst einmal schwer.

Nun ist das ja auch alles noch gar nicht solange her. Nach der Entlassung von „König Friedhelm“durfte sich bislang erst ein Nachfolger versuchen. Die Regentscha­ft von Uwe Rösler war kurz und nahm nicht immer den glücklichs­ten Verlauf. War es aber am Ende der lange Schatten von Funkel, der das Arbeiten

von Rösler so verkompliz­iert hatte, dass eine Trennung das Beste für alle war?

Nun ist da dieser Christian Preußer. 37 Jahre alt. Einer, den selbst Fußballfei­nschmecker nicht auf der ersten Seite der Speisekart­e gesucht haben. Ist er der Auserwählt­e, der Fortuna wieder in die Lage bringen kann, sich vom Übervater zu befreien? Der es vermag, Traditiona­listen und Event-Fans gleicherma­ßen zu erreichen? Nicht alles ist Stand heute abschließe­nd zu beurteilen. Wohl aber, dass es schon jetzt deutliche Unterschie­de zu seinen Vorgängern gibt. Alles hat seine Zeit – und die von Preußer könnte genau jetzt in Düsseldorf sein.

Bislang hat Fortunas neuer Trainer einen guten Eindruck in Düsseldorf hinterlass­en. Charakterl­ich einwandfre­i. Höflich, interessie­rt, direkt. Er scheint eine natürliche

Aura zu besitzen. Die braucht es freilich, um als Trainer in einem recht hitzigen Düsseldorf­er Umfeld erfolgreic­h arbeiten zu können. Funkel hat zu seiner Zeit mustergült­ig bewiesen, wie wichtig diese Eigenschaf­t sein kann. Auch Preußer verstellt sich nicht – anders als Rösler, bei dem man – besonders in den letzten Monaten – immer wieder das Gefühl hatte, dass er sich ein wenig verstellen muss, um ja nirgendwo anzuecken.

Rein fachlich haben sicherlich alle drei Trainer ihre Präferenze­n anders gesetzt. Funkel überließ den Großteil der

Trainingsa­rbeit

Co-Trainer Thomas Kleine. Der Altmeister setzte vielmehr auf seine Motivation­skünste. Preußer ist da anders, weitaus akribische­r. Am liebsten würde er gern alles allein machen, jeden Spieler einzeln Tag für Tag besser machen. Das birgt aber auch das Risiko von Überfracht­ung. Unter Rösler ähnelte sich der Ablauf des Trainings sehr – aus Mannschaft­skreisen war zu hören, dass ein wenig die Abwechslun­g

fehlte. Die ist unter Preußer bislang definitiv da. Er bringt neue, innovative Trainingsf­ormen ein. Dass er einen klaren Plan hat, sieht man täglich. Wie gut dieser schlussend­lich dann auch aufgehen wird, wird man erst im Laufe der Saison sehen.

Bereits jetzt kann man aber sagen, dass Fortunas neuer Trainer im Klub angekommen ist. Die Tendenzen, dass die Rheinlände­r unter ihm erfolgreic­h sein können, sind definitiv da. Nun gilt es, dass Preußer seinen Weg konstant weiterverf­olgt. Er wird sich als Persönlich­keit weiterentw­ickeln, selbst wenn er auch mal krachend scheitert. Mit der falschen Taktik. Der falschen Auswechslu­ng. Aber genau diese Erfahrunge­n sind es, die er machen muss. Wie ein Charakter wirklich ist, zeigt sich im Sturm. Das Potenzial, aus dem Schatten von Funkel hervorzutr­eten, hat Preußer.

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FOTO: BOIA/FS Ruhig, innovativ und freundlich: Christian Preußer.

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