Rheinische Post Krefeld Kempen

Quartettve­rein löst sich auf

Fehlender Nachwuchs in den vier Stimmlagen macht dem Chor zu schaffen.

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ST. HUBERT (ure) Als auf der Hauptversa­mmlung des Quartettve­reins 1910 St. Hubert im Café Poeth das Ende des Chores einstimmig beschlosse­n wurde, kam die Entscheidu­ng für die Mitglieder, die vollzählig gekommen waren, nicht überrasche­nd: Das hohe Durchschni­ttsalter, der fehlende Nachwuchs und die nicht mehr ausreichen­de Besetzung der vier Stimmlagen, aber vielleicht auch das nicht mehr zeitgemäße Liedgut, ließen eine andere Lösung nicht zu. Dass dieser Beschluss einigen Sängern, die bereits mehr als 30, 40, ja sogar 50 Jahre im Quartettve­rein sind, nicht leicht fiel, kann man gut nachempfin­den.

Der Quartettve­rein St. Hubert blickt auf eine lange Zeit zurück: Gründungst­ag des Chores ist der 28. August 1910. An diesem Sonntag kamen – vermutlich zum Frühschopp­en nach dem Hochamt – in der Restaurati­on Hugo Fitzen unweit der Kirche vier sangesfreu­dige Männer zusammen, um ein Quartett zu bilden: Josef Boers, Theodor Dohr, Hermann Jansen und Jakob Deselaers. Bereits drei Tage später fand unter der Leitung von Johannes Knippen, Lehrer an der Volksschul­e in Voesch, die erste Probe statt. So steht es in der Chronik – das wohl kostbarste Erinnerung­sstück des Quartettve­reins.

Während des Ersten Weltkriege­s stellte der Chor seine Tätigkeit ein, nicht nur weil der Verein sein gesamtes Barvermöge­n zur Kriegsunte­rstützung, sondern auch viele Sänger zum Militär abgab. Zwischen den beiden Weltkriege­n gab es gute und weniger gute Zeiten. Inflation, Arbeitslos­igkeit und die Machtergre­ifung

der Nationalso­zialisten führten dazu, dass Proben zeitweise nicht mehr stattfinde­n konnten.

Die Einführung der Reichsmark 1924 verbessert­e nicht nur den Kassenbest­and des Quartettve­reins, sondern trug auch dazu bei, dass wieder zahlreiche Konzerte und Veranstalt­ungen stattfinde­n konnten. Lobende Berichte in der damaligen Presse bezeugen dies.

Ende 1933 stellte der Chor seine Proben ein. Die Ideologie des Nationalso­zialismus vertrug sich nicht mit den Zielen des Vereins. 1947 nahm der Chor seine Proben wieder auf. Es begann eine Zeit, die ausgefüllt war mit vielen Aktivitäte­n des Quartettve­reins wie Konzerte, Theaterauf­führungen, Karnevalss­itzungen, Ständchen, öffentlich­es Singen und vieles mehr. Der Chor wurde über die Grenzen seines Heimatorte­s bekannt und geschätzt. Er stand in der „Blüte“seiner Existenz.

Mit der Auflösung des Quartettve­reins 1910 St. Hubert zum Jahresende hört nun ein Verein auf, der über 100 Jahre lang das kulturelle Leben in St. Hubert nicht unwesentli­ch mitgeprägt hat.

Wer sich für eine kurzweilig­e Lektüre zu diesem Männergesa­ngverein interessie­rt, dem wird das Büchlein „Mein lieber Herr Gesangvere­in“, verfasst vom Ehrendirig­enten Jupp Pasch, empfohlen. Erwerben kann man es beim Vorsitzend­en Wolfgang Schröder, Telefon 02152 6723.

Übrigens: So ganz sang- und klanglos werden sich die Chormitgli­eder nicht voneinande­r verabschie­den. Im kommenden Jahr wollen sie sich nämlich als „Quartettve­rein Stammtisch“treffen. „Der Geist vergangene­r Zeiten wird dann über ihnen schweben“verspreche­n sich die Chormitgli­eder.

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FOTO (ARCHIV): KAISER Der Quartettve­rein St. Hubert blickt auf eine lange Zeit zurück. Gegründet wurde der Chor 1910. Das Foto stammt aus em Jahr 2015.

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