Rheinische Post Krefeld Kempen
Familie sucht verzweifelt Haus in Willich
Die Familie Möllecken würde gern ein Haus kaufen und nach Willich ziehen. Bezahlbarer Wohnraum ist allerdings kaum zu finden. Auch große Mietwohnungen für den Übergang sind Mangelware. Die Stadt kennt das Problem.
WILLICH Für viele Familien ist es der Traum: das Eigenheim mit Garten am Stadtrand. Doch in der aktuellen Situation kann dieser Traum schnell zum Alptraum werden. Dann nämlich, wenn auch eine lange Suche kein geeignetes Objekt ergibt. Diese Erfahrung macht seit langer Zeit Familie Möllecken. „Seit gut drei Jahren suchen wir ein Haus, idealerweise in Schiefbahn. Wir haben drei kleine Kinder, von denen der Älteste im Sommer eingeschult wird. Bis dahin hätten wir gern ein Eigenheim“, erzählt Mutter Claudia Möllecken. Doch das scheint fast unmöglich.
„Mein Mann und ich sind beide Lehrer in Vollanstellung. Von Armut sind wir sicher weit entfernt“
Claudia Möllecken
Nach Schiefbahn möchte die Familie vor allem deshalb ziehen, weil Claudia Möllecken von dort stammt und ihre Eltern noch im Ort wohnen. „Das wäre natürlich für die Betreuung der Kinder optimal“, erzählt sie. Doch nach vielen Fehlschlägen hat die Familie den Suchradius bereits deutlich erweitert. „Mittlerweile wären wir auch mit Willich, Neersen oder Anrath zufrieden. Weiter weg wollen wir aber nicht“, sagt Möllecken.
Die 37-Jährige ist vor allem irritiert, da die junge Familie eigentlich finanziell gut dasteht. „Mein Mann und ich sind beide Lehrer in Vollanstellung. Von Armut sind wir sicher weit entfernt. Trotzdem sind wir bei den Immobilien, die wir uns angesehen haben, oft weit von den aufgerufenen Preisen entfernt“, erzählt die Schiefbahnerin, die aktuell in Duisburg wohnt. „Dort haben wir ein Haus, das wir gern verkaufen möchten. Aber das geht natürlich erst, wenn wir etwas adäquates Neues gefunden haben“, beschreibt sie das Problem. Und das soll schnell gehen, denn der fünf Jahre alte Sohn soll, einmal eingeschult, nicht aus seinem Umfeld herausgerissen werden. Außerdem wollen die Mölleckens ihre Fahrwege als Pendler minimieren. Beide arbeiten am Moltke-Gymnasium in Krefeld.
Immer wieder habe es Negativ-Erlebnisse gegeben. „Wir hatten schon ein Haus, das uns gefallen hat und bei dem der Preis stimmte. Kurz vor Abschluss zog der Verkäufer ‚aus privaten Gründen`, wie es hieß, zurück. Kurz darauf war das Haus wieder in allen Portalen – für 100.000 Euro mehr“, erzählt sie. Darum denken die Eheleute jetzt sogar darüber nach, zunächst eine Wohnung in Schiefbahn zu mieten. „Das hätte den Vorteil, dass wir dann als Schiefbahner gelten und bei den Vergaben über die Stadt einen höheren Scorewert erzielen würden. So hoffen wir, an eine Immobilie zu kommen“, erläutert Möllecken. Das Problem: Auch Mietwohnungen im geforderten Segment – vier bis fünf Zimmer – sind kaum erhältlich.
„Es ist für Familien mit mehreren Kindern so schwierig, passenden
Wohnraum zu finden, weil das Segment der Vier-Zimmer-Wohnungen im Verhältnis zu Wohnungen mit zwei und drei Zimmern viel zu klein ist. Zudem sind die Vier-Zimmer-Wohnungen auch für Paare mit
Wunsch nach einem Arbeitszimmer fürs Homeoffice seit Cornona extrem attraktiv geworden. Ein weiteres Problem sind zu wenige Neubaugebiete und die Bestandshäuser, die zu langsam den Generationswechsel erfahren. Und Häuser mit Einliegerwohnung sind oftmals nicht so konzipiert, dass der ,Alteigentümer' in der Einliegerwohnung verbleiben könnte und die junge Familie ins Haus einziehen kann“, beschreibt die von den Mölleckens engagierte Maklerin Katja Khasawneh das Problem.
Dieses hat auch die Stadt Willich längst erkannt. Der zuständige Technische Beigeordnete Gregor Nachtwey sagt: „Die geschilderte Situation ist leider kein Einzelfall und spiegelt den extrem knappen Wohnraum im Bestand und Neubau nicht nur in Willich, sondern in den Ballungsräumen und Randzonen der gesamten Region wider.“Um diesem Trend entgegenzuwirken, sollen in der Stadt Willich in den nächsten Jahren in allen Stadtteilen neue
Wohngebiete entstehen, die sich durch einen vielschichtigen Wohnraum-Mix (Mietwohnungen, Eigentumswohnungen, Einfamilienhäuser, Doppelhäuser, Reihenhäuser) auszeichnen, um allen Nachfragesegmenten gerecht zu werden, sagt Nachtwey. Mehrere Bebauungspläne seien derzeit bereits in Aufstellung befindlich, die Umsetzung in den nächsten Jahren geplant. „Dieses Ansinnen genießt höchste Priorität in der Stadtplanung. Die Vergabe städtischer Grundstücke erfolgt nach einer Bewertungsmatrix mit Punktekatalog, die Faktoren wie Willicher Bürger, Erwerbstätigkeit im Stadtgebiet, Anzahl der im Haushalt gemeldeten Kinder und so weiter positiv begünstigt“, sagt Nachtwey.
Diese besagte Matrix könnte ein Umzug in eine Mietwohnung positiv begünstigen – wenn es denn eine gäbe. Passender Wohnraum bleibt aber auch weiterhin ein großes Problem. Gerade für junge Familien.