Rheinische Post Krefeld Kempen
Gesetzgeber erleichtert Mitarbeiterbeteiligungen
Durch die Mitarbeiterkapitalbeteiligung können Unternehmen ihre Eigenkapitalbasis verbessern und Mitarbeiter durch zusätzliche Vergütungsbestandteile motivieren, sich für den Unternehmenserfolg einzusetzen.
Gerade für Start-ups und kleine und mittlere Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren die Mitarbeiterbeteiligung als interessantes Modell herausgestellt. Unter Mitarbeiterkapitalbeteiligung versteht man die vertragliche, dauerhafte oder zeitlich befristete Beteiligung der Mitarbeiter am Kapital des Arbeitgebers. Vorteile für den Arbeitgeber sind laut der IHK Nord Westfalen in der Regel mehr Kostenbewusstsein und höhere Produktivität. Auch die stärkere Mitarbeiterbindung sei in Zeiten des Fachkräftemangels nicht zu unterschätzen, während die Arbeitnehmer zusätzliche Vergütungsbestandteile durch die Beteiligung erhielten.
Für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung existieren laut Bundeswirtschaftsministerium verschiedene Modelle. Diese unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Struktur und Auswirkungen auf Unternehmen und Mitarbeiter. Vor allem stehen die stille Beteiligung, die GmbH-Beteiligung und das Mitarbeiterdarlehen im Fokus. Aus Sicht der Unternehmensfinanzierung ist die GmbH-Beteiligung laut Bundesministerium für Wirtschaft und Energie das interessanteste Modell. GmbH-Unternehmen erhalten durch die Zeichnung von Anteilen durch Mitarbeiter langfristiges Eigenkapital,
Achim Berg Präsident des Digitalverbandes Bitkom
das die Substanz stärkt und gerade aus Sicht des Kreditgewerbes die Finanzierung erleichtert. Im Gegensatz dazu stellt die stille Beteiligung kein wirtschaftliches Eigenkapital dar, und auch das Mitarbeiterdarlehen führt zu keiner Verbesserung des Verhältnisses
zwischen Fremd- und Eigenkapital.
Mit dem Fondsstandortgesetz hat der Gesetzgeber jetzt die Attraktivität für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen erhöht. Zum 1. Juli 2021 wurde der steuer- und sozialversicherungsfreie Höchstbetrag von 360 Euro jährlich auf 1440 Euro angehoben. Der Freibetrag gilt unter den Voraussetzungen, dass es sich bei der Mitarbeiterkapitalbeteiligung um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers handelt, die grundsätzlich allen Mitarbeitern des Unternehmens offensteht, die ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis stehen, und dass die Mitarbeiterbeteiligung eine Vermögensbeteiligung am eigenen Arbeitgeber darstellt, die den Arbeitnehmern in Form von Sachbezügen gewährt wird.
Ein weiterer Punkt ist der Besteuerungsaufschub. Mit der Regelung wird vermieden, dass direkt bei der Übertragung der Beteiligung auf einen Mitarbeiter
Arbeitslohn zu versteuern ist. Die Besteuerung erfolgt erst zu einem späteren Zeitpunkt, in der Regel bei Veräußerung, spätestens nach zwölf Jahren oder bei einem Arbeitgeberwechsel. Gefördert werden nach dem Fondsstandortgesetz Mitarbeiter von Kleinstunternehmen und von kleinen und mittleren Unternehmen, deren Gründung nicht länger als zwölf Jahre zurückliegt. Dabei gelten folgende Schwellenwerte: weniger als 250 Mitarbeiter, Jahresumsatz höchstens 50 Millionen Euro oder Jahresbilanzsumme höchstens 43 Millionen Euro.
Die neuen Regelungen reichen vielen Beobachtern nicht aus. So heißt es beispielsweise bei der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg: „Der Vorschlag der Bundesregierung ist auf teils starke Kritik gestoßen. So seien insbesondere Freibetrag und Besteuerungsaufschub nicht weitreichend genug gefasst. Hierdurch werde das Ziel der Vorschrift, die Bindung von Mitarbeitern an das
„Die Neuregelung greift viel zu kurz und geht an der Realität der meisten Start-ups vorbei“
Arbeitgeberunternehmen zu incentivieren, verfehlt.“Und eine Umfrage unter mehr als 200 Technologie-Start-ups im Auftrag des Digitalverbands Bitkom zeigt, dass nicht einmal jedes zweite Start-up (44 Prozent) auf Mitarbeiterbeteiligungen
setzt – auch weil die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen in Deutschland bislang eher unattraktiv seien. „Mit der Novelle des Fondsstandortgesetzes hat die Bundesregierung zum Ende der Legislaturperiode
versucht, beim Thema Mitarbeiterbeteiligung den internationalen Rückstand wettzumachen. Allerdings greift die Neuregelung viel zu kurz und geht an der Realität der meisten Start-ups vorbei“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.