Rheinische Post Krefeld Kempen

Stadtwald-Brücke wird erst 2022 saniert

- VON JENS VOSS

Seit Monaten ist sie gesperrt, nun bestätigte ein statisches Gutachten: Eine mehr als 100 Jahre alte Brücke im Stadtwald ist nicht mehr standsiche­r. Die Sanierung wird sich lange hinziehen. Gefährlich sind vor allem Querrisse im Bauwerk.

Sie sieht aus, als hielte sie eine Ewigkeit, und immer mal wieder haben sich Spaziergän­ger in der Redaktion gemeldet und verwundert bis verärgert nachfragt, warum eine der Fußgängerb­rücken im Stadtwald gesperrt ist, ohne dass man dort je Bauarbeite­r gesehen hätte. Nun hat ein Gutachten geklärt, dass es um die Standsiche­rheit der Brücke bei weitem nicht so gut steht, wie es die kompakte Form scheinen lässt. Die Sanierung wird sich hinziehen und frühestens im nächsten Jahr beginnen. Die Kosten werden auf 500.000 Euro geschätzt. Noch unklar ist, ob die Brücke saniert oder abgerissen und neugebaut wird. Sie ist in jedem Fall denkmalges­chichtlich wertvoll: Brücken wie diese gehörten zur Staffage des Landeschaf­tsgartens und waren ein wichtiges gartenküns­tlerisches Mittel zur Inszenieru­ng landschaft­licher Weite.

Das Gutachten sei gemeinsam mit dem Kommunalbe­trieb Krefeld bei einem Sachverstä­ndigen für Brückenbau­werke eingeholt worden, erläutert ein Sprecher der Stadt auf Anfrage. „Das Gutachten bestätigt, dass die erforderli­che Gesamtstan­dsicherhei­t des Bauwerks nicht mehr vorliegt, sodass eine Vollsperru­ng der Brücke weiterhin unabdingba­r ist“, heißt es. Vor Verkehrsfr­eigabe sei „der Abbruch und Neubau des Bauwerks oder eine Instandset­zungsmaßna­hme erforderli­ch“. Dazu stelle das Gutachten verschiede­ne Varianten vor, die derzeit ausgewerte­t und im Anschluss der Politik vorgelegt werden. „Zu beachten ist in diesem Rahmen die Besonderhe­it des Stadtwalde­s als historisch­e Parkanlage sowie die Tatsache, dass es sich um eine denkmalges­chützte Brücke handelt.“Die finanziell­en Mittel für die erforderli­chen Arbeiten wurden für 2022 beantragt – dieser Hinweis besagt indirekt, dass eine Sanierung 2022 beginnen kann. Heißt auch: Spaziergän­ger müssen weiter einen kleinen Umweg gehen (sofern es sinnvoll ist, beim Spaziereng­ehen von Umwegen zu reden): Die Idee einer Behelfsbrü­cke hat die Verwaltung nicht weiter verfolgt. Dazu wäre es nötig gewesen, Flächen durch Heckenrück­schnitten und Baumfällun­gen freizuräum­en,

„was aus Umweltgesi­chtspunkte­n nicht vertretbar ist“, erläutert die Stadt dazu. „Auch stehen die Kosten einer Behelfsbrü­cke in keinem Verhältnis zum Nutzen, da sich eine andere Brücke in nicht allzu weiter Ferne befindet.“

Die Brücke, die sich so trutzigkom­pakt präsentier­t, weist mehrere Risse auf, sowohl längs als auch quer. Die Längsrisse befinden sich laut Gutachten in den Seitensche­iben und sind für Bogenbrück­en nicht untypisch. Relevanter ist ein Querriss im Brückenbau­werk; er kündigt den Verlust der Gesamtstan­dsicherhei­t an. „Daher kann die Brücke aus Verkehrssi­cherheitsg­ründen weiterhin nicht freigegebe­n werden“, heißt es im Gutachten.

Die Brücke ist mehr als 100 Jahre alt. Denkmalsch­ützerisch wertvoll ist sie als Bestandtei­l des Gartenkuns­twerks „Stadtwald“– eine eigentlich unglücklic­he Bezeichnun­g, weil sie die ästhetisch­e Qualität dieses Areals verwässert und „Wald“nennt, was ein Kunstgarte­n ist. Die nun marode Brücke entstand im Zuge der Erweiterun­g des Stadtwalds, die ab 1908 umgesetzt wurde, nachdem der Stifter Wilhelm Deuß anlässlich seines 80. Geburtstag­es im Jahr 1907 der Stadt Krefeld weitere 50.000 Mark vermacht hatte. Aus den bis dahin hintereina­nderliegen­den Teichen wurde nun ein Rundkurs. Das von Anfang an beliebte Kahnfahren im 1901 eröffneten Stadtwald wurde so noch beliebter, weil man nun im Boot eine Runde drehen konnte und die Tour optisch durch mehrere Landschaft­stypen führte. Brücken gehörten zum festen Repertoire der Landschaft­sgartens und suggeriert­en Vielfalt und ein Gefühl, auf Reisen zu sein. Solche Gefühle zu erzeugen, war erklärtes Ziel von Landschaft­sgärten, wie sie seit dem 18. Jahrhunder­t in Deutschlan­d entstanden.

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RP-FOTOS (4): THOMAS LAMMERTZ Gesperrt: Dieses Bild bietet sich Spaziergän­gern im Stadtwald seit Monaten; frühestens im kommenden Jahr wird an der Brücke etwas passieren.
 ??  ?? Die Brücke weist Quer- und Längsrisse auf. Vor allem die Querrisse bedrohen laut Gutachten ernsthaft die Standsiche­rheit.
Die Brücke weist Quer- und Längsrisse auf. Vor allem die Querrisse bedrohen laut Gutachten ernsthaft die Standsiche­rheit.
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Idylle inbegriffe­n und beabsichti­gt: Brücken gehören zum Repertoire des Landschaft­sgartens; sie sollten auch Emotionen erwecken.
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Gartenkuns­t pur: Der Ausblick von der Brücke inszeniert Weite.

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