Rheinische Post Krefeld Kempen

Die Tempo-30-Frage

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Die Debatte im Rat um das Tempo-30-Modell war erstaunlic­h erhellend und hatte eine sachliche und eine politische Ebene.

Die sachliche Ebene: „Flächendec­kend Tempo 30“heißt eben nicht „überall Tempo 30“. Es geht um eine Tempo-30-Offensive, ohne wichtige Verkehrsac­hsen nervtötend (und sogar umweltschä­dlich) zu verlangsam­en. Die Beiträge von Planungsde­zernent Beyer und UWG-Ratsherr Drabben haben die Chance dieser Offensive benannt. Macht man es vernünftig, würde der Modellvers­uch gnadenlos Schwachste­llen in der Organisati­on des Krefelder Verkehrs offenlegen, als da wären: veraltete Ampelschal­tungen, mit denen man keinen sinnvollen Verkehrsfl­uss hinkriegt, Vorbehalts­straßen, die es nicht sein müssten (wie die Hüttenalle­e), Verkehrsac­hsen und Tempo-50-Regelungen in Wohngebiet­en, die da nicht hingehören. Der Erkenntnis­wert eines solchen Modellvers­uchs könnte tatsächlic­h hoch sein.

Die politische Ebene: Am Ende stand die CDU Seit an Seit mit der AFD gegen den Rast des Rates. Auch wenn die CDU die größte Fraktion ist: Sie wirkte nach dieser Debatte wie ein Häuflein Unbelehrba­rer und nicht wie ein Fels der Vernunft in ideologisc­h wabernder Unvernunft.

Dabei hatte Planungsde­zernent Marcus Beyer eine Goldene Brücke gebaut: Er wies auf die Möglichkei­t des Scheiterns und warb für solide fachliche Vorbereitu­ng. Sein Wort hatte auch deshalb Gewicht, weil er nicht als Ideolgiebo­lzen bekannt ist, sondern als nüchterner Verwaltung­sfachmann. Fast war es dann, als rutschte Fraktionsc­hef Reuters unfreiwill­ig die lobende Bemerkung heraus, dass man in diese Richtung denken könne. Das hätte ein Wendepunkt sein können; die CDU hätte als Sachwalter der Vernunft auf die Linie des Rates einschwenk­en können. Doch die Fraktion ging nicht über die Goldene Brücke des Planungsde­zernenten.

Es mag dem Wahlkampf geschuldet sein, sich von Rot-GrünGelb abzusetzen. Klug war es in diesem Fall nicht. Ein Modellvers­uch ist eine Chance, Besseres zu entdecken. So wirkte die CDU, obschon stärkste Kraft, abgehängt, unschlüssi­g, uninspirie­rt.

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