Rheinische Post Krefeld Kempen
Haushaltslage „dramatisch verbessert“
Krefeld steht davor, die Haushaltssicherung zu verlassen – es gebe eine „dramatisch-qualitative Verbesserung der Stadtfinanzen“, so Oberbürgermeister Meyer. Auch deshalb, weil die Stadt bislang gut durch die Corona-Krise kam.
Es passiert nicht so oft, dass es gute Nachrichten für die Stadt zu vermelden gibt – diese ist gut und hat etwas Historisches: Nach Jahrzehnten des Mangels und der Haushaltssicherung mit andauerndem Spardruck steht Krefeld kurz davor, die Haushaltssicherung zu verlassen. Was noch aussteht und täglich kommen kann, ist die Genehmigung des Haushaltes für 2021. Oberbürgermeister Frank Meyer und Kämmerer Ulrich Cyprian haben keinen Zweifel, dass sie kommt – jedesmal, wenn das Telefon klingele, frage er: Ist sie da?, gab ein sichtlich gelöster Frank Meyer zu Protokoll, als er mit dem Kämmerer den Haushalt für das Jahr 2022 erläuterte.
Cyprian hat den Haushalt am Donnerstagabend in den Rat eingebracht, sprich: in der traditionellen Haushaltsrede den Ratspolitikern vorgestellt. Ab Montag beginnen Fraktionen, Gruppen und Einzelmitglieder mit ihren Beratungen über das Zahlenwerk, das 1800 Seiten umfasst. Wenn alle Sonderwünsche ausverhandelt und in den Haushalt eingearbeitet sind, wird er voraussichtlich im Dezember verabschiedet. Zurzeit dominiert der Pakt von SPD, Grünen und FDP den Rat – sie vor allem werden dem Haushalt ihren Stempel aufdrücken, vorausgesetzt, die Krefelder Ampel hält.
Corona hat natürlich ein Loch in den Haushalt gerissen und der Stadt Einnahmenverluste durch wegbrechende Gewerbesteuern beschert. Doch durfte die Stadt wie alle Kommunen diesen Teil aus der Bilanz ausgliedern und gesondert darstellen – und so hat auch Krefeld mit den Zahlen weitergerechnet, die ohne Corona der Planung entsprachen. Zudem gab es Hilfen in Form von direkten Zuwendungen und der Möglichkeit günstiger Kredite – nicht ausreichend, um alle Verluste wettzumachen. Ein Umstand, den OB Meyer kritisierte. Er bekräftigte die Forderung nach einem Rettungsschirm für Kommunen und beklagte: „Jeder Euro, den Corona kostet, landet bei den Altschulden.“
Dennoch kann der mittelfristige Finanzplan Krefelds weiter mit Positiv-Ergebnissen aufwarten: Der Haushalt für 2022 umfasst demnach Ausgaben über knapp 970 Millionen Euro; am Ende geht die Planung
von einem Überschuss von 5,9 Millionen Euro aus; der Weg der Konsolidierung und solider Finanzen wird demnach fortgesetzt. Oberbürgermeister Meyer sprach daher von einer „dramatischen positiv-qualitativen Verbesserung der Stadtfinanzen“. Der Blick zurück fiel bitter aus: Krefeld sei – wie viele andere Kommunen auch – über Jahrzehnte schlicht nicht auskömmlich finanziert worden; der andauernde Spardruck habe zu einem Investitionsstau geführt, der beziffert „das Elend der Kommunen“offenbare. Meyer betonte, dass er diese Lage ausdrücklich nicht denen anlastet, die in früheren Jahren die Verantwortung gehabt hätten. Das Problem ist demnach, dass Bund und Land zu viele Kosten ohne faire Gegenfinanzierung auf die Kommunen schieben. Ein Beispiel sei die Aufnahme von Flüchtlingen gewesen. Wie Kämmerer Cyprian erläuterte, hat das Land 2015 Finanzierungszusagen für die Unterbringung von Flüchtlingen gemacht, die die Stadt fortan als zu erwartende Einnahme über zehn Millionen im Haushalt verbuchte. Seit Weihnachten 2020 sei aber klar, dass das Land diese Zusage nicht in voller Höhe einhalte; und so müssen diese zehn Millionen an entgangener Einnahme nun im Haushalt irgendwie aufgebracht werden.
Krefeld hat dennoch die Kraft für
Investitionen in den Jahren 2022 bis 2025, die das Gesicht der Stadt nach und nach verändern werden. Beispiele:
– Erneuerung/Neubau von Straßen-, Geh- und Radwegen 79 Mio. Euro.
– Ausbau der Promenade 19 Mio. Euro.
– Süd-West Umgehung Fischeln 12 Mio. Euro.
– Neubau/Erneuerung von Radwegen 7 Mio. Euro. – Mobilitätskonzept/-zentrale 7,5 Mio. Euro; gemeint ist ein Komplex hinterm Hauptbahnhof, in dem Rad-, Auto- und Bahnverkehr verzahnt werden sollen.
– Barrierefreiheit Bushaltestellen 3 Mio. Euro.
– kommunales Förderprogramm für Klimaschutz 500.000 Euro.
– Baumschutz/-pflanzungen 1,6 Mio. Euro.
–– Kinderspielplätze 2,6 Mio. Euro.
– „Sportstadt“Krefeld 8,7 Mio. Euro.
– bessere Ausstattung der Verwaltungsstandorte 1,8 Mio. Euro und Ausbau der Digitalisierung.
– Ausbau „mobile Arbeitsplätze“im Homeoffice 1 Mio. Euro (um Krefeld als modernen Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt empfehlen zu können).
Krefelds Großprojekte der kommenden Jahre – Abriss des Seidenweberhauses, Neubau eines Technischen Rathauses und Anmietung einer neuen Veranstaltungshalle – finden noch keinen Niederschlag im Haushalt, weil es noch keine konkreten Aufträge der Politik gibt. Erst dann, betont Meyer, habe es Sinn, mit konkreten Zahlen zu rechnen und zu planen. Gleichwohl kündigte er an, den Investitionsplan für die kommenden Jahre und den Sanierungsstau aufzulisten – auch um deutlich zu machen, wie groß das „Elend der Kommunen“nach jahrzehntelanger Unterfinanzierung ist.