Rheinische Post Krefeld Kempen
Stadt gibt Gutachten über NS-Vergangenheit Steegers in Auftrag
(vo) Die Stadt Krefeld hat ein biographisches Gutachten über den ehemaligen Museumsleiter und Wissenschaftler Professor Albert Steeger (1885-1958) in Auftrag gegeben, dem im Ortsteil Linn eine Straße gewidmet ist. Das wurde in der jüngsten Sitzung der Straßennamen-Kommission bekannt gegeben. Hintergrund ist die Entscheidung des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR), den seit 1956 bestehenden Albert-Steeger-Preis in „LVR-Wissenschaftspreis“umzubenennen. Als Ergebnis einer vom LVR beauftragten und 2021 vorgestellten Studie sei Steeger zwar als NSDAP-Mitglied kein „überzeugter Nationalsozialist“gewesen, seine Nähe zum Regime jedoch größer als bislang angenommen. Die Studie ist in Krefeld umstritten.
Die neuen Studienerkenntnisse bildeten die Basis für die Umbenennung des LVRPreises. Weil Steeger und seine umfangreiche Forschung für die Krefelder Stadtgeschichte von hoher Bedeutung sind, die Studie jedoch vorhandene und zugängliche Quellen sowie Dokumente zu dem Thema möglicherweise nicht berücksichtigt hat, soll eine erweiterte Untersuchung erfolgen. Damit wurde Professor Dr. Joachim Scholtyseck vom Institut für Geschichtswissenschaft der Universität Bonn von der Stadt Krefeld beauftragt.
Das Gutachten soll zum Jahresende vorliegen und dann als Basis für weitere Entscheidungen der Straßennamen-Kommission dienen. Die seit 2012 bestehende Kommission prüft verschiedene Benennungen von Straßen und gibt dem Rat Empfehlungen u.a. für Umbenennungen bzw. Zusatzschilder. Die Kommission aus Politikern, städtischen Mitarbeitern und sachkundigen Bürgern tagt alle zwei, drei Monate unter der Leitung des Stadtarchivleiters. Es werden dabei neue Vorschläge für Straßennamen sowie vorhandene Straßennamen diskutiert bzw. einer historischen Analyse unterzogen. Dabei handelt es sich um einen fortlaufenden Prozess, der aktuelle eigene oder fremde Forschungserkenntnisse in vorhandenes Wissen einfügt und entsprechend bewertet.
Die Studie des Düsseldorfer Historikers Alexander Friedman, die Grundlage für den LVR war, den
Steeger-Preis umzubenennen, ist in Krefeld nicht unumstritten. Der frühere Leiter des Museums Burg Linn, Christoph Reichmann, hält die Maßnahme für übertrieben und Friedmans Studie für unseriös. „In Steegers Schriften fällt kein einziger Satz, der dem Ideengut der Nazis entspricht“, sagte er auf Anfrage. Wohl sei Steeger Mitglied der NSDAP gewesen, weil er als Wissenschaftler weiterarbeiten wollte, er habe die Nazis anfangs unterschätzt und sei nicht im Widerstand gewesen, aber er habe sich den Machthabern entzogen, wo immer er konnte.
Friedman hatte dargelegt, dass Steegers Distanz zu den Nazis geringer war als bekannt (wir berichteten). Steeger soll zudem seinen Lebenslauf frisiert haben. So behauptete Steeger, er sei erst Anfang 1934 in die NSDAP aufgenommen worden; sein Parteieintritt sei „ohne Rückfrage“auf den 1. Mai 1933 zurückdatiert worden. Friedman hält das für eine Lüge, Reichmann hält dagegen, dass es viele Beispiele für solche Rückdatierungen gebe, bei denen auch die Mitgliedsnummer verändert worden sei. Steegers Aussage sei also nicht zu widerlegen.