Rheinische Post Krefeld Kempen
Wo Preußer anders ist als Funkel und Rösler
Fortunas neuer Trainer arbeitet im Schatten seines Vor-Vorgängers. Aber er lernt aus Fehlern seines Vorgängers.
Natürlich kann man es sich immer leicht machen und an dem festhalten, was man kennt. Das ist ein mehr als menschlicher Reflex und gerade in dem doch so weltoffenen Rheinland besonders weit verbreitet. Der Volksmund hat dazu gleich noch einen Spruch beigesteuert: „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht.“In der Fortuna-Übersetzung bedeutet das: Alle Trainer nach Friedhelm Funkel haben es erst einmal schwer.
Nun ist das ja auch alles noch gar nicht solange her. Nach der Entlassung von „König Friedhelm“durfte sich bislang erst ein Nachfolger versuchen. Die Regentschaft von Uwe Rösler war kurz und nahm nicht immer den glücklichsten Verlauf. War es aber am Ende der lange Schatten von Funkel, der das Arbeiten
von Rösler so verkompliziert hatte, dass eine Trennung das Beste für alle war?
Nun ist da dieser Christian Preußer. 37 Jahre alt. Einer, den selbst Fußballfeinschmecker nicht auf der ersten Seite der Speisekarte gesucht haben. Ist er der Auserwählte, der Fortuna wieder in die Lage bringen kann, sich vom Übervater zu befreien? Der es vermag, Traditionalisten und Event-Fans gleichermaßen zu erreichen? Nicht alles ist Stand heute abschließend zu beurteilen. Wohl aber, dass es schon jetzt deutliche Unterschiede zu seinen Vorgängern gibt. Alles hat seine Zeit – und die von Preußer könnte genau jetzt in Düsseldorf sein.
Bislang hat Fortunas neuer Trainer einen guten Eindruck in Düsseldorf hinterlassen. Charakterlich einwandfrei. Höflich, interessiert, direkt. Er scheint eine natürliche
Aura zu besitzen. Die braucht es freilich, um als Trainer in einem recht hitzigen Düsseldorfer Umfeld erfolgreich arbeiten zu können. Funkel hat zu seiner Zeit mustergültig bewiesen, wie wichtig diese Eigenschaft sein kann. Auch Preußer verstellt sich nicht – anders als Rösler, bei dem man – besonders in den letzten Monaten – immer wieder das Gefühl hatte, dass er sich ein wenig verstellen muss, um ja nirgendwo anzuecken.
Rein fachlich haben sicherlich alle drei Trainer ihre Präferenzen anders gesetzt. Funkel überließ den Großteil der
Trainingsarbeit
Co-Trainer Thomas Kleine. Der Altmeister setzte vielmehr auf seine Motivationskünste. Preußer ist da anders, weitaus akribischer. Am liebsten würde er gern alles allein machen, jeden Spieler einzeln Tag für Tag besser machen. Das birgt aber auch das Risiko von Überfrachtung. Unter Rösler ähnelte sich der Ablauf des Trainings sehr – aus Mannschaftskreisen war zu hören, dass ein wenig die Abwechslung
fehlte. Die ist unter Preußer bislang definitiv da. Er bringt neue, innovative Trainingsformen ein. Dass er einen klaren Plan hat, sieht man täglich. Wie gut dieser schlussendlich dann auch aufgehen wird, wird man erst im Laufe der Saison sehen.
Bereits jetzt kann man aber sagen, dass Fortunas neuer Trainer im Klub angekommen ist. Die Tendenzen, dass die Rheinländer unter ihm erfolgreich sein können, sind definitiv da. Nun gilt es, dass Preußer seinen Weg konstant weiterverfolgt. Er wird sich als Persönlichkeit weiterentwickeln, selbst wenn er auch mal krachend scheitert. Mit der falschen Taktik. Der falschen Auswechslung. Aber genau diese Erfahrungen sind es, die er machen muss. Wie ein Charakter wirklich ist, zeigt sich im Sturm. Das Potenzial, aus dem Schatten von Funkel hervorzutreten, hat Preußer.