Rheinische Post Krefeld Kempen
Stadtbad vor dem Verfall
Es ist Zeit, Alarm zu schlagen für den Erhalt eines der schönsten Gebäude Krefelds: das Stadtbad an der Neusser Straße. In der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Mitte wurde der Eindruck erweckt, die Stadt prüfe, ob man nicht doch im historischen Gebäude ein Lehrschwimmbecken installieren könne – neben der Option, die alte Turnhalle an der Gerberstraße abzureißen und dort ein Lehrschwimmbecken plus Turnhalle neu zu errichten. Das klingt so plausibel: Packen wir in ein altes, schönes Bad ein neues rein. Das ist aber nicht plausibel. Eine Nachfrage bei dem zuständigen Dezernenten Markus Schön ergab, dass vor allem die Turnhallen-Option geprüft werde und realistisch sei. Die Installation eines Lehrschwimmbeckens im Stadtbad sei aus Kostengründen „der Wahnsinn“, sagte Schön. Man muss ihm zustimmen: Das Gebäude ist 130 Jahre alt und steht seit zwei Jahrzehnten leer. Es wird Unsummen kosten, dort wieder ein Bad zu installieren.
In Wahrheit steht es nicht gut um die Rettung des Stadtbades. Es braucht Millionen, das marode Gebäude wiederherzustellen. Paradoxerweise spielt der Freischwimmer-Verein, der auf dem Gelände eine Art Bürgerzentrum einrichten möchte, vielleicht sogar eine ungute Rolle: weil er suggeriert, dass man mit gut gemeintem bürgerschaftlichen Engagement ein solches Gelände dem Verfall entreißen und entwickeln kann. Vielleicht ist es an der Zeit sich einzugestehen: Das ist eine schöne, ein gut gemeinte Illusion von ein paar Dutzend Enthusiasten. Empathie ersetzt nicht schweres Gerät, ein Heer von Handwerkern und Millionen Euros.
Der andere Teil der Wahrheit ist:
Privatwirtschaftlich ist das Ganze aller Wahrscheinlichkeit nach und gemäß den bisher gemachten Erfahrungen nicht zu stemmen. Was sollte im Stadtbad nicht alles entstehen: ein Luxus-Wellness-, Bad- und Gesundheitsparadies, eine stilvolle Passage mit kleinen Geschäften, Restaurants und Cafes – nichts davon hat sich realisieren lassen; auch wegen der immensen Sanierungskosten für ein Gebäude, das schön ist, aber mittlerweile ein Sicherheitsrisiko. Das Letzte, was man vom Stadtbad gehört hat, war bekanntlich, dass die Freischwimmer dort ihre Veranstaltungen aus Sicherheitsgründen absagen mussten.
Wirkliche Fortschritte am Gebäude erfolgten zuletzt mit Zuschüssen von Land und Bund: Das Gebäude ist nun gegen Nässe gesichert, das Dach dicht. Dies alles ins Auge fassend: Realistisch scheint nur ein großer Wurf, der mit viel öffentlichem Geld zu bewerkstelligen ist: nicht mit Krefelder Geld, sondern mit Landes-, Bundes- und Europageld. Es gab die Idee, dort zum Beispiel ein Quartier für den Entomologischen Verein und seine kostbare Sammlung zu schaffen – mit der Idee, in dem historischen Gebäude moderne Elemente zu installieren; Beispiele dafür gibt es.
Wie auch immer: Dieser Komplex ist nicht bürgerschaftlich und nicht privat zu entwickeln. Es gilt, sich ehrlich zu machen und eine große, ganz andere Lösung zu finden. Sonst ist das Bad bald reif für den Abriss.