Rheinische Post Krefeld Kempen
Auf einander achten in schwieriger Zeit
Ich stehe vor einem Hauseingang: Da sind 46 Klingelschilder! Wer kennt hier wen? Wie kann man da merken, wenn es dem Nachbarn schlecht geht, wenn es so viele sind? Unmöglich. Vielleicht kennt man wenigstens die Nachbarn auf der eigenen Etage? Aber wann begegnet man sich? Da muss man schon wirklich aktiv werden. Will ich das? Zusätzlich zu meinem eigenen Alltag? Und wie reagieren die anderen? Misstrauisch? Oder erfreut?
Der Apostel mahnt: „Lasst uns aufeinander achthaben und einander anspornen zur Liebe und zu guten Werken.“(Hebräer 10,24).
Ist das schon zu viel? Wird das als Einmischung und Kontrolle verstanden? Zuerst muss ich wohl auf mein Verhalten achten. Grüße ich die Nachbarn? Schaue ich ihn oder sie überhaupt an, wenn ich ihm oder ihr begegne? Nehme ich mir Zeit, frage ich nach, wenn jemand unglücklich oder abgehetzt wirkt? Und das nicht aus Neugier, sondern, ja: aus Liebe!
Großes Wort, fast zu groß. Vielleicht etwas bescheidener: aus Interesse, in Hilfsbereitschaft. Denn „gute Werke“, da geht es darum, nicht nur gute Worte zu finden, sondern auch um Mithilfe und Beistand. Das ist schon gar nicht wenig. Und dann soll ich auch noch die anderen anspornen, es genauso zu machen? Das fängt bei der Erziehung an. Was lernen meine Kinder bei mir, bei uns? Wie verhalten sich die Eltern gegenüber anderen: ablehnend, gleichgültig oder hilfsbereit? Und dann: sie anspornen, offen zu sein. Ohne nach der Hautfarbe zu schauen, ohne nach dem Label zu schielen, ob das so „in“ist, dass es sich lohnt, dem Menschen Aufmerksamkeit zu schenken? Einen Schritt weiter: Wie erleben wir unsere Kirchengemeinden? Schenken wir einander positive Aufmerksamkeit? Oder ist das eher Kontrolle? Benimmst du dich angemessen? Siehst du aus, wie wir uns das vorstellen?
Ich freue mich, dass besonders in unserer Jugendarbeit eine große Offenheit da ist, dass Vorurteile selten sind und schnell abgebaut werden können. Wie siehst du aus? Wen liebst du? Das ist interessant, aber keine Hürde. Und da gibt es auch ein positives aufeinander Achten und ein Miteinander. Und nicht nur da, Gott sei Dank! Kultivieren wir das, machen wir Gemeinden und Nachbarschaften zu solchen freien, aber nicht unverbindlichen Lebens-Räumen. Das tut gut, das strahlt aus. Machen
Sie mit!