Rheinische Post Krefeld Kempen
Polizei hat Kinderschänder im Visier
Die Krefelder Polizei geht mit aller Macht gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen vor. Die neu eingerichtete Ermittlungsgruppe „Stylian“bearbeitet aktuell rund 70 Fälle.
Kinderpornographie ist kein Kavaliersdelikt. Der Deutsche Bundestag beschloss am 25. März das Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder. Damit ist der sexuelle Missbrauch von Kindern ein Verbrechen, das mit bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Zuvor war es lediglich ein Vergehen mit deutlich milderen Strafen. Die Krefelder Polizei macht die Verfolgung dieser Verbrechen nun zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit. Die neu eingerichtete Ermittlungsgruppe „Stylian“ist zwölf Mann stark und kann auf die Unterstützung durch Kollegen aus anderen Bereiche zählen.
Der Heilige Stylian ist der Schutzpatron der Kinder. Ihn haben die Fahnder vor Augen, wenn sie vor den abscheulichsten Abbildungen nicht die Augen verschließen, sondern im Gegenteil besonders genau hingucken, sich zum Verteidiger derjenigen machen, die sich in den überwiegenden Fällen nicht selbst helfen können. Belohnung für die psychisch harte Arbeit ist ein erfolgreich abgeschlossener Fall, was bedeutet, Kinder und Jugendliche vor weiteren sexuellen Übergriffen bewahrt zu haben.
Polizeipräsidentin Christine Frücht liegt der Kampf gegen die Verbreitung und den Besitz von „Darstellungen des Missbrauchs von Kindern“– wie es korrekt heißt – sehr am Herzen. Sie war Teil einer von Landesinnenminister Herbert Reul eingerichteten Stabsstelle, die unter anderem Handlungsbedarf ermittelt und Empfehlungen erstellt hat. Hintergrund war der Fall „Lügde“mit 1000 Einzeltaten innerhalb von zehn Jahren, der 2018 bundesweit für Aufsehen gesorgt hatte. „Der Fall hat gezeigt, dass die Polizei nicht Schritt gehalten hat. Es gab landesweit viel zu wenige Ermittler und veraltete Technik“, sagt Christine Frücht.
In einem ersten Schritt wurden deswegen ab 2019 in Krefeld zusätzliche Kräfte mobilisiert, die Zusammenarbeit aller Behördenteile verbessert und Beamte fortgebildet. Zudem verstärkte jetzt eine IT-Fachkraft das Team, und Ermittler gingen in Kitas und Schulen, um Prävention zu betreiben. „Doch die Anzahl an Verfahren hat sich seitdem noch mal enorm erhöht, was uns natürlich freut, da das Dunkelfeld aufgehellt wurde. Allerdings müssen wir uns auch an diese Entwicklung anpassen“, sagt die Polizeipräsidentin.
Die Einsatzgruppe „Stylian“gehört zur Kriminalinspektion 1, die von Jacques Isenrath geleitet wird. Für den 36-Jährigen ist die Arbeit des „Stylian“-Teams eine Herzensangelegenheit. „Dort arbeiten zwölf Spezialisten aus allen Bereichen, die bei Bedarf Verstärkung durch Kollegen aus dem Bereitschaftsdienst bekommen. Es ist wichtig, dass die Gruppe angemessen untergebracht ist und es auch spezielle Räume für Kinderbefragungen gibt.“Isenrath weiß um die Belastung, unter der die dort arbeitenden Beamten stehen. „Es ist ein sehr emotionales Thema“.
Geleitet wird die Einsatzgruppe von einem „alten Hasen“. Thomas
Inger beschäftigt sich seit 25 Jahren mit dem Bereich des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen. „Wir müssen dicke Bretter bohren, um Erfolge zu erzielen. Die digitalen Datenmengen steigen stetig, da gibt es in so manchem Fall schon mal Millionen an Fotos, die begutachtet werden müssen“, berichtet der 55-Jährige. Rund 70 Fälle bearbeitet die Einsatzgruppe aktuell. Die Erfolgsquote ist hoch. Über 80 Prozent dieser Fälle werden aufgeklärt. Thomas Inger relativiert: „Das ist zwar gut, doch wir wissen auch, dass das Dunkelfeld riesig ist und wir nur einen kleinen Teil zu sehen bekommen.“