Rheinische Post Krefeld Kempen
Neuanfang im Museum Morsbroich
70 Jahre nach der Eröffnung startet am Sonntag die Jubiläumsschau mit rund 100 Werken.
LEVERKUSEN Das 1951 gegründete Museum Morsbroich hat eine Vergangenheit. Es war das erste Museum für Moderne Kunst in der damals noch jungen Bundesrepublik. Doch hat es auch eine Zukunft? Diese Frage versuchen der neue Museumsleiter, Jörg van den Berg, und sein Team mit einer Jubiläumsausstellung zu beantworten. „Das Ensemble schreibt das Stück. 70 Jahre heute“, lautet der beziehungsreiche Titel der Schau, die noch bis zum 14. November zu sehen ist. Sie zeigt einen „kollektiven Blick“in die nach wie vor imposante Sammlung des Leverkusener Hauses. Rund 5000 moderne Kunstwerke lagern dort, darunter viele heute hochgehandelte Meisterstücke. Einen Zukaufsetat gibt es in Leverkusen schon seit vielen Jahren nicht mehr. Die meisten Stücke aus jüngerer Zeit sind Leihgaben
oder Schenkungen. Waren es bisher die Kuratoren, die Schaustücke auswählen, so sind es diesmal die 16 Mitarbeiter. Jeder durfte sechs Werke bestimmen, die in jeweils einem Raum präsentiert werden.
Auf diese Weise kommt eine Ausstellung mit fast 100 Werken zustande, die Chronologie und kunsthistorische Bezüge bewusst aushebelt, ein subjektiv gesetztes Spektrum: vom Haustechniker über die Verwaltungsangestellte, die beiden Kuratoren, Thelka Zoll und Fritz Emslander, bis hin zum Chef selbst, der mit 50 Tagen als dienstjüngster Mitarbeiter nehmen musste, was noch übrig war. Dabei ist Jörg van den Berg nicht traurig darüber, dass „etwa 50 Werke“im Keller bleiben mussten, die er sich zum
Jubiläum gewünscht hätte. Zu sehen gibt es im historischen Ensemble des Schlosses, mit sicherer Hand platziert, immer noch eine Menge: Neben bekannten und hochgehandelten Künstlern wie eben Graubner, Picasso, Warhol, Richter, Heerich, Blinky Palermo und Yves Klein sind auch weniger populäre oder vergessene Meister ausgestellt.
„Hier geht es nicht um einen nackten Rückblick, sondern um die Frage, was können wir aus der Historie lernen, also eine Übersetzung in die Zukunft“, sagt van den Berg. Dabei sind die neuerdings geöffneten Türen sämtlicher auch nicht für Ausstellungen genutzter Räume durchaus als Symbol einer neuen Offenheit gedacht. Und der Neuanfang könnte durchaus auch
Jörg van den Berg Museumsleiter radikal ausfallen. „Wie könnte ein neues, ein unbedingtes Museum aussehen, ein Ort, an dem nichts außer Frage steht?“, heißt es im Pressetext zur Ausstellung.
In Leverkusen stehen also die Zeichen auf Neuanfang. Und der ist bitter nötig, nachdem 2016 Wirtschaftsprüfer eine Schließung des Ausstellungsbetriebes im öffentlich finanzierten Museum der hochverschuldeten Stadt empfohlen hatten. Der Museumsverein hatte daraufhin ein umfängliches Sanierungskonzept erstellt, das zunächst von der Politik gelobt, dann aber in zähen Stadtratssitzungen zerpflückt wurde.
Es folgte eine lange personelle Vakanz an der Spitze des Hauses. Das Museum dämmert vor sich hin. Nicht von ungefähr spricht van den Berg von einem „Nullmeridian“, von dem aus er starten will. Nun soll fürs Erste das „Ensemble“richten.
„Hier geht es nicht um einen nackten Rückblick“