Rheinische Post Krefeld Kempen
Keine Luftfilter für Kempener Schulen
Während Nachbarstädte im Kampf gegen die Corona-Pandemie für ihre Schulen und Kitas hunderte Luftfiltergeräte anschaffen, wird es in Kempen vorerst keine geben. Die Stadt setzt bei Klassenräumen auf Lüften – und Technik.
KEMPEN Seit Schuljahresbeginn gibt es beinahe täglich neue Corona-Fälle unter Kindern und Jugendlichen, meldet der Kreis Viersen Corona-Infektionen an Schulen und Kindergärten im Kreisgebiet. Nachbarstädte prüfen daher die Beschaffung von Luftfiltergeräten, um Coronaviren in Klassenräumen zu bekämpfen. So will die Stadt Willich beispielsweise 600 solcher Geräte anschaffen, die Stadt Krefeld will 300 Luftfilter besorgen. Die Stadt Kempen hingegen verzichtet weiterhin auf den Einsatz der Geräte.
Schon im Herbst des vergangenen Jahres hatten CDU und Freie Wähler die Frage aufgeworfen, ob man für Schulen und Kitas in der Thomasstadt nicht solche mobilen Raumlüfter anschaffen sollte. In der Ratssitzung im Dezember beschloss der Rat dann aber einstimmig, keine Raumluftreiniger anzuschaffen. Grund: Nach derzeitigen Erkenntnissen gebe es in Kempener Schulen und Kindertagesstätten keine Räume, die nicht genügend gelüftet werden könnten. Und nach den Empfehlungen der Innenraumlufthygiene-Kommission (IRK) des Umweltbundesamts komme der Einsatz mobiler Raumluftreiniger erst dann in Betracht, wenn es nicht möglich sein sollte, für ein regelmäßiges, intensives Lüften über Fenster oder Lüftungsanlagen oder über den Einbau von einfachen Zu- oder Abluftanlagen zu sorgen, führte die Stadtverwaltung dazu aus.
Das Umweltbundesamt unterteilt Schulräume in drei Kategorien: Räume der Kategorie 1 sind solche, die gut zu belüften sind, weil die Fenster komplett geöffnet werden können oder die Räume über raumlufttechnische Anlagen gut belüftet werden können. Räume der Kategorie 2 sind solche, in denen die Lüftungsmöglichkeit eingeschränkt ist, weil etwa die Fenster nur auf Kipp gestellt werden können. Räume der Kategorie 3 sind solche, die gar nicht zu belüften sind. Nach der Empfehlung des Umweltbundesamts sind für Räume der Kategorie 1 keine Raumluftfilter nötig. In Räumen der Kategorie 2 können sie ergänzend eingesetzt werden. Räume der Kategorie 3, die gar nicht belüftet werden können, würden für den Schulunterricht nicht empfohlen.
Klassenräume, die nicht ausreichend belüftet werden könnten, so dass man eine Förderung für die Anschaffung der Luftfilter erhalte, gebe es in Kempen nicht, sagt Kempens Schuldezernent Bennet Gielen. Die Stadt habe dafür gesorgt, dass man an den Schulen die Fenster weit öffnen könne: „Im Thomaeum haben wir im vergangenen Jahr Fenster umgebaut, die man vorher nur auf Kipp stellen konnte.“
Um das Infektionsrisiko mit Coronaviren so gering wie möglich zu halten, empfiehlt die IRK „als erste und wichtigste Säule“das Lüften über weit geöffnete Fenster. Demnach sollte alle 20 Minuten für etwa drei bis fünf Minuten gelüftet werden, in den Unterrichtspausen
durchgehend. Deshalb setzt die Stadt Kempen weiterhin auf regelmäßiges Lüften – und Technik: „Damit keiner friert, haben wir die Schulen mit CO2-Messgeräten ausgestattet. Damit gehörten wir zu den ersten Kommunen, die diese Warner für alle Klassenräume angeschafft haben“, sagt Gielen. Sensoren in den Geräten messen den KohlendioxidGehalt in der Luft und zeigen an, wann gelüftet werden muss. „Dadurch können Lehrer die Lüftungsintervalle besser abschätzen“, sagt der Schuldezernent.
Gleichwohl weiß auch Gielen, dass den Schulen und Kitas nun der zweite Corona-Herbst bevorsteht, es mit der Pflicht zum Lüften in Klassenräumen ungemütlich werden kann. „Das wird richtig kalt für die Kinder, wenn man in beheizten Räumen die Fenster öffnet“, sagt er. Anfragen von Eltern, wo denn die Luftfilter
für Kempener Schulen blieben, seien allerdings bei der Stadtverwaltung dazu bislang nicht eingegangen, „ich habe aber viele Angebote von Firmen bekommen, die Luftfilter herstellen und damit werben, wie leise die Geräte sind.“Denn auch die Lautstärke der Geräte, die den Unterricht stören könnten, und ihr hoher Wartungsaufwand sind Kritikpunkte, die vom Einsatz der Luftfilter abhalten können.
Möglicherweise werden sich Verwaltung und Politik aber bald erneut mit dem Thema Luftfilter beschäftigen müssen. „Das Umweltbundesamt hat kürzlich angekündigt, die Fensterlüftung noch einmal genau prüfen zu wollen“, sagt Gielen. „Sollte sich die Auffassung des Umweltbundesamts ändern, haben wir eine neue Ausgangslage.“Dann werde man sich auch in Kempen damit erneut auseinandersetzen.