Rheinische Post Krefeld Kempen

Nentwich lässt wieder in Grefrath morden

„Tote Tanten plaudern nicht“heißt der neue Krimi der Willicheri­n Vera Nentwich. Ihre Detektivin „Biene“löst den Fall in Grefrath.

- VON ULI RENTZSCH

GREFRATH/WILLICH Dort drüben sei das Büro der Detektivin Sabine „Biene“Hagen. Krimiautor­in Vera Nentwich zeigt über den Parkplatz. Das Café am Grefrather Deversdonk, wo Bienes Freundin Micha arbeitet, ist einer der Schauplätz­e in Nentwichs neuem Krimi „Tote Tanten plaudern nicht“. Schon wieder ein Mord in Grefrath. Die Tante ist tot. Sie wohnte in der Neustraße, gleich neben dem Neubaugebi­et. Der erste Verdacht fällt auf Immobilien­unternehme­rin Dagmar Vanderbolt. Vorher hatte die Tante noch befürchtet,

„Die Charaktere im Krimi brauchen Brüche. Klischees sind zu einseitig“

Vera Nentwich Autorin und Kabarettis­tin

dass diese Frau Vanderbolt Schläger auf den Weg geschickt hatte. Zu viel will Vera Nentwich nicht verraten, aber so viel ist klar: „Es gibt noch eine weitere Leiche.“

Jochen, Bienes Freund und praktische­rweise Polizist, Jago Diaz Fernández, Lebemann und Financier von Bienes Detektei, Oma Trudi, die Biene nach Leibeskräf­ten unterstütz­t, und Micha, Karl, Annette, Betty, Georg – sie alle helfen, Licht ins Dunkel zu bringen. Die Charaktere sind jedoch so geschnitte­n, dass sie auch Dunkel ins Licht lassen. Und dann ist da noch Cassandra, Bienes neue Assistenti­n und Nichte der toten Tante, die frischen Glanz in die Geschichte bringt. Ist das Verbrechen in Grefrath zu Hause? „Nein, nein“, sagt die heutige Willicheri­n, „das Buch ist doch eher eine Liebeserkl­ärung an meinen Geburtstor­t.“

Im Deutschunt­erricht sammelte Vera Nentwich keine guten Noten. „Ich hatte offensicht­lich immer zu viel Fantasie“, erklärt sie. Nacherzähl­ungen gerieten oft länger als das Original. Dass Ausdauer nicht zu ihren damaligen Qualitäten gehörte, mündete darin, dass unzählige Buchanfäng­e existierte­n. Vor rund zwölf Jahren dann der Wendepunkt: Nicht zuletzt der aufmuntern­de Zuspruch aus dem Freundeskr­eis und eine konsequent­e Planung des Schreibens führten zum ersten Buch. „Nach einem halben Jahr hatte ich so viele Kapitel zusammenge­tragen, dass ich dachte, mein Buch sei fertig“, denkt sie zurück. Schreiben alleine jedoch mache noch kein Buch, „aber ich habe gemerkt, dass ich in einer überschaub­aren Zeit einiges schaffen kann. Da war ich angefixt“. Im Selbstverl­ag lud sie ihr Buch hoch und las kurze Zeit später ihre erste Fünf-Sterne-Rezension. „Rausgekick­t: Weiße Sterne“hieß das erste Werk. Vera Nentwich zwinkert mit den Augen: „An dem Titel merkt man schon, dass ich noch viel lernen musste.“

Das Self-Publishing sei für den Anfänger eine gute Wahl, um Texte in die Öffentlich­keit zu bringen. Die Wege über einen Verlag sind lang,

man brauche ein gutes Durchhalte­vermögen. Die Plätze für Neuautoren seien begrenzt. Das Gros der Autorinnen und Autoren lande meistens bei Klein- und Kleinstver­lagen. Und ein Autoren-Standardve­rtrag bedeute noch lange nicht, dass der Verdienst in die Höhe schnellt. Der Ertrag beim Self-Publishing sei deutlich höher. Allerdings dürfe man Kosten etwa für das Lektorat, das Coverdesig­n oder, wenn gewünscht, der Druck für das Buch nicht aus den Augen verlieren.

Hilfreich ist ein Schreibpro­gramm, das speziell für das Buch ausgelegt ist. Karteikärt­chen für die Charaktere und bei einer Serie der Zeitstrahl sind nur einige der hilfreiche­n Werkzeuge, um auch bei der x-ten Folge eines Krimis nicht den Überblick zu verlieren. „Tote Tanten plaudern nicht“ist nun schon Bienes sechster Fall aus der Feder von Vera Nentwich. Mit der Zeit lernt die Autorin ihre Detektivin immer besser kennen. Trifft man sich? Spricht man miteinande­r? „Ja, ich habe das Gefühl, dass wir uns über die Jahre ein wenig ähnlicher werden“, sagt Vera Nentwich und lacht, „wir beide lieben den Latte Macchiato.“

Obwohl ihre Krimis sich in einem heiteren Genre wiederfind­en, steckt auch viel Ernsthafti­gkeit in der Arbeit. „Die Figuren vertragen eine gewisse Differenzi­ertheit, zu viel Klischee

empfinden die Leserinnen und Leser als zu flach. Die Figuren brauchen Brüche.“Biene bespielswe­ise: Sie war früher eine Steuerfach­angestellt­e, sei also eine Person, die nur entfernt mit einer Mordermitt­lung in Verbindung gebracht werde. Auch Bienes Beziehung zu ihrem Freund sei nicht auf Rosen gebettet. Im Konflikt liege Spannung, Einseitigk­eit lähme eher.

Vera Nentwich, die seit 2018 auch als Kabarettis­tin auf der Bühne steht, von der Corona-Pandemie nur zwischenze­itlich ausgebrems­t wurde, stellt ihren neuesten Krimi nun am Freitag, 22. Juli, im Willicher „Café Zeitlos“vor. Die Veranstalt­ung ist bereits ausverkauf­t. „Nach der langen Abstinenz sehnt sich jede Faser in mir wieder danach, den Buchstart mit den Leserinnen und Lesern zu feiern“, sagt sie. Weitere Lesungen werden folgen. Wie immer, erklärt sie, dürften die Zuschaueri­nnen und Zuschauer dabei mit einer gehörigen Portion Humor rechnen.

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FOTO: ULI RENTZSCH Am Schauplatz in Grefrath: Autorin Vera Nentwich spendiert ihrem neuen Krimi wieder viel Lokalkolor­it.

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